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HANSA 08-2019

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Häfen | Ports »Über die Hälfte der Schiffe haben Mängel« Mike Meklenburg, Leiter des Bereichs Hafenstaat kontrolle bei der Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr, informiert im Gespräch mit der HANSA über den Ablauf einer Hafenstaat kontrolle, die Ergebnisse und die anstehende Concentrated Inspection Campaign (CIC) Wie viele Hafenstaatkontrollen wurden im vergangenen Jahr durchgeführt und wo gab es die meisten von ihnen? Mike Meklenburg: Jedes Jahr werden zwischen rund 1.000 und 1.300 Hafenstaatkontrollen durch die Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr in deutschen Häfen durchgeführt. Im Jahr 2018 wurden etwa 1.100 Schiffe überprüft. Deutlich mehr als die Hälfte davon wiesen Mängel auf. 36 Schiffe erhielten ein Auslaufverbot (Vorjahr: 48), bis die Mängel abgestellt waren. Unsere Hafenstaatkontrolleure notierten dabei etwa 2.550 Mängel, rund 180 davon waren so schwerwiegend, dass die sichere Schiffsbetriebsführung nicht mehr gewährleistet war. Die meisten Kontrollen finden in Hamburg und Bremerhaven statt. Abstract: »More than half of the vessels have deficiencies« Mike Meklenburg, head of port state control at the ship safety department of BG Verkehr, talks about his work, results of port state controls and the upcoming Concentrated Inspection Campaign (CIC). Between 1,000 and 1,300 port state controls are carried out annually by BG Verkehr’s inspectors in German ports.More than half the vessels controlled in 2018 had deficiencies. Further information: redaktion@hansa-online.de © BG Verkehr Was kontrollieren Sie hauptsächlich an Bord? Meklenburg: Für den Ablauf einer Hafenstaatkontrolle gibt es verbindliche Vorgaben: Zu Beginn wird auf jedem Schiff eine Eingangskontrolle durchgeführt. Sie beginnt bereits beim Anbordgehen und mit der Besichtigung des Außenzustandes des Schiffes. An Bord prüfen die Inspektoren alle vorgeschriebenen Zeugnisse und Dokumente des Schiffes und der Besatzung. Danach folgt ein Rundgang über die Brücke, die Aufbauten, das Hauptdeck, den Wohn- und Arbeitsbereich und den Maschinenraum. Reine Papierkontrollen gibt es also nicht. Wenn die Besichtiger bei der Eingangskontrolle Unregelmäßigkeiten feststellen, untersuchen sie das Schiff intensiver (»More Detailed Inspection«). Was sind die häufigsten Verfehlungen beziehungsweise festgestellten Mängel? Meklenburg: Die fünf am häufigsten vorkommenden Mängel betrafen im Jahr 2018 die Bereiche »Sicherer Schiffsbetrieb (ISM)«, »Brandsicherheit«, »nautische Handbücher«, »Seekarten/ECDIS« und »Öltagebuch«. Bei Schiffen welcher Flaggenstaaten werden die größten Mängel festgestellt? Meklenburg: Die meisten der festgehaltenen Schiffe führten die Flagge von Antigua & Barbuda. Um eine repräsentative Aussage zur Qualität eines Flaggenstaates treffen zu können, sollten aber die Auslaufverbote in Bezug zur Gesamtanzahl der Kontrollen betrachtet werden. Hierüber gibt es eine aussagekräftige Statistik des ParisMoU. Im globalen Bereich sind die Flaggen Tansania und Togo für besonders unzureichende Leistung bekannt. Spielt das Alter der Schiffe bei der Häufigkeit von Mängeln eine Rolle? Meklenburg: Mir sind keine aktuellen Statistiken über einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Schiffsalter und der Häufigkeit von Mängeln bekannt. Fest steht, dass auch ältere Schiffe bei guter Wartung und einem verantwortungsvollen Management den Status eines »Niedrig-Risikoschiffs« erhalten und davon profitieren können. Wenn das Risikoprofil als »niedrig« eingestuft wird, sind die Intervalle zwischen den regelmäßigen Hafenstaatkontrollen größer. 78 HANSA International Maritime Journal 08 | 2019

Häfen | Ports Woran liegt es, dass die Zahl der Mängel in der jüngeren Vergangenheit wieder zugenommen hat? Meklenburg: Darüber kann man nur spekulieren, das möchte ich aber vermeiden. Außerdem bin ich der Meinung, dass die Zahlen keinen eindeutigen Trend erkennen lassen. Es stimmt, dass in Deutschland die Anzahl der Kontrollen, bei denen Mängel festgestellt wurden, tatsächlich leicht gestiegen ist (von 49% 2017 auf 52% 2018). Dieser geringfügige Anstieg ist aber aus meiner Sicht nicht alarmierend. Aus der Statistik des ParisMoU geht hervor, dass die Anzahl der im europäischen Bereich festgestellten Mängel weitestgehend konstant geblieben ist. Der prozentuale Anteil der Kontrollen mit Mängeln lag in den Jahren 2016 bis 2018 im Bereich des Paris- MoU konstant bei 52%. Wir werden die weitere Entwicklung auf jeden Fall sehr genau beobachten. Bei schwerwiegenden Mängeln beziehungsweise Verstößen gegen Regularien können Sie für Schiffe ein Weiterfahrverbot erlassen. Erwarten Sie Anpassungen der Rechtslage? Meklenburg: Im europäischen Rahmen gilt einheitlich die Hafenstaatkontrollrichtlinie 2009/16/EG. Darüber hinaus sind die Regularien im Bereich der Pariser Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle harmonisiert, d.h. auch die Russische Föderation, Norwegen und Kanada agieren nach denselben Verfahren. Damit erstreckt sich der regionale Anwendungsbereich über die Küsten Europas hinaus bis zum nordamerikanischen Kontinent. Das vorhandene System von Festhaltungen aufgrund schwerwiegender Mängel, bis hin zu Anlaufverboten, den sogenannten »Bannings«, ist seit vielen Jahren etabliert und hat sich bewährt. Aus diesem Grund sehe ich in naher Zukunft keinen Bedarf für Anpassungen der diesbezüglichen Rechtslage. Wie sind Ihre Erwartungen für die Zukunft (zum Beispiel hinsichtlich Themen wie. Sulphur Cap, Schiffsabfälle, Abwasser etc.)? Meklenburg: Die IMO, die ILO und die EU-Kommission entwickeln laufend neue Vorgaben zur Schiffssicherheit, zum maritimen Umweltschutz und zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord. Ich nehme an Ausschusssitzungen der IMO und des ParisMoU aktiv Mike Meklenburg leitet als National PSC Coordinator seit Mai 2018 den Bereich Hafenstaatkontrolle bei der Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr. Zuvor war er 16 Jahre lang selbst Hafenstaatkontrolleur. Gleichzeitig hat er seit 2006 den vorherigen Leiter der Hafenstaatkontrolle vertreten und in seiner Arbeit unterstützt. Vor seiner Tätigkeit bei der ehemaligen See-Berufsgenossenschaft, der heutigen Dienststelle Schiffssicherheit, war Meklenburg bereits längere Zeit in der Seefahrt beschäftigt. Nach seinem Studium der Anlagenbetriebstechnik und Schiffsbetriebstechnik arbeitete er als Chief Engineer auf Containerschiffen bei einer deutschen Reederei. Einige Zeit war er auch als Reedereiinspektor tätig, wobei er u.a. Schiffsneubauten auf der Bauwerft betreute. teil und begleite diesen Prozess eng. Für mich ist entscheidend, dass insbesondere neue Vorgaben zu unserer Kontrolltätigkeit auch tatsächlich praxistauglich für die Hafenstaatkontrolle sind. Im vergangenen Jahr wurde bei der sogenannten Concentrated Inspection Campaign ein Fokus auf die Einhaltung von MARPOL Annex VI gelegt. Wie fällt Ihr Fazit aus? Meklenburg: Ich finde es richtig und wichtig, dass mit der Concentrated Inspection Campaign (CIC) jedes Jahr ein besonderer Schwerpunkt auf ein bestimmtes Thema gelegt wird. In Deutschland wird ja gerade sehr intensiv über den Klimaschutz diskutiert. Von daher passt das Thema der letzten CIC, nämlich MARPOL Annex VI – Vermeidung der Luftverunreinigung durch die Seeschifffahrt – sehr gut. Die Auswertungen der CIC zeigen, dass die MARPOL-Vorgaben an Bord der meisten Schiffe im Wesentlichen eingehalten werden. Im gesamten Zeitraum der CIC von September bis November 2018 wurden insgesamt 4.021 Kontrollen durchgeführt. Sieben Schiffe mussten aufgrund schwerwiegender MARPOL-Annex VI- Mängel festgehalten werden. Zum Vergleich: im gleichen Zeitraum wurden 124 Schiffe aufgrund schwerer Mängel in anderen Bereichen mit einem Auslaufverbot belegt. Das heißt aber nicht, dass im Bereich MARPOL Annex VI alles in Ordnung ist. Gerade bei den »Bunker Delivery Notes« und den »Change Over Procedures« stellten die Kontrolleure häufig Mängel fest. Solche Mängel sind jedoch in der Regel nicht so schwerwiegend, dass Schiffe deswegen festgehalten werden müssen. Die diesjährige CIC von September bis November beschäftigt sich mit dem Thema »Notsysteme und Verfahren«. Was steht hier besonders im Blickfeld? Meklenburg: Unsere Kontrolleure, sowie die Kollegen im ParisMoU und TokyoMoU, werden vor allem den Lecksicherheitsplan, die Rundspruchanlage, ggf. die Wasserstandsmeldeanlage, die Notstromversorgung, die Notfeuerlöschpumpe und die Alarmüberwachung der Ruderanlage verstärkt überprüfen. Auch werden wir feststellen, ob die Besatzungen mit den Noteinrichtungen und den zugehörigen Verfahren vertraut sind. Zur Vorbereitung der CIC haben wir im Juni in Hamburg ein dreitägiges »Train-The-Trainer-Seminar« mit Teilnehmern aus fast allen Mitgliedsstaaten des ParisMoU durchgeführt. Das Ziel des Seminars war es, möglichst einheitliche Vorgehensweisen bei den Kontrollen im Rahmen der Schwerpunktkampagne zu gewährleisten. Was erwarten Sie in puncto Arbeitserleichterung durch digitale Prozesse? Meklenburg: Digitalisierung in der Schifffahrt ist zu Recht ein großes Thema. Derzeit befasst sich die IMO intensiv mit den Möglichkeiten zur Nutzung digitaler Prozesse, wie zum Beispiel die Ausstellung elektronischer Schiffssicherheitszeugnisse, Befähigungsnachweise der Besatzung und digitale Tagebuchführung. Langfristig ist aus meiner Sicht eine Arbeitserleichterung möglich. Voraussetzung dafür ist jedoch eine hohe Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Systeme, sowie eine möglichst internationale Standardisierung. Ich bin diesbezüglich sehr zuversichtlich und gespannt. Interview: Thomas Wägener © BG Verkehr HANSA International Maritime Journal 08 | 2019 79

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