Schiffstechnik | Ship Technology ? Wilhelmshaven ? Brunsbüttel ? ? Stade Rostock LNG-Terminal rückt näher – doch wohin? Das Interesse an einem deutschen LNG-Importterminal wächst, ebenso die Zahl der infrage kommenden Standorte. Bringt Rostock als »New Kid on the Block« mit seinem Tempo die anderen nun ins Schwitzen? Von Felix Selzer Als einziges europäisches Küstenland hat Deutschland bisher keine LNG- Importinfrastruktur. Nach Einschätzung von Experten könnte das bei einer prognostizierten Preisangleichung von LNG und Pipelinegas zu einem Standortnachteil werden. Andere europäische Länder könnten die Gelegenheit nutzen, ihre LNG-Importterminals auszulasten, während Deutschland ohne Alternativen dasteht. Vor allem Brunsbüttel und Wilhelmshaven ringen um die Gunst von Projektpartnern, möglichen Kunden und Politik. Mit der Zusage der Bundesregierung Mitte Oktober, Fördermöglichkeiten für den Aufbau einer LNG-Infrastruktur zu prüfen, hat sich der Fokus von der Landes- und Standortpolitik auf den Bund verlagert. Im Verlauf des Jahres traten schließlich auch noch Stade und Rostock als Mitbewerber auf den Plan. In Wilhelmshaven plant man mit dem Energieversorger Uniper ein LNG-Terminal, Gespräche werden dem Vernehmen nach mit Gaslieferanten aus den USA und Katar geführt. In Brunsbüttel steht German LNG Terminal der Gesellschafter Vopak, Gasunie und Marquard und Bahls in Verhandlungen mit Qatar Petroleum, RWE konnte bereits als potenzieller Abnehmer gewonnen werden. In Stade sitzt der US-Chemiekonzern Dow Chemical mit einer Niederlassung und Interesse an einer Beteiligung an den Terminal-Plänen zusammen mit LNG Stade und dem australischen Investor Macquarie. Aus Stade und Brunsbüttel wurden bereits Förderanträge beim Bund eingereicht. Dass die Bundesregierung sich der LNG-Idee geöffnet hat, dürfte nicht zuletzt auf die Interessen und den Druck der USA zurückzuführen sein, LNG nach Deutschland zu exportieren. Im Handelsstreit mit den USA hatte die EU zugesagt, die Gas-Importe zu erhöhen. Deutschland steht in der EU und den USA außerdem politisch unter Druck, die zunehmende Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu reduzieren. Zuletzt erschien auch Rostock mit Plänen für ein LNG-Terminal auf der Bildfläche – mit russischer Beteiligung an Betrieb und Belieferung. Es sieht nun so aus, als werde es in Deutschland so oder so mehr als ein LNG-Importterminal geben. Abstract: Who will win the race for the first German LNG terminal? More and more ports are interested in setting up Germany’s first LNG import terminal. While Brunsbüttel and Wilhelmshaven were the first two big competitors, Stade recently came up with a quite concrete plan together with the Stade-branch of US chemical giant Dow and Australian investor Macquarie. Rostock, the latest port to join the race, has already entered a lease agreement with a consortium of Russia’s Novatek and Belgian grid operator Fluxys. Brunsbüttel has a potential investor German LNG Terminal (Vopak, Gasunie und Marquard und Bahls) and customer (RWE), and has – just like Stade – applied for subsidies from the federal government. Wilhelmshaven has energy company Uniper on board and is backed by banks as Germany’s only deep-sea port. Further information: redaktion@hansa-online.de Das Bundeswirtschaftsministerium teilt auf Anfrage mit, die Regierung begrüße privatwirtschaftliche Investitionen in die deutsche Gastransportinfrastruktur. »Die Bundesregierung präferiert dabei keinen Standort. Sowohl die Frage der Standortauswahl als auch die finale Investitionsentscheidung muss von den privatwirtschaftlichen Investoren beantwortet beziehungsweise getroffen werden. Dabei ist es natürlich auch denkbar, dass mehr als ein Terminal errichtet wird«, so eine Sprecherin. Eine Förderung des Baus sei über die Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur« (GRW) sowie im Rahmen der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie der Bundesregierung denkbar. Einer, zwei, drei Standorte? John H. Niemann, Präsident der Wilhelmshavener Hafenwirtschaftsvereinigung (WHV), fürchtet die Konkurrenz durch einen zweiten Standort nicht, wo immer der auch liegen könnte: »Zwei LNG-Importterminals stellen keineswegs ein Problem dar. Der Gasbedarf der Bundesrepublik und auch der benachbarten Staaten wie beispielsweise Österreich ist hoch und wird in den nächsten Jahrzehnten sehr bedeutend bleiben. Durch die stark rückläufige heimische und niederländische Gasproduktion entsteht eine Versorgungslücke, die zum einen natürlich auch mit Pipelinegas ›gefüllt‹ werden könnte, aber eben auch genauso gut – wenn wirtschaftlich – mit LNG.« Es geht dabei noch gar nicht um einen zusätzlichen Gasbedarf, sondern um eine Substitution des größtenteils aus Russland kommenden Pipelinegases. »Selbst Unternehmen, die sich im Nord-Stream- 60 HANSA International Maritime Journal – 155. Jahrgang – 2018 – Nr. 12
Schiffstechnik | Ship Technology 2-Projekt engagieren, arbeiten zurzeit an Projekten für ein LNG-Importterminal. Dies ist für uns ein klares Indiz dafür, wie groß und interessant der Markt ist. Diversifizierung der Versorgung von Deutschland und den angrenzenden europäischen Ländern mit den sich daraus entwickelnden Optionalitäten treibt die Gaswirtschaft an, an solchen Projekten zu arbeiten«, so Niemann. Ob ein oder zwei Terminals zielführend seien, hänge auch stark davon ab, welcher Markt bedient werden soll: Gaswirtschaft, Industrieversorgung oder Transportsektor. »Unsere Empfehlung ist, ein oder zwei LNG-Small-Scale-Terminals an der Nord-und Ostsee zu realisieren, um die Schifffahrt, und den Lkw-Schwerlastverkehr zu bedienen. Diese Terminals werden dann aus dem deutschen Large-Scale-Import LNG-Terminal versorgt, welches an der Nordseeküste in Wilhelmshaven realisiert wird«, so Niemanns Vision. Im August war bekannt geworden, dass in Rostock ein LNG-Terminal geplant wird. Der Hafenbetreiber Rostock Port hat bereits mit dem potenziellen Investor Rostock LNG GmbH im Oktober dieses Jahres einen Pachtvertrag für den Bau eines mittelgroßen LNG-Terminals mit einer Kapazität für jährlich 300.000 t abgeschlossen. Gesellschafter von Rostock LNG sind das russische Unternehmen Novatek und der belgische Netzbereiber Fluxys. Das verflüssigte Erdgas soll aus der russischen Anlage, die Novatek derzeit im Hafen von Vysotsk in der Nähe von Sankt-Petersburg errichtet, per Tanker nach Rostock transportiert werden. Das LNG-Terminal soll auch das Betanken von Bunkerschiffen ermöglichen. »Das verändert die Situation überhaupt nicht, da sich der Fokus in Rostock richtigerweise und auch notwendigerweise auf den Schiffstransport und den Verkehr im näheren Ostseeraum richtet«, erklärt Niemann. Auch die Sprecherin von German LNG-Terminal erklärt nur knapp: »Wir schreiten weiter voran wie beschrieben.« Auch Jens Scharner, Geschäftsführer von Rostock Port, sieht das Projekt keineswegs als Konkurrenz für die Pläne an der Nordsee, schließlich plane Rostock LNG, Schiffe in der westlichen Ostsee und LNG-Kunden in Mittel- und Osteuropa zu versorgen. Rostock LNG konzentriert sich demnach auf den Umschlag von LNG für Schifffahrt und Lkw- LNG-Tankstellen sowie Wärme- und Industriegaskunden, die nicht an Gasversorgungsnetze angeschlossen sind. Eine Einspeisung in das Gastransportnetz ist nicht geplant. »Standorte ob an der Nordsee oder der Ostsee verbessern die Verfügbarkeit von Flüssiggas, fördern die Anwendung in der Schifffahrt und Lkw-Mobilität und führen zur weiteren Diversifizierung der Energieversorgung im Hafen und Umgebung«, so Scharner. Vorausgesetzt die Wettbewerbsgleichheit zwischen den Standorten bleibe gewahrt, sehe man weitere Terminals positiv für die LNG-Versorgung insgesamt. »Mit dem LNG-Terminal in Rostock möchten wir das bestehende LNG-Cluster aus Werften, Motorenherstellern, Reedereien, Hafen, Universität und Forschungseinrichtungen in Rostock stärken. Wir sehen im Aufbau der LNG-Infrastruktur und im Angebot für die Schifffahrt Unsere Häfen. Ihre Zukunft. info@nports.de www.nports.de HANSA International Maritime Journal – 155. Jahrgang – 2018 – Nr. 12 61
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Editorial Michael Meyer Stellvertre
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