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HANSA 11-2021

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Seadevcon 2021 · Windforce · Maritime Schiedsgerichtsbarkeit · Premiere für synthethisches LNG · Lürssen & Blohm+Voss · Deutsches Maritimes Zentrum · Flagship Founders · ShipMoney

FINANZIERUNG | FINANCING

FINANZIERUNG | FINANCING Die zweite Ausgründung: Tilla soll den Crew-Wechsel automatisieren © Tilla Systems Im Laufe des nächsten Jahres, so kündigt Feldhaus an, soll es eine neue Finanzierungsrunde für Flagship Founders geben: »Wir sind sehr daran interessiert, weitere Partner ins Boot zu holen.« Parallel geht es um weitere Start-up-Pläne. Zwei bis drei Unternehmen pro Jahr sollen gegründet werden. »Uns ist aber wichtig, dass wir keinen Zwang haben, wenn wir nicht an das Projekt glauben«, betont Feldhaus. Derzeit ist man noch sehr schifffahrts- beziehungsweise schiffsnah. Allerdings rücken auch in anderen Bereiche in den Fokus, zum Beispiel Finanzierung und vor allem Logistik, Häfen und Freight Forwarding. So schaut man sich intensiv das Thema Nachhaltigkeit und Emissionsreduzierung an, sowohl aus technischer Perspektive als auch mit Blick auf den Druck durch Regulierung und Kunden- Nachfrage. Ein weiteres Thema ist das Zusammenspiel von Schiff und Fracht, die Prozesse seien zum Teil »noch sehr traditionell«. Das Potenzial für Digitalisierung ist in der Schifffahrt unbestritten vorhanden. Aber was ist nun mit der angeblich nicht sonderlich ausgeprägten Innovationsbereitschaft deutscher Unternehmen? Branchenübergreifend laufe man bei dem Thema schon manchmal gegen Wände, so Feldhaus, »aber grundsätzlich ist das Feedback aus der Schifffahrt extrem positiv, ob nun der Kontakt von Auerbach initiiert war oder nicht. Teilweise wird uns indirekt zu verstehen gegeben: Endlich nimmt sich mal jemand strukturiert diesem Thema an.« Bei den Experten-Interviews ergeben sich manchmal mehrere neue Ideen, »weil es aus den Leuten heraussprudelt wenn sie nach ihren Problemen fragt.« In den letzten sechs bis acht Monaten hat sich seiner Ansicht nach extrem viel zum Positiven verändert. Diese Einschätzung deckt sich mit denen von anderen Beobachtern. Die britische Unternehmensberatung Thetius schreibt in ihrem jüngsten Marktbericht, dass es nach einer Delle zu Beginn der Corona-Pandemie eine deutliche Steigerung von Investments in digitale Lösungen gibt: »Im Jahr 2021 hat sich das Bild drastisch verbessert, da sowohl die Anzahl der Deals als auch der Investitionswert deutlich gestiegen sind. Im bisherigen Jahr bis August wurden 1,7 Mrd. $ in maritime maritime Start-ups und Scale-ups investiert.« Bis Ende des Jahres sollen es 2,5 Mrd. $ werden. »Dies bringt Investitionen in den maritimen Technologiesektor wieder mit dem Wachstumstrend in Einklang, der ab 2019 und davor zu beobachten war«, so die Analysten. »Inzwischen ist bei neun von zehn Akteuren der Groschen gefallen« unbedingt abgrenzen wollte. Daran habe ich noch nie geglaubt, das ist überhaupt nicht unsere Denke, ganz im Gegenteil.« Produkte, die für Auerbach keinen Mehrwert haben, weil die Reederei im Tramp-Markt aktiv ist und das Produkt für Linien relevant ist, sollen genauso unterstützt werden wie solche, die bei der direkten Konkurrenz auf Nächstenliebe stoßen. »Weil wir daran glauben, dass ein Unternehmen als solches einen Mehrwert schafft. Ich glaube wirklich daran, dass wir manche Dinge nur vorantreiben können, wenn wir in der Cluster-Logik nicht nur denken, sondern auch leben«, so Bunk, für den es nach eigener Aussage überhaupt kein Problem wäre, wenn eine Reederei ein weiterer Gesellschafter bei Flagship Founders würde. Neue Finanzierungsrunde geplant Feldhaus und Bunk sehen einen guten Zeitpunkt. »Eine Branche, die Dinge zu lange aufgeschoben hat, hat jetzt einen großen Nachholbedarf«, sagt Feldhaus. Bunk kommt auf die Krise der Branche zu sprechen: »Wenn man – wie vor dem jüngsten Boom Viele in der Schifffahrt – die Nase gerade so über der Wasseroberfläche halten kann, denkt man nicht über eine Revolutionierung der Prozesse nach. Jetzt haben sich die Unternehmen freigeschwommen und es gibt seit rund einem Jahr ein Umdenken.« Seiner Ansicht gibt es zudem einen zweiten wichtigen Aspekt: Ein Umdenken durch einen Generationswechsel in vielen Unternehmen. Es werde mittlerweile öfter gesagt »So wie wir das immer gemacht haben, kann es nicht weitergehen. Lasst uns offen darüber nachdenken, wie wir Schifffahrt neu gestalten. Inzwischen ist bei 9 von 10 Akteuren der Groschen gefallen«, so Bunk, der den offenen Dialog mit den Digitalexperten ausdrücklich begrüßt. Sie bringen Perspektiven und Erfahrungen aus anderen Branchen ein, »von denen wir sehr viel lernen können«, so der Reeder weiter. Aber natürlich gebe es auch Momente, wo man sagen muss: »Nur weil es auf der Straße oder in der Luftfahrt funktioniert, muss es nicht zwangsläufig auch auf dem Wasser funktionieren.« Bunk zehrt von Erfahrung aus Auerbach-Gründung Für Bunk sind die Flagship-Founders-Aktivitäten als Zusatzgeschäft gedacht, nicht als Ersatz für andere Aktivitäten. Bei seiner Überlegung baut er auch auf eigene Erfahrungen. 2010 hatte er mit einem Partner und Investoren im Rücken Auerbach als Partenreederei gegründet. Seinerzeit ein ziemlich in Vergessenheit geratenes Modell – dass sich aber bewährt hat. »Wir wollen seit der Gründung Dinge neu denken. Ich bin sehr dankbar, dass man uns damals in einem sehr frühen Stadium Kapital zur Verfügung gestellt hat, um die Idee einer Partenreederei gegen den Trend antizyklisch umzusetzen. Das möchte ich gerne weitergeben«, sagt er. Es gehe ihm die Beteiligung an einem Unternehmen, die Unterstützung junger Menschen, die relativ viel Risikobereitschaft aufbringen, selbst 50 % oder mehr des Unternehmens halten und für das Produkt kämpfen. Letztlich bleibe aber natürlich das Ziel, damit Geld zu verdienen. Ein weiteres Anliegen ist ihm der Blick auf die hiesige Branche: »Wir haben in Deutschland ein Shipping-Cluster, das trotz der schrumpfenden Flotte sehr viel Expertise hat. Ich persönlich finde es wichtig und es ist mir ein Anliegen, den Schifffahrtsstandort zu stärken. Das ist möglich, wenn wir es schaffen, mehr zu machen als Schiffe zu kaufen und zu verkaufen.« 22 HANSA – International Maritime Journal 11 | 2021

FINANZIERUNG | FINANCING »Große Chancen auch in Deutschland« Mit ShipMoney hat Stuart Ostrow die Bezahlung der Crews in der Kreuzfahrt-Industrie auf den Kopf gestellt. Auch in der Handelsschifffahrt sieht er große Potenziale für die digitale Lösung und hat bereits einige namhafte Kunden Im Gespräch mit der HANSA bestätigt der Gründer und Präsident, dass Ship- Money mittlerweile über 50 Reedereien oder Shipmanager als Kunden hat. Das Unternehmen gehört unter der offiziellen Firmierung Maritime Payment Solutions zum Konzern Global Technology Partners, einem der größten internationalen Prepaid-Zahlungsabwickler. Shipmoney versteht sich als Anbieter digitaler Zahlungslösungen für Schifffahrtsunternehmen, etwa für die Gehaltsabrechnung der Besatzung, Geldtransfers, mobile Aufladungen oder Ausgaben an Bord. »Die Auszahlung der Heuer ist unser Hauptgeschäftsfeld«, sagt Ostrow, der nach eigenen Angaben für die erste Entwicklung von Prepaid-Programmen für die Kreuzfahrtindustrie verantwortlich war. ShipMoney ist die zweite Generation dieser Unternehmung. »Mehrere Milliarden pro Monat« Stuart Ostrow Gründer und Präsident von ShipMoney Sein Ausgangspunkt: In der Vergangenheit hat die Kreuzfahrtindustrie die Crews mit Bargeld bezahlt. »Mehrere Milliarden Dollar wurden jährlich mit gepanzerten Lastwagen zu den Schiffen gebracht. Eine Reederei erzählte mir, dass auf ihren Schiffen zu einem beliebigen Zeitpunkt etwa 40 Mio. $ in bar im Umlauf waren. Das war der perfekte Markt, um eine Lösung einzuführen, mit der die Crew ihre Heuern elektronisch über Prepaid-Lohnkarten erhalten kann.« Einer der Erfolgsfaktoren des ursprünglichen Projekts sei außerdem, dass die Besatzung von Bord Geld nach Hause schicken konnte. Ostrow trat an die Devisengesellschaft Travelex mit dem Vorschlag heran, ihren Überweisungsdienst mit einer Lohnkarte für die Kreuzfahrtindustrie zu verbinden. »Wir waren das erste Unternehmen weltweit, das eine Single-Sign-On-Integration zwischen einer Gehaltsabrechnungskarte und einem Überweisungsdienst entwickelte«, so der Gründer. Im Zuge der Geschäftsentwicklung kam es auch zu Kontakten in die Handelsschifffahrt, unter anderem zum Maersk-Konzern, immerhin eines der größten Schifffahrtsunternehmen der Welt. Als die Dänen Einblick in ihre Prozesse gewährten, in Bargeldbestände an Bord, die Kosten für »Cash-to-Master« oder in den Verwaltungsaufwand für Überweisungen und Zuteilungen an ihre Tausenden von Besatzungsmitgliedern, sah Ostrow großes Potenzial: »Die Art und Weise, wie die Besatzung in der kommerziellen Schifffahrt derzeit bezahlt wird, ist teuer, ineffizient und veraltet.« Maersk, V.Ships, Thome ... Mittlerweile gehören über strategische Partnerschaften mit verschiedenen Zahlungsunternehmen Lösungen für Zahlungen an Verkäufer, Lieferanten und Agenturen als Alternative zu bestehenden Bankanbietern zum Portfolio. In der Pandemie war es zwar deutlich schwieriger, neue Kontakte herzustellen. Allerdings hat sie auch das Bewusstsein für die Umstellung auf digitale Zahlungsmöglichkeiten geschärft, meint der Ship- Money-Chef. Diverse Kunden kommen mittlerweile aus der Handelsschifffahrt, darunter bekannte Namen wie Maersk, Maran, Scorpio, Thome oder V. Ships. Ob nicht gerade große Schifffahrtsunternehmen mit eigenen oder speziell für sie entwickelten Produkten zur Konkurrenz werden könnten? »Nein, nicht © ShipMoney wirklich. Technologielösungen entwickeln sich in der Regel aus den Möglichkeiten des Marktes, nicht unbedingt durch die Teilnehmer an diesem Markt.« Auch in Deutschland hat ShipMoney Kunden gewonnen, zum Beispiel Sloman Neptun oder Danica Maritime Services. Ostrow arbeitet nach eigenen Angaben sehr gerne mit deutschen Unternehmen, kann sich weiteres Wachstum im hiesigen Markt gut vorstellen. »Wir sehen große Chancen auf dem deutschen Markt und in vielen anderen Regionen der Welt.« 1,6 Millionen Beschäftigte In der Kreuzfahrtbranche gibt es zwar noch immer einige bedeutende Möglichkeiten, da die Branche wieder anläuft und die Unternehmen alle Aspekte ihrer Geschäftsabläufe überprüfen, meint der Manager. Die größte Chance liegt seiner Ansicht nach jedoch in der Handelsschifffahrt: »Die Kreuzfahrtindustrie beschäftigt etwa 300.000 Mitarbeiter, während die kommerzielle Industrie etwa 1,6 Millionen Mitarbeiter beschäftigt.« Allerdings bemerkt er auch, dass die Verantwortlichen in der Handelsschifffahrt etwas zurückhaltender sind. Die Branche brauche »Zeit, um sich auf Veränderungen einzustellen.« Die Kreuzfahrtindustrie habe einen Vertrauensvorschuss gegeben und Lohnkartenprogramme verbindlich eingeführt. Kommerzielle Unternehmen hätten eine andere Beziehung zu ihrer Besatzung als Kreuzfahrtunternehmen. Die Pandemie habe die Branche in vielerlei Hinsicht verändert. Die Besatzung steht unter Druck, weil es Probleme mit Besatzungswechseln und längeren Einsätzen gibt. »Die Unternehmen reagieren äußerst empfindlich auf Änderungen für ihre Besatzung, es sei denn, die Änderungen werden als Vorteil empfunden.« Vieles davon habe mit einem kulturellen Wandel zu tun. »Die kommerzielle Branche ist noch nicht so weit, aber wir glauben, dass sie sich im Laufe der Zeit für die Bezahlung der Besatzung auf digitale Lösungen umstellen wird.« MM HANSA – International Maritime Journal 11 | 2021 23

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