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HANSA 07-2024

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100 JAHRE REEDEREI JOHN

100 JAHRE REEDEREI JOHN T. ESSBERGER »Schifffahrt muss man wollen und können« In dritter Generation führt Eberhart von Rantzau das Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich. Im Interview spricht er über die Zeit als Reeder, die Arbeit mit externen Managern in einem Familienunternehmen, seinen Führungsstil und die nächste Generation Sie sind schon sehr lange in der Schifffahrt aktiv. Was macht für Sie den Reiz der Branche aus? Eberhart von Rantzau: Der Reiz der Schifffahrt ist das internationale Betätigungsfeld und die Arbeit mit den großen Auf- und Abschwüngen. Wir sehen immer wieder: Die Aufschwünge können sehr gut sein. Die Abschwünge haben aber auch viele Unternehmen in den Ruin getrieben – wenn es keine langfristige Planung gab, wie es in einem Familienunternehmen wie unserem üblich ist. Wenn dann kurzfristig der Markt zusammenbrach, waren sie pleite, wie es viele Beispiele zeigen. Haben Sie einen Leitspruch, nach dem Sie das Unternehmen führen? Eberhart von Rantzau: Es geht um langfristige Gewinn-Optimierung, nicht Gewinn-Maximierung. Und wie schon unser Großvater und meine Mutter wollen mein Bruder und ich das Wohl der Mitarbeiter im Blick behalten. Wenige Reedereien sind älter John T. Essberger – wie wichtig ist Ihnen Tradition? Eberhart von Rantzau: Sicher, wir sind ein traditionelles Unternehmen. Aber wir müssen uns immer dem Modernen anpassen und wollen das auch. Wenn wir das nicht täten, würden wir gar nicht mehr existieren. Nirgends ist die Welt so schnelllebig wie in der Schifffahrt. Hier herrscht der totale Wettbewerb. Preise, Frachtraten und Charterraten werden nur von Angebot und Nachfrage bestimmt. Das ist vollkommene Konkurrenz, wie sie im Lehrbuch steht. Und das macht auch einen Reiz aus. Dr. Eberhart von Rantzau Anpassungsfähigkeit und Anpassungswille müssen aber bisweilen auch entschieden werden … Eberhart von Rantzau: Ja, ich halte es für essenziell, dass man schnelle Entscheidungen treffen kann und keinen Vorstand oder Aufsichtsrat oder ähnliche Gremien fragen muss. Mein Bruder und ich können selbst entscheiden. Sie führen das Unternehmen zu zweit. Überstimmt auch mal der eine den anderen? Eberhart von Rantzau: Es gibt eine Regelung, wie bei Uneinigkeit vorgegangen wird. Aber wir haben bis jetzt eigentlich immer gemeinsame Entscheidungen getroffen. Das ist auch die Stärke eines Unternehmens. Wenn man nämlich keine gemeinsamen Entscheidungen mehr trifft, selbst wenn es Uneinigkeit gibt, dann kommt es zu Problemen. Nehmen Sie nur die Oetker-Familie, das ist ein gutes Beispiel dafür. © JTE Sie sprachen von Abschwüngen im Markt. Auch die Essberger-Gruppe dürfte davon betroffen gewesen sein. Was war aus Ihrer Sicht die schwerste Zeit in der Reedereigeschichte? Eberhart von Rantzau: Das war 1979, als ich anfing. Damals hatten wir drei Großtanker, die beschäftigungslos in der Geltinger Bucht lagen. Jedes dieser Schiffe hatte 150 Mio. $ oder mehr gekostet. Aber dann hatten sie nur noch Schrottwert, waren hoch verschuldet und es war kein Ende abzusehen. Also haben wir die Tanker verkauft und haben den Banken gesagt: Ihr könnt Essberger nun in den Konkurs rutschen lassen, wenn ihr wollt, oder einen sinnvollen Vergleich machen. Die Banken – es waren die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Hamburger Landesbank – haben sich dann für einen Vergleich entschieden. Und wie haben Sie die Zeit der großen Krise nach 2008 erlebt? Eberhart von Rantzau: Naja, bis 2008 gab es auch bei uns immer wieder Forderungen von Mitarbeitern, es so zu machen wie andere und neue Schiffe zu bestellen, weil die Preise sicher noch höher steigen würden. Aber wir haben kein Schiff bestellt. Und das war auch die richtige Entscheidung, wie sich nachher gezeigt hat. Warum haben Sie damals nicht bestellt? Eberhart von Rantzau: Weil das Risiko zu groß war. Meine Politik war immer schon, nur die Investitionen zu tätigen, die man notfalls auch aus eigenen Mitteln tragen kann, ohne Bank. Wenn Banken Kredite nicht auszuzahlen, ist man im schlimmsten Fall pleite. Diese Politik habe ich übrigens vom israelischen Reeder Sami Ofer in den 1970er-Jahren gelernt. Und der ist mit Zodiac heute noch sehr erfolgreich am Markt. Was waren auf der anderen Seite die herausragenden Schlaglichter der Reedereigeschichte? Eberhart von Rantzau: Die kommerziellen Highlights waren die Jahre 2020, 2021, 2022, 2023 und hoffentlich auch noch 2024. In der Linienschifffahrt haben wir uns deshalb 2022 entschieden, die Fahrt nach Südafrika an Hapag-Lloyd zu verkaufen. Rückblickend war es der richtige Zeitpunkt für den Ausstieg, weil wir langfristig als Familienunternehmen nicht gegen die »Großen« MSC, Maersk oder CMA CGM ankommen. Dafür hätte man sein ganzes Gewicht in die Linienschifffahrt legen müssen. Aber das hat schon mein Großvater nicht gewollt. HANSA – International Maritime Journal 07 | 2024 17

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