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HANSA 10-2024

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SCHIFFFAHRT | SHIPPING

SCHIFFFAHRT | SHIPPING Bund legt Entwurf für EU-ETS-Gesetz vor Das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium hat am 29. Juli den Entwurf für ein »Gesetz zur Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes an die Änderung der Richtlinie 2003/87/EG « vorgelegt. Was kommt auf die Schifffahrt zu? Eine juristische Einschätzung © Pixabay Unter anderem soll die deutsche Rechtsgrundlage der auf EU- Ebene beschlossenen Ausgestaltung und Erweiterung des europäischen Emissionshandels für die Schifffahrt geschaffen werden. Von besonderem Interesse für Schifffahrtsunternehmen ist, dass nach den einschlägigen EU-Rechtsakten ein solches Unternehmen gegenüber der Behörde im Außenverhältnis dazu verpflichtet sein soll, eine Anzahl von Berechtigungen einzureichen, die den verursachten Emissionen entspricht. Im Innenverhältnis soll das Unternehmen aber nach dem »polluterpays«-Prinzip gegenüber demjenigen einen Kostenerstattungsanspruch haben, der die endgültige Verantwortung für den Ankauf des Brennstoffs oder den Betrieb des Schiffes trägt. Nach dem Entwurf sollen die Vorgaben der einschlägigen EU- Rechtsakte wie folgt in deutsches Recht umgesetzt werden: • Abgabeverpflichtung (§ 7): »Schifffahrtsunternehmen sind verpflichtet, jährlich bis zum 30. September an die zuständige Behörde eine Anzahl von Berechtigungen abzugeben, die den durch ihre Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen entspricht.« • Kostenerstattungsanspruch (§ 39): »Sofern die endgültige Verantwortung für den Ankauf des Brennstoffs oder den Betrieb des Schiffes oder beides gemäß einer vertraglichen Vereinbarung von dem Schifffahrtsunternehmen auf eine andere [...] Person übertragen wird, hat das Schifffahrtsunternehmen gegen diese andere [...] Person einen Anspruch auf Erstattung der Kosten [...]. Der Erstattungsanspruch kann durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Schifffahrtsunternehmen und der anderen [...] Person ausgeschlossen oder modifiziert werden. Die Pflichten des Schifffahrtsunternehmens nach diesem Gesetz bleiben unberührt. 28 HANSA – International Maritime Journal 10 | 2024

SCHIFFFAHRT | SHIPPING Was bedeutet dies nun? Es handelt sich nur um einen Entwurf, der noch vom deutschen Gesetzgeber zu verabschieden ist. Es ist aber davon auszugehen, dass der Entwurf so oder so ähnlich bald verabschiedet werden wird. Paragraf 7 sieht vor, dass das Schifffahrtsunternehmen gegenüber der zuständigen Behörde zur Einreichung der Berechtigungen verpflichtet ist. Paragraf 39 stattet es aber mit einem Kostenerstattungsanspruch gegen den Verursacher aus. Wie kann es diesen aber gegen den Verursacher durchsetzen, wenn der Verursacher die Berechtigungen nicht beibringt (oder Kosten nicht erstattet)? In welchem Verhältnis steht der Anspruch nach Paragraf 7 zu vertraglichen Regelungen einer englischrechtlichen Time Charter (mit Schiedsgerichtsstand etwa in London)? Haben die Parteien in der Time Charter den Kostenerstattungsanspruch »modifiziert«, etwa durch Verwendung der »ETS – Emission Trading Scheme Allowances Clause for Time Charter Parties 2022« der Bimco – die den Time Charterer verpflichtet, dem Schifffahrtsunternehmen monatlich Berechtigungen entsprechend der Emissionen des Schiffes zu übertragen –, so ist anzunehmen, dass die Schiedsgerichtsklausel der Time Charter auf den modifizierten Anspruch Anwendung findet. Das Schifffahrtsunternehmen kann sodann den modifizierten Kostenerstattungsanspruch vor einem Schiedsgericht in London unter der Time Charter durchsetzen. Haben die Parteien hingegen keine vertragliche Regelung zum Kostenerstattungsanspruch vereinbart, muss sich ein Schifffahrtsunternehmen allein auf Paragraf 7 berufen. Aber wird das Schifffahrtsunternehmen den Time Charterer unter dem Kostenerstattungsanspruch nach Paragraf 7 vor dem in der englisch-rechtlichen Time Charter genannten Schiedsgericht oder vor einem anderen Gericht verklagen müssen? Wenn die Time Charter keine Regelungen enthält, ist anzunehmen, dass das Schifffahrtsunternehmen den Time Charterer nicht vor dem in der Time Charter genannten Schiedsgericht verklagen kann. Die Bestimmung des Klageorts kann dann sehr komplex werden und es mag sogar sein, dass das Schifffahrtsunternehmen den Time Charterer an dem Ort zu verklagen hat, an dem er seinen Sitz hat. Dies würde bedeuten, dass ein Schifffahrtsunternehmen einen Time Charterer gegebenenfalls sogar außerhalb Deutschlands vor einem ausländischen Gericht zur Geltendmachung eines deutsch-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nach Paragraf 7 verklagen muss, was mühsam und zeitaufwendig sein wird. Kommt der Time Charterer seinen Verpflichtungen unter dem Kostenerstattungsanspruch nicht nach, kann das Schifffahrtsunternehmen noch versuchen, in geeigneten Jurisdiktionen (wie etwa Südafrika) im Eigentum des Time Charterers stehenden Treibstoff zu arrestieren, um so seine Sicherheitenposition zu verstärken. Bei dem Kostenerstattungsanspruch nach Paragraf 7 handelt es sich um einen Erstattungsanspruch. Bedeutet dies nun, dass der Schifffahrtsunternehmen den Kostenerstattungsanspruch (wenn er vertraglich nicht modifiziert ist) gegen den Verursacher erst nach Ablieferung der Berechtigungen jeweils zum 30. September geltend machen kann oder schon dann, wenn das Schifffahrtsunternehmen Berechtigungen gekauft hat (die es dann zum Stichtag bei der Behörde einreicht)? Kosten sind zu erstatten, wenn sie anfallen. Daher ist davon auszugehen, dass das Schifffahrtsunternehmen bereits jeweils nach dem Kauf von Berechtigungen einen Kostenerstattungsanspruch hat. Problematisch ist aber, dass der Kauf von Berechtigungen durch das Schifffahrtsunternehmen dessen Liquidität bindet. Vorschussansprüche hat ein Gläubiger nur in Ausnahmefällen. Aus Sicht des Schifffahrtsunternehmen wäre es daher wünschenswert, wenn der Entwurf einen Vorschussanspruch gegen den Verursacher vorsieht. Das Gesetz gilt grundsätzlich nur für Seeverkehrstätigkeiten von Schifffahrtsunternehmen, die der Bundesrepublik als zuständigem Verwaltungsmitgliedstaat zugewiesen werden. Ist ein anderer Verwaltungsmitgliedstaat der EU zuständig, kann sich der Schifffahrtsunternehmen nicht auf Paragraf 39 berufen. Vielmehr hat er den Kostenerstattungsanspruch nach Maßgabe der Regelungen des zuständigen Verwaltungsmitgliedstaats geltend zu machen – es sei denn, es gibt eine modifizierte vertragliche Regelung. Der Entwurf enthält noch verschiedene zusätzliche Regelungen, die die Schifffahrt betreffen: Unter anderem zu Anforderungen an den Überwachungsplan für Seeverkehrstätigkeiten und Ausweisungs- und Festhaltungsanordnungen gegen Schifffahrtsunternehmen. Vorzugswürdig wäre es, in der Time Charter eine klare vertragliche Regelung zu einem Kostenerstattungsanspruch zu vereinbaren, die allen Parteien Rechtssicherheit gibt. Dies können Schifffahrtsunternehmen aber nicht immer durchsetzen. In solchen Fällen mag der Kostenerstattungsanspruch nach Paragraf 7 ein »Notnagel« sein, wenn auch mit Unzulänglichkeiten. Im Ergebnis dieses kursorischen Überblicks bleibt festzuhalten: Die Ausstattung des Schifffahrtsunternehmen mit einem Kostenerstattungsanspruch ist zu begrüßen, seine Durchsetzung bleibt komplex. © HANSA Im Sommer 2023 hatte der Autor für die HANSA über das Projekt »EU-ETS« und den Bedarf für ein deutsches Gesetz geschrieben. Nun wirft er einen Blick auf den schon länger erwarteten Entwurf aus Berlin Autor: Clemens Hillmer Rechtsanwalt & Partner Watson Farley & Williams HANSA – International Maritime Journal 10 | 2024 29

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