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HANSA 11-2017

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Schifffahrt | Shipping

Schifffahrt | Shipping Digitalisierung und Leasing: Neue Märkte auch für Kanzleien Digitalisierung, Cyber Crime, Chinese Leasing und die Konsolidierung in der Schifffahrt – neben den »traditionellen« Themen bedürfen neue Aspekte immer mehr Aufmerksamkeit der Juristen. Die Meinungen dazu sind allerdings durchaus geteilt. Von Michael Meyer Im Rahmen einer Kurz-Umfrage der HANSA unter den hierzulande aktiven »maritimen Kanzleien« wurde schnell deutlich: Das KG-Geschäftsmodell und die die Branche umwälzende Restrukturierung sorgen nach wie vor für Arbeit bei den Juristen. Zu groß war der Markt und zu strittig so manche Entwicklung, als dass der Berg schon abgearbeitet sein könnte. Doch die Arbeitsschwerpunkte verschieben sich immer stärker. Ein Aspekt, eng verbunden mit der Restrukturierung bestehender Finanzierungen oder neuen Projekten, ist »Chinese Leasing«, also der Rückgriff auf Leasing-Gesellschaften aus Fernost, hinter denen in der Regel staatliche Banken stehen und die ihr Portfolio enorm ausgebaut haben. Chinese Leasing Weil das aber für viele Schifffahrtstreibende ein relativ unbekanntes Feld ist, werden oft Juristen zu Rate gezogen. Stefan Rindfleisch aus der Kanzlei Ehlermann Rindfleisch Gadow erläutert, dass nach wie vor zahlreiche Restrukturierungen stattfinden, mittlerweile häufig bereits in der zweiten, dritten oder gar vierten Runde – mit entsprechenden Folgen: »Der Mangel an klassischen Fremdkapitalfinanzierungen durch Banken erhöht den Anteil alternativer Finanzierungsformen. Hierbei sind in erster Linie Leasingfinanzierungen zu erwähnen. Den größten Marktanteil haben mittlerweile die chinesischen Leasinggeber«. Darüber hinaus würden er und seine Kollegen neben den klassischen Leasingfinanzierungen zurzeit auch Anleihestrukturen begleiten. »Unsere Beratung konzentrierte sich bislang insbesondere darauf, Regelungen zu finden, die den berechtigten Interessen aller Beteiligten gerecht China weitet sein Finanzierung s- engagement immer mehr aus werden. Hier steht insbesondere das Interesse des Bareboat-Charterers an der Weiternutzung des Schiffes im Mittelpunkt, auch dann, wenn sich der Leasinggeber gegenüber seiner Bank in Verzug befindet«, sagt Sieke Kremer-Tiedchen aus der Kanzlei Dabelstein & Passehl. Weitere entscheidende wie komplexe Punkte seien die Begrenzung der »Helland-Highwater« Regelung zur durchgehenden Zahlungspflicht bezüglich der Charter, die Regelung der Verteilung der Versicherungsbeträge im Falle eines Total Losses sowie Ankaufsoptionen bzw. Verpflichtungen. Den größten Handlungsbedarf in den Schifffahrtsunternehmen sieht sie für eine stetige Verbesserung des Controllings und Reportings. »Wichtig wird aber auch die Implementierung von Kontrollsystemen bezüglich der Einhaltung von Sanktionsregelungen sowie zur Vermeidung von Korruption. Hier enthalten vor allem Verträge ausländischer Banken zunehmend verschärfte Regelungen, die auch über Leasingverträge an die Reeder weitergegeben werden«, so die Anwältin. 38 HANSA International Maritime Journal – 154. Jahrgang – 2017 – Nr. 11

Schifffahrt | Shipping Leasing = »Second Best«? Oliver Rossbach, Co-Gründer der noch jungen Kanzlei Pier 11, bewertet Projekte mit »Chinese Leasing« etwas kritischer als so Mancher, der sich davon viel verspricht: »Dabei handelt es sich um relativ aufwändige Konstruktionen, die in der Umsetzung teuer und vor allem in Restrukturierungssituationen schwergängig sind. Daher werden diese Leasingmodelle mittel- und langfristig »Second Best« sein. Wir werden sehen, dass vorzugsweise Private Equity und Private Debt – direkt und indirekt über Fondstrukturen – in Anspruch genommen werden.« Auch die klassische Bankfinanzierung, wenn auch zunächst restriktiv, wird seiner Ansicht nach weiterhin zur Verfügung stehen. Bei Watson Farley & Williams ist man laut Maren Brandes – vor allem durch die Niederlassung in Athen – »seit mindestens fünf Jahren« in der Beratung von Reedereien zu diesem Thema aktiv. Aus den Büros in Hong Kong und Singapur arbeitet man auch mit Leasinggesellschaften. »Selbstverständlich ist das Thema Chinese Leasing auch für den deutschen INTERNATIONAL MARITIME JOURNAL FORUM SCHIFFFAHRT FINANZIERUNG Source: Fotolia Markt relevant und ja auch bei einigen Deals bereits umgesetzt. Jedoch sehe ich hier das Hauptproblem in den Kriterien der chinesischen Leasinggesellschaften«, sagt Brandes. Dazu zählt sie das »Standing« des Reeders, Größe der Flotte (mehr als 20 Schiffe), Größe des Deals (mehr als 50 Mio. $). »Diese passen nicht auf unsere deutschen KG-Strukturen, deswegen wird es spannend sein zu sehen, ob die deutschen Reeder hierauf reagieren und sich zum Zwecke des Chinese Leasing in Joint Ventures bewegen.« Aus rechtlicher Perspektive ist nach Meinung von Thomas de la Motte von CMS Hasche Sigle der exakte Geschäftsort sehr relevant. Um die Leasinggeschäfte rechtlich soweit es geht von »Mainland-China« abzukoppeln, würden die Leasing-Strukturen meist über Hong Kong aufgesetzt. »Dies entspricht nicht nur einem von vielen Charterern geäußerten Wunsch, sondern ist nach unserem Dafürhalten auch aus Sicht des Reeders unbedingt geboten, da es für ihn als Leasingnehmer im Falle einer etwaigen Auseinandersetzung sicher leichter ist, seine Ansprüche vor den – nach wie vor durch die englische Rechtstradition geprägten – Gerichten in Hong Kong durchzusetzen als vor den Gerichten in (Mainland) China.« Auch in der Praxis der Hamburger Niederlassung von Norton Rose Fulbright hat Chinese Leasing stark zugenommen. »Unsere asiatischen Büros sind sehr aktiv. Teilweise gibt es auch Bezüge nach Deutschland. Wir haben u.a. Banken bei der Ablösung von konventionellen Schiffsfinanzierungen durch Chinese Leasing beraten«, sagt Ludger C. Verfürth. Als Beispiel nennt er die sogenannte M-Star-Flotte von MPC Capital, die mittlerweile für Maersk fährt. Digitalisierung & Cyber Crime Ein anderer Themenkomplex, der unter den Juristen immer mehr Aufmerksamkeit bedarf, ist die Digitalisierung und das damit zusammenhängende Problem der Cyber-Kriminalität. Hier sehen Viele einigen Nachholbedarf bei den Schifffahrtstreibenden. Aus rechtlicher Sicht liegen laut Sami Chowdury von Ince & Co. in der Anfangsphase die Schwerpunkte bei der Strukturierung von Transaktionen, »angepasst an deutsche Marktusancen«, sodass inbesondere deutsche Tonnagesteuervorteile und Bareboat-Ausflaggungen weiter genutzt werden können. Aus Sicht von Esther Mallach aus der Kanzlei Dabelstein & Passehl geht es dabei um die Erstellung unternehmenseigener Compliance Regeln und die Sensibilisierung für Cyber-Risiken, den Sicherungspflichten nach dem Datenschutzgesetz bzw. der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung – Geltung ab Mai 2018) und dem IT-Sicherheitsgesetz. »Es besteht Handlungsbedarf auf drei Ebenen. Erstens: Risikoabschätzung im eigenen Unternehmen erkennen sowie in den Unternehmen der Kunden und Sub- Unternehmer beziehungsweise der Supply Chain und der Auftragsunternehmer – Stichwort »Cloud Provider«. Zweitens: Kenntnis der Rechtslage in Bezug auf die Pflichten zur Implementierung von Cyber Security Maßnahmen (DSGVO; IT Sicherheitsgesetz; KRITIS). Und Drittens: Sensibilisierung der Mitarbeiter – Abstract: Maritime law offces take a broader view on new markets Next to traditional aspects and consolidation, innovation demands maritime law experts’ attention. HANSA presents a brief survey among German shipping law firms with clear facts: KG-model and profound restructuring still keep lawyers busy. Meanwhile work is shifting towards new projects like »Chinese Leasing« as many refinancing projects have entered the third or fourth cycle. Some players still have access to publicly placed bonds while for others new issues arise – e.g. bareboat charterer’s interests in further ship use in the event of a lessor defaulting the bank. Increased reporting, cyber security and digitalisation pose challenges, too. Further information: redaktion@hansa-online.de HANSA International Maritime Journal – 154. Jahrgang – 2017 – Nr. 11 39

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