SCHIFFFAHRT | SHIPPINGorganisation Milieudefensie. Dieses Urteil war ein Paukenschlag,der weit über die Grenzen der Niederlande hinaus hallte.Das Bemerkenswerte an der Entscheidung des niederländischenGerichts war, dass nicht über die Klimaschutzverpflichtungbeziehungsweise Klimaschutzmaßnahmen einesStaates geurteilt wurde, sondern über die Frage nach dem Besteheneines zivilrechtlichen Anspruchs von Umweltschutzorganisationenbeziehungsweise Privatpersonen gegen ein Unternehmenauf Reduktion von dessen CO 2-Emissionen. DasBezirksgericht Den Haag bejahte einen solchen Anspruch aufder Grundlage des niederländischen Deliktsrechts. Shell legtedem Vernehmen nach umgehend Berufung gegen das erstinstanzlicheUrteil ein.Bis zu einer endgültigen Entscheidung des Rechtsstreits dürftees daher noch einige Jahre dauern. Gleichwohl zeigte die Entscheidungdes Bezirksgerichts Den Haag bereits Folgen: Auchin Deutschland laufen nun erste zivilrechtliche Klimaklagen,unter anderem gegen deutsche Autobauer. Es überrascht dahernicht, dass das Thema Klimaklagen bei Unternehmensjuristenweit oben auf der Agenda steht und auch der Ruf nach einemregelnden Eingreifen des Gesetzgebers lauter wird.Klimaschutz durch die Gerichte?In der juristischen Literatur werden zivil rechtliche Klimaklagenvielfach mit dem Verweis darauf kritisiert, es sei nicht die Aufgabeder Gerichte, sondern die des Gesetzgebers, den klimabezogenenTransformationsprozess zu steuern und dabei einenangemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen vorzunehmen.In der Vergangenheit zeigte sich auch die deutsche Rechtsprechungbei der haftungsrechtlichen Behandlung von »Globalphänomenen«,etwa Waldschäden infolge der Luftverunreinigung,zurückhaltend. Gleichzeitig zeigt eine aktuelle Klimaklagegegen das Energieunternehmen RWE, dass auch deutsche Gerichteeine mögliche Haftung für Folgen des Klimawandels aufder Grundlage des deutschen Rechts sorgfältig prüfen und nichtunter Verweis auf die hohen rechtlichen Hürden für den Erfolgderartiger Klagen vorschnell abweisen:In dem Verfahren macht der Peruaner Saúl Lliuya geltend,Treibhausgasemissionen von RWE seien mitursächlich für das Abschmelzeneines Andengletschers, was durch einen dadurch begründetenWasseranstieg eines Gletschersees zu einer Flutgefahrfür sein in Peru befindliches Grundstück führe. Nachdem die Klageerstinstanzlich abgewiesen wurde, entschied das Berufungsgericht,dass die Klage schlüssig und über die Behauptungen desKlägers daher Beweis zu erheben sei. Entsprechend steht dem Vernehmennach im Anschluss an einen kürzlich durchgeführtenOrtstermin in Peru als nächstes ein Sachverständigengutachten zuBehauptungen des Klägers an.Der Ausgang jenes Verfahrens, wie auch derjenige der weiterenanhängigen Klimaklagen, wird zeigen, welchen Weg die deutschenGerichte bei der zivilrechtlichen Behandlung des Klimawandelsund seiner Folgen einschlagen werden. Dabei geht esletztlich auch um die Frage, ob die deutschen Gerichte zivilrechtlicheKlimaklagen streng rechts-dogmatisch beurteilen werdenoder ob sie, angesichts der besonderen Bedeutung des Klimawandels,gegebenenfalls bereit sein werden, rechtliches Neuland zubetreten.Ausblick und weitere EntwicklungDie Zahl der Klimaklagen dürfte künftig weiter zunehmen.Gleichzeitig ist damit zu rechnen, dass neben den bisher betroffenenIndustriesektoren weitere emittierende Wirtschaftszweigeins Visier genommen werden. Das Ausmaß dieser Entwicklungwird zum einen stark beeinflusst werden durch denErfolg beziehungsweise Misserfolg der bisher anhängigen Klimaklagen.Die parallele Entwicklung in verschiedenen Ländern lässtzum anderen erwarten, dass die Rechtsunterschiede – etwa inden nationalen Zivilrechten der EU-Mitgliedsstaaten – und diedaraus resultierende unterschiedliche gerichtliche Entscheidungvon Klimaklagen an Bedeutung gewinnen werden.Für die maritime Wirtschaft, die regelmäßig Berührungspunktezu verschiedenen Rechtsordnungen aufweist, dürfte dies besondereHerausforderungen begründen.Autor: Martin P. LögeringRechtsanwalt & Fachanwalt fürInternationales Wirtschaftsrecht,HamburgHANSA – International Maritime Journal 08 | 202221
SCHIFFFAHRT | SHIPPINGHafenstaatkontrollen zurück in der SpurDie Schiffsinspektionen durch die Hafenstaaten standen auch in diesem Jahr unter demZeichen der Corona-Pandemie. Allerdings wird jetzt wieder mehr kontrolliert, auch dankAnpassungen wie Remote-PSCsDie Pariser Vereinbarung über dieHafenstaatkontrolle (Paris MoU)hat ihren Jahresbericht 2021 am 1. Juli2022 veröffentlicht. Demnach unterschiedsich 2021 aufgrund der laufendenCovid-19-Pandemie erneut von den»normalen« Jahren. »Die Hafenstaatenhaben die Situation beobachtet und dieLeitlinien wo nötig an die verändertenUmstände angepasst und sie mit anderenHafenstaatkontrollregimen, der UN-Schifffahrtsorganisation IMO und derInternational Labour Organisation ILOabgestimmt«, heißt es.Die Gesamtsituation hat sich im Jahr2021 verbessert, was zu einer steigendenZahl von Überprüfungen, festgestelltenMängeln, Detentions undVerboten führte. Im Vergleich zu 2020ist die Zahl der Arreste deutlich von 385auf 528 gestiegen – fast so hoch wie imJahr 2019 (534), vor Covid-19, wobeidie Zahl der Kontrollen immer nochniedriger war. Infolgedessen stieg diedurchschnittliche Detention-Quote auf3,43 % (gegenüber 2,98 % im Jahr 2019und 2,92 % im Jahr 2020). Die Zahl derzu solchen Detentions führenden Mängelstieg von 2.182 im Jahr 2020 auf3.274. Die Zahl der durchgeführten Inspektionenbetrug 15.387. Das ist eindeutlicher Anstieg gegenüber 13.168 imJahr zuvor.Im Jahr 2021 wurden elf Refusal ofAccess Orders ausgesprochen. Dies istein Anstieg im Vergleich zu 2020, alsacht solcher Verbote ausgesprochenwurden. In den letzten drei Jahren – eswerden immer die Vergehen in den vergangenen36 Monaten betrachtet –wurden 36 Schiffe wegen mehrfacherDetentions, sieben Schiffe wegen»Nichtanlaufens einer angegebenen Reparaturwerft«und ein Schiff wegenNichtbeachtung einer Detention mit einemVerbot belegt. Im gleichen Zeitraumwurden sieben Schiffe zum zweitenMal mit einem Einlaufverbot belegt.Über einen Zeitraum von drei Jahrenverzeichneten die Flaggen der Komorenund der Republik Moldau die höchsteAnzahl von Verboten.Mehr Kontrollen = mehrentdeckte Mängel. 2022gab es mehr DetentionsParis MoU: Black List kürzerANNUAL REPORT 202© Paris MoUÜber einen rollierenden Dreijahreszeitraumbetrachtet, zeigen die PSC-Regime die Performance der einzelnenFlaggenstaaten bei den Hafenstaatkontrollen.Flaggen, deren Schiffe währenddes Zeitraums an 30 oder mehr Überprüfungenbeteiligt waren, sind in der Listeenthalten. Betrachtet man die Weiße,Graue und Schwarze Liste des Paris MoUin diesem erneut schwierigen Jahr, so isteine kleine Verschiebung in der Qualitätder Schifffahrt festzustellen, was zu einergrößeren Weißen Liste und einer kleinerenSchwarzen Liste führt. Die Gesamtzahlvon 40 Flaggen auf der Weißen Listeist etwas höher als die von 2020 (39). DieGraue Liste enthält 21 Flaggen (22 imJahr 2020); die Schwarze Liste siebenFlaggen gegenüber neun im Jahr 2020.Mit 380 Überprüfungen und 60 Festhaltemaßnahmenlag die durchschnittlicheFesthalterate bei Schiffen unter derFlagge der Schwarzen Liste bei 15,8 %und damit deutlich über den 9,4 % imJahr 2020. Bei Schiffen unter der Flaggeder Grauen Liste lag die durchschnittlicheFesthaltequote bei 8,2 % und damitebenfalls deutlich über dem Wert von4,6 % im Jahr 2020. Bei Schiffen, die eine»weiße Flagge führen«, lag die durchschnittlicheFesthaltequote bei 2,8 % unddamit etwas höher als 2020 (2,4 %) und2019 (2,2 %).Die fünf am häufigsten festgestelltenMängel im Jahr 2021 waren Verstöße gegenden ISM Code (International SafetyManagement, 1.777 Verstöße; 4,9 % Anteil),»Fire doors/openings in fireresistingdivisions« (1.052 Fälle; 3,9 %),»Seafarers’ Employment Agreement«(597; 1,7 %), »Auxiliary Engine« (503;1,4 %) und »Cleanliness of EngineRoom« (471; 1,3 %).Der Gesamtanteil der fünf größtenMängel am Gesamtaufkommen ist mit12 % in diesem Jahr ähnlich hoch wie inden Vorjahren.Tokyo MoU nutzt FerninspektionAuch die Vertragsstaaten des HaafenstaatkontrollregimesTokyo MoU spürtendie »praktische Notwendigkeit, unter diesenbesonderen Umständen flexibel vorzugehen«.Daher wurde ein vorläufigerLeitfaden für die Covid-19-Pandemieverabschiedet, um ein harmonisiertesVorgehen in der gesamten Region zu erleichternund sicherzustellen. In Anbetrachtdes erheblichen Rückgangs derZahl der Überprüfungen im Jahr 2020aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungender Interaktion zwischenSchiff, wurde ab dem 1. April 2021 diePSC-Ferninspektion als vorübergehendepraktische Alternative eingeführt. Sie istmöglich, wenn eine normale physischePSC-Inspektion nicht durchführbar ist.Dafür wurden entsprechende Leitlinienerarbeitet.Obwohl Covid-19 im Jahr 2021 nochimmer die Aktivitäten in verschiedenerHinsicht beeinflusste, konnten Tokyo-22 HANSA – International Maritime Journal 08 | 2022
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