100 JAHRE REEDEREI JOHN T. ESSBERGER Eine Reederei in dritter Generation John T. Essberger gründete sein eigenes Unternehmen 1924 – seither konnten viele Erfolge verbucht werden, allerdings gab es auch einige Herausforderungen zu meistern. Mittlerweile liegt die Reederei in den Händen seiner Enkel. Von Svante Domizlaff Gründer John T. Essberger und seine Tochter Liselotte von Rantzau Die heutigen »Chefs« Eberhart und Heinrich von Rantzau © JTE John T. Essberger ist seit seiner Gründung 1924 ein rein familiengeführtes Unternehmen, das einen wesentlichen Beitrag zur Geschichte der deutschen Handelsschifffahrt geleistet hat. Ursprünglich ein Pionier der Tankschifffahrt, expandierte John T. Essberger nach dem Krieg in die Linienfahrt nach Afrika, in den Zementtransport, in die weltweite Trampfahrt und zeitweilig in die Binnenschifffahrt. Unter dem Dach der Essberger-Unternehmensgruppe fuhren die größten deutschen Tanker ihrer Zeit, wie 1952 die bei der Deutschen Werft in Hamburg gebaute »Elsa Essberger« (16.810 tdw) und 1975 die von den Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW) in Kiel gelieferte »Wilhelmine Essberger« (240.828 tdw). Bei ihrer Indienststellung 1977 war die bei HDW für den Südafrika-Liniendienst gebaute »Transvaal« (2.434 TEU) das größte deutsche Containerschiff und weltweit das größte Kühlschiff. Auch für die deutsche maritime Wirtschaft hatte das Unternehmen große Bedeutung. Über Jahrzehnte hinweg gehörte Essberger zu den bedeutendsten Auftraggebern der deutschen Werftindustrie. Vor dem Krieg nahm John T. Essberger außerdem als Vorsitzender des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Handelsflotte. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Verlust der gesamten Flotte gelang Essberger der rasche Wiederaufbau der Reederei- Gruppe. Als Unternehmer waren Essberger die sozialen Belange seiner Seeleute und des Landpersonals ein besonderes Anliegen. Auf Essberger-Schiffen schliefen die Besatzungen nicht mehr in Gemeinschaftslogis auf Seegrasmatratzen, sondern in modern eingerichteten Kammern mit leinenbezogenen Kojen – von seiner Frau Elsa ausgesucht. Großzügige Sozialeinrichtungen, Pensionärsund Kinderbetreuung, Gemeinschaftsveranstaltungen wie Weihnachtsfeste und Betriebsausflüge und stets ein offenes Ohr für Sorgen und Befindlichkeiten waren typisch für Essberger. Der Begriff von der »Reedereifamilie«, den John T. einst prägte, war kein leeres Versprechen, sondern Teil der Reederei-DNA und sicherte dem Unternehmen eine hoch-motivierte loyale Belegschaft, die oft genug eine Lebensstellung fand. Die Welt hat sich inzwischen verändert, aber diese Tradition ist im Kern erhalten geblieben. Woher kam John Theodor Essberger (1887–1959)? Der sogenannte Friedhof der Großtanker in der Ostsee: »Wilhelmine« und die 1971 abgelieferte »John Augustus Essberger« wurden 1975 in der Geltinger Bucht geparkt. Noch im selben Jahr gesellte sich direkt nach der Probefahrt die »Heinrich Essberger« dazu. Nichts ging mehr in der Tankfahrt. Die Familie Essberger stammt ursprünglich aus Süddeutschland. John Theodor Essbergers Urgroßvater Julius Theodor (1825 – 1867) war als Demokrat in der Revolution 1848/49 unter der Flagge Schwarz-Rot-Gold gegen die Monarchie auf die Barrikaden gegangen und anschließend über Hamburg nach Australien ausgewandert. Dort wurde John T.’s Großvater John Augustus (1856 – 1946) geboren, der als junger Mann nach Deutschland zurückkehrte, ein Ingenieurstudium abschloss und 1903 in den Vorstand der AEG in Berlin eintrat. Seine Frau Lucy Caroline, geborene Bartz und Reederstochter aus Schottland, schenkte ihm zwei Söhne: John Theodor, genannt »Johnny«, und Eduard (»Eddy«), der später in der Reederei seines Bruders Beschäftigung fand. Sie alle besaßen die englische Staatsbürgerschaft. 22 HANSA – International Maritime Journal 07 | 2024
100 JAHRE REEDEREI JOHN T. ESSBERGER Für »Johnny« gab es nach Abschluss der Schule nur einen Berufswunsch, wie seine zweite Frau Elsa sich erinnerte: »Er hatte sich die Marinelaufbahn erwählt, weil er für sich eine straffe, disziplinierte Erziehung wünschte.« Zum Eintritt als Kadett in die Marineschule Kiel nahm Essberger die deutsche Staatsbürgerschaft an. Im bald folgenden Ersten Weltkrieg zeichnete er sich als Kommandant eines Torpedobootzerstörers – mit 37 kn das schnellste Schiff der Kaiserlichen Marine – in der Schlacht im Skagerrak aus. In der unmittelbaren Nachkriegszeit, beim Matrosenaufstand in Kiel, erlebte er als Familienvater bitterste Armut. Seine erste Frau Charlotte, geborene Simonsen und Tochter eines Hamburg-Süd-Kapitäns, schenkt ihm zwei Mädchen. Liselotte (1918 – 1993), die Ältere, sollte ihm an der Spitze der Reederei nachfolgen. John T. Essbergers erste Familie blieb die Marine. So brachte er es schließlich zum Korvettenkapitän, mit der Aufgabe als Liaison-Offizier in Hamburg Verbindung mit der Handelsmarine zu halten. Ein Marinekamerad, der ehemalige U-Boot-Instrukteur Friedrich Joch, betrieb hier ein Befrachtungsunternehmen. Auf der Suche nach Tonnage entdeckte er im Hamburger Hafen zwei stillgelegte Marinetanker. Joch nahm Fühlung mit Essberger auf und bot ihm an, die beiden ehemaligen Bunkerboote zu beschäftigen. Und der Korvettenkapitän erkannte die Gunst der Stunde. Er quittierte den Dienst als Offizier und gründete 1924 gemeinsam mit Joch die Atlantic-Tank-Rhederei. Es war der erste Schritt in die Selbstständigkeit. Jungfernfahrt der »DAL Kalahari« 2005 – Das 4.500-TEU-Schiff war zu seiner Zeit Flaggschiff der Reedereigruppe Das Unternehmen fasste schnell Fuß. 1925 gelang es ihm, für eine Million Mark den englischen Tankdampfer »Uncas« (6.730 tdw) zu kaufen und als »Nord Atlantic« in Fahrt zu bringen. Öl verdrängte die Kohle als Energieträger und Tanker waren gefragt. Die Reederei beschäftigte fortan vor allem Neubauten. 1928 trennen sich die Wege der Partner. Essbergers Schiffe trugen nun ein blaues »E« auf weißem Grund auf dem Schornstein. Wir gratulieren zum Firmenjubiläum und bedanken uns für die langjährige Partnerschaft. HANSA – International Maritime Journal 07 | 2024 HAMBURG SINGAPUR HOUSTON ROTTERDAM GEORG-DUNCKER.COM23
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