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HANSA 10-2020

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Schiffstechnik | Ship

Schiffstechnik | Ship Technology HD-PE sorgt für Innovation im Schiffbau Die Schramm Group hat mit dem Kunststoff HD-PE einen leichten, stoßfesten und vor allem kostengünstigen Werkstoff entdeckt: Ein Festmacherboot ist als Pilotprojekt bereits im Wasser. Weitere Schiffstypen sind denkbar, die Vermarktung in Europa ist geplant Abstract: HD-PE – innovation in shipbuilding Makker 19« so heißt das 9,90 m lange und 3,80 m breite Festmacherboot, das für die Schramm Group auf einer Werft in der Türkei gebaut wurde und demnächst in Dienst gestellt werden soll. Das Besondere ist das Material: der Rumpf besteht aus HD-PE (high-density polyethylene) einem stress- und stoßfesten Kunststoff, der sonst beim Bau druckbeständiger Gas- und Wasserleitungen eingesetzt wird. Der Neubau soll nicht nur ein älteres Vorgängermodell ersetzen. »Es ist ein völlig anderes, viel besseres Schiff«, sagt Schramm-Group-Geschäftsführer Hans Helmut Schramm. Alle bisherigen Festmacherboote sind aus Stahl und mit nur einem Motor ausgestattet. In anspruchsvollen Revieren wie der Unterelbe und im Hamburger Hafen mit ordentlich Wind, Strömung, Schwell und immer größeren Schiffen durchaus ein mögliches Problem bei einem Maschinenausfall. Doch die Boote waren bislang zu klein, um einen zweiten Motor einzubauen. »Also haben wir seit zwei Jahren überlegt, wie wir es besser machen können«, so Schramm. Auf einer türkischen Werft hatte das Unternehmen ein anderes, größeres Schiff in Auftrag gegeben. Dabei weckten Seebojen aus HD-PE die Aufmerksamkeit der Brunsbütteler. Die zeigten auch nach Jahren im Einsatz keinerlei Verschleiß. So entstand die Idee, auch Schiffe aus diesem Kunststoff zu fertigen. Entwurf stammt von NavConsult Die unternehmenseigene Design- und Konstruktionsfirma NavConsult lieferte die Entwürfe für eine Doppel-Bootshülle in Sandwich-Bauweise, die mit festem Schaum gefüllt ist und das Boot unsinkbar machen soll. Bei Crashtests durch The Brunsbüttel based Schramm Group has introduced a novelty to the shipping industry: The »Makker 19« is a new mooring boat built in Turkey. Unlike existing units, the hull is made entirely of HD-PE, a stress and shock resistant plastic commonly used for the construction of pressure-resistant gas and water pipes. The new unit is intended to replace an older unit. The Schramm Group has secured the rights for distribution ot this new type of workboat in the European market. Auffahren auf Geröll und Felsen entstanden lediglich beulenartige Verformungen, die durch erneutes Erwärmen des Kunststoffs ohne großen Aufwand repariert werden konnten. Die größten Vorteile des bis zu 22 kn schnellen Bootes aber sind das geringere Gewicht von 300 kg/m3 gegenüber Stahl mit 7 t/m3 und die um rund 20% geringeren Kosten. Dadurch kann der Tiefgang der schwimmenden Einheiten erheblich reduziert werden, konkret auf 0,80 m. HD-PE sei lebensmittelecht, könne umweltfreundlich recycelt werden und brauche keine Wartung durch neue Farbanstriche, wodurch Betriebskosten in hoher fünfstelliger Höhe pro Jahr eingespart werden könnten, sagt Schramm. Letztlich sei auch die CO2-Bilanz deutlich besser als bei Stahl. Außerdem wurde dank dem leichteren Entwurf das Ziel erreicht, zwei Motoren einzubauen, um die gewünschte Redundanz zu erlangen. Schramm hat sich bei seinem ersten Boot für zwei Cummins- Motoren à 250 PS entschieden, die über ein ZF-Getriebe und eine gewöhnliche Welle einen Standard-Festpropeller antreiben. »Künftig wollen wir den deutschen und europäischen Markt für dieses neue Baumaterial begeistern«, sagt der Unternehmenschef. 52 HANSA – International Maritime Journal 10 | 2020

Schiffstechnik | Ship Technology Die »Makker 19« ist ein Prototyp für Arbeitsschiffe aus dem Kunststoff HD-PE. Der Entwurf stammt von NavConsult, der Konstruktionsabteilung der Schramm Group. Firmenchef Hans Helmut Schramm sieht großes Potenzial für den neuen Werkstoff Vermarktung soll jetzt starten Die Gruppe hat sich die exklusiven Vermarktungsrechte für diesen neuen Schiffstyp in Europa gesichert. Die türkische Partnerwerft könne ab Oktober bis zu zehn Einheiten in unterschiedlichen Ausführungen und mit SOLASkonformer Technik an Bord pro Jahr bauen. Kosten: 310.000 bis 350.000 €. Der Entwurf eigne sich nicht nur als Festmacherboot, sondern auch als Service-Einheit für die Offshore-Industrie, die Wasserschutzpolizei oder für andere Behördenschiffe. Das eigentliche Problem, berichtet Schramm, sei die Zulassung. »Alles, was von Normen und Vorgaben abweicht, ist schwierig umzusetzen«, sagt er. Im Schiffbau gebe es derzeit eben nur Stahl, Alu und Holz, aber keinen Kunststoff wie HD- PE. Letztlich will die See-BG das neue Boot zulassen, weil es unter 10 m lang ist und die italienische Klassifikationsgesellschaft RINA die nötigen Stabilitäts- und Festigkeitsberechnungen vorgelegt hat. Schramm Group Die in Brunsbüttel beheimatete Unternehmensgruppe ist in verschiedenen Bereichen der maritimen Wirtschaft tätig. Gegründet 1926, begann die Hans Schramm & Sohn Schleppschifffahrt als Festmacherbetrieb. Heute zählt allein die Hafengruppe um Brunsbüttel Ports 16 Standorte in Europa. Zuletzt kamen Lubmin an der Ostsee und drei schwedische Häfen hinzu. Die Hans Schramm & Sohn Schleppschifffahrt betreibt weiter die Festmacherei sowie Seeschlepp- und Schleppassistenz-Dienste. Die Flotte besteht aus acht Schleppern mit einem Pfahlzug zwischen 10 t und 70 t, mehreren Pontons und zwei Binnenschiffen. Die NavConsult arbeitet als Planungs-, Beratungs- und Ingenieurbüro im Bereich Maritime Engineering. © Schramm Group Potenzial für andere Schiffstypen Dabei sieht Hans Helmut Schramm, dessen Unternehmensgruppe Häfen, eine Schlepp- und Bergungsreederei sowie eine eigene Schiffbauabteilung betreibt, großes Potenzial für diesen Werkstoff, auch für andere Schiffstypen. Einen Euro-I-Leichter aus dem elastischen und hoch festen Kunststoff für eine Zuladung von 80 bis 100 t hat Schramm für den Einsatz im Hamburger Hafen bereits in Planung. Der Tiefgang läge bei lediglich 0,14 m. Ein vergleichbares Konstrukt aus Stahl würde schon ohne Zuladung so tief im Wasser liegen. »Wir könnten also 20% bis 25% mehr an Gütern gegenüber einem Stahlbau transportieren. Das wäre doch eine Lösung für das zunehmende Risiko von Niedrigwasser«, sagt Schramm. Für lange Einheiten sei HD-PE erst einmal zu »weich«. Da der form- und schweißbare Kunststoff aber wie Stahl mit Spanten und Wanten verarbeitet werden könne, sei er auch für den Bau größerer Binnenschiffe oder Schubboote geeignet und könnte daher den Schiffbau geradezu revolutionieren. Technisch sei das bei geringeren Kosten machbar. »Wir haben Zeichnungen für ganz verschiedene Schiffstypen in der Schublade«, sagt Schramm. »Aber wir müssen noch Erfahrungen sammeln und vermutlich viel Überzeugungsarbeit leisten«, räumt er ein. Denn für einen flächendeckenden Einsatz des neuen Werkstoffs müssten die entsprechenden Verordnungen und Zulassungskriterien bei den Genehmigungsbehörden geändert werden. Schramm hofft jetzt auf die Politik, die die Weichen stellen müsse, um HD-PE in die Praxisanwendung zu bringen. »Wir als Unternehmen sind jedenfalls bereit, voranzugehen und zu investieren«, betont er.KF HANSA – International Maritime Journal 10 | 2020 53

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