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HANSA 10-2019

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Schifffahrt | Shipping

Schifffahrt | Shipping Die Bunkerung wird ab Januar 2020 nicht nur Reeder, sondern wohl auch verstärkt Juristen beschäftigen © Wägener Seine Kollegin Simone Claußen beschäftigt sich intensiv mit dem Thema »IMO 2020«. Wie engmaschig die Kontrollen und die Durchsetzung seitens der Hafen- und Flaggenstatten ausfällt, hängt ihrer Ansicht nach von den Kapazitäten und Ressourcen, aber auch dem Willen der Behörden ab. Eine potenzielle »Nichtverfügbarkeit von niedrigschwefeligem Kraftstoff wird die Verfolgung eines Verstoßes nicht ausschließen, sondern höchstens als Entschuldigungsgrund in Betracht kommen«, meint Claußen. Zwischen den Parteien Schiff und Flagge sieht sie aufgrund der klaren Regelungen »kein großes Streitpotenzial.« Anders könnte es ihrer Ansicht nach im Verhältnis zwischen Schiffseigner und Charterer oder Manager aussehen, »da der Schiffseigner gegenüber den Vollzugsbehörden verantwortlich ist, aber der Charterer das Schiff in der Regel mit Kraftstoff zu versorgen hat.« In Gebieten, in denen nicht ausreichend niederschwefliger Kraftstoff hergestellt werden kann und wo daher ausreichende Mengen durch Vermengung hergestellt werden müssen, bestehe zudem die Gefahr minderwertigen Treibstoffs, wofür der Charterer in der Regel einzustehen hat. Timo Noftz und Lena Haffner aus der Kanzlei Norton Rose Fulbright sehen ebenfalls die Unsicherheit hinsichtlich »IMO 2020«, wenn es um die Durchsetzung der neuen Regeln geht: »Aus Sicht der deutschen Behörden begehen die Umweltsünder unter den Reedern lediglich einen Verstoß gegen die Schadstoffgrenzwerte und damit eine Ordnungswidrigkeit. Das wiederum zieht ein Bußgeld in der Bandbreite einiger Hundert Euro mit sich. In Spanien oder Schweden etwa liegen diese Summen um ein Vielfaches höher. Der asiatische Stadtstaat Singapur droht Kapitänen sogar mit einer Gefängnisstrafe, sollten sie mit Schiffen in den Hafen kommen, die die neuen Grenzwerte nicht einhalten. Auch hohe Geldstrafen sind dort vorgesehen. Zuständig für das Thema in Deutschland ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) in Hamburg. Das BSH wird Verstöße wohl sanktionieren wie bisher, auch wenn der Bußgeldkatalog regelmäßig aktualisiert wird.« Um das Streitrisiko zwischen Schiffseigner und/oder Manager zu reduzieren, sollten klare Vertragsregelungen geschaffen werden. Zwar gibt es seitens der Bimco bereits Musterklauseln. »Aber auch die Anwendung und die Auslegung dieser Klauseln im Einzelfall birgt ein nicht unerhebliches Streit-Risiko«, meinen die Juristen, die empfehlen, ebenfalls die Vertragskonstrukte mit Versicherern im Auge zu behalten. Einige Versicherer würden sich beispielsweise durch neue Vertragsklauseln vor Maschinenschäden im Zuge der Umstellung auf schwefelarmen Treibstoff schützen wollen. Weiterhin wurden Bedingungen formuliert, nach denen die Eignung des gebunkerten Treibstoffs und der Abgasreinigungsanlagen, sofern welche installiert sind, durch Sachverständige zu überprüfen sind. »Es gilt also, wie immer, je unklarer und mehrdeutiger die Vertragsklausel, desto höher das Rechtstreitrisiko. Es lohnt sich im Vorfeld klare Regelungen zu treffen und bestehende Verträge juristisch prüfen und anpassen zu lassen«, so Noftz und Haffner. Hinsichtlich der zunehmenden Spannungen in der Region bewerten sie die Lage um die »Stena Impero« als sehr ungewiss. Um in solchen Fällen aufzuklären, was tatsächlich in der Straße von Hormus und in den Gebieten von Gibraltar passierte und wie das rechtlich zu bewerten ist, wird der Internationale Seegerichtshof in Hamburg ins Spiel gebracht: »Die Einschaltung des Seegerichtshofes, wie er von Deutschen Reedern derzeit gefordert wird, hat in der Vergangenheit vergleichbare Fälle tatsächlich schnell verhandelt und die Freigabe festgehaltener Schiffe erwirkt.« Da der Iran jedoch nicht Mitglied der Konvention für diesen Gerichtshof ist, müsste eine entsprechende Verabredung mit Großbritannien getroffen werden. Aufgrund der politisch hochbrisanten Lage werde es statt der »juristischen Keule« mehr um konstruktive Dialoge und Deeskalation gehen. Solange sich keine Entspannung abzeichnet, könne es ihrer Meinung nach erwogen werden, die entsprechende Region vorerst – soweit möglich – zu meiden, wie es die Reederei P&O Cruises aktuell tut. Auch die Möglichkeit von Konvoi-Fahr­ 20 HANSA International Maritime Journal 10 | 2019

Schifffahrt | Shipping ten wird als Option beschrieben: »Derartige Maßnahmen haben beispielsweise 2009 und 2010 am Horn von Afrika zu einer Eindämmung der Piraterie geführt.« Oliver Rossbach von der Kanzlei Pier 11 meint, dass man sich in diesen Regionen auch in Zukunft vor solchen staatlichen Übergriffen kaum wird schützen können. »Als betroffenes Unternehmen sollte man sich umgehend an die zuständigen Behörden in Deutschland wenden. Die Aussichten, rein juristisch in angemessener Zeit mit Erfolg gegen ausländische staatliche Stellen vorgehen zu können, dürften gleich Null sein.« Besondere juristische Folgen, welche die derzeitige Entwicklung für die Schifffahrt haben könnten, sehe man bei Pier 11 nicht. Bezüglich »IMO 2020« erwartet Rossbach, dass die meisten Reedereien darauf bedacht sein werden, sich »fully compliant« zu verhalten. Schon allein aus Reputationsgründen werde man sich bei diesem sensiblen, stark öffentlichkeitswirksamen Thema keine Rechtsverstöße leisten wollen. »Klar ist aber auch, dass es ›schwarze Schafe‹ geben wird, die vor allem in einer Anfangszeit versuchen werden, sich durch die Weiterverwendung preiswerteren Schweröls Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Und dann gibt es sicherlich Fälle, in denen die Richtigkeit bzw. Genauigkeit der Messwerte der zuständigen Hafenbehörden angezweifelt werden wird«, meint der Jurist. Verwaltungsrechtliche Streitigkeiten zwischen Schiffseignern und Hafenbehörden seien dann programmiert. Solche Streitigkeiten hätten Potenzial, sich im Verhältnis Schiffseigner und Flaggenstaaten fortzusetzen. »Flaggenstaaten achten penibel auf ein sauberes Image« Oliver Rossbach, Pier 11 »Denn letztere stehen untereinander im harten Wettbewerb und achten daher penibel auf ein sauberes Image. Sie werden daher nicht dulden, dass Schiffe unter ihrer Flagge sich nicht an geltende Gesetze halten.« Schließlich hat dieses Thema seiner Ansicht nach auch eine zivilrechtliche Dimension im Verhältnis der Reedereien zu ihren Kunden, soweit diese explizit auf regelkonformem, nachhaltigem Verhalten der Reedereien bestehen. Dann kann das Nichteinhalten der neuen Schwefelgrenzwerte zu Vertragsstrafen führen. Nicht zuletzt könnten Reedereien Probleme mit den sie finanzierenden Banken bekommen, wenn sie die Schwefelgrenzwerte nicht einhalten, da sie dann die (inzwischen marktüblichen) IMO-bezogenen »Covenants« in den zugrunde liegenden Darlehensverträgen verletzen. Kai Busch aus der Kanzlei Schackow & Partner hat den Eindruck, dass die Schifffahrt auf die neuen Erfordernisse für »IMO 2020« gut eingestellt ist, schwer zu sagen sei allerdings, ob sich die Zahl der Verfahren zwischen Schiff und Hafenstaat erhöhen wird. In der Kanzlei hält man es für wahrscheinlich, dass die Flaggenstaaten es als Angelegenheit der Hafenstaaten ansehen werden. Das bleibe aber abzuwarten. »Sofern Bußgelder gegen eine Partei verhängt werden, die mit der Beschaffung des Bunkeröls nichts zu tun hat (z.B. der Eigner im Verhältnis zum Zeitcharterer) wird es sicherlich Regressverfahren geben. Hier gilt aber nichts anderes als bislang auch schon, wenn Verstöße gegen Umweltgesetze vorliegen«, sagt Busch. Die Situation in der Straße von Hormuz ist für ihn »zunächst ein Versicherungsthema«. Reedereien sollten sehr sorgfältig mit Ihren Maklern/Versicherern prüfen, welcher Versicherungsschutz besteht, wenn Schiffe angegriffen werden. Hier sei eine Unterscheidung zwischen Terrorismus und staatlichem Handeln unter Umständen nicht möglich oder beweisbar. »Neben Verletzung von Leib und Leben der Besatzung und Schäden an Schiff und Ladung können sich Verzögerungen ergeben, deren Folgen in der Regel nicht versichert sind. Hier sollte, wenn möglich, eine klarstellende Regelung in den Charter- bzw. Frachtverträgen getroffen werden, dass die Reederei für Verzögerungen, die sich aus diesem Konflikt ergeben, nicht haftet.« Schiffe mit gegebenenfalls »kompromittierender GERMAN MARITIME ARBITRATION ASSOCIATION International Maritime Dispute Resolution Made in Germany Conciliation Mediation Project Adjudication Arbitration Expert Opinion The German Maritime Arbitration Association – short: GMAA – offers a taylor-made out-of-court procedure for the worldwide maritime industry to settle shipping disputes both in German and English. The GMAA is qualified, acknowledged, legally binding, unbiased, fast, efficient and works at reasonable and transparent costs. www.gmaa.de HANSA International Maritime Journal 10 | 2019 21

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