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HANSA 07-2021

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SCHIFFSTECHNIK | SHIP

SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY Daniel Chatterjee, Director Technology Management & Regulatory Affairs und Leiter des Green- und Hightech-Programms von Rolls-Royce Power Systems © Rolls-Royce Power Systems »Wasserstoff funktioniert nur global« 2050 muss die Schifffahrt mindestens 50 % weniger CO 2 ausstoßen. Eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung soll »grüner« Wasserstoff spielen. Die HANSA sprach mit Daniel Chatterjee von Rolls-Royce Power Systems über die Herausforderungen aus Sicht eines Antriebsherstellers Welche Rolle spielt der Wasserstoff aus ihrer Sicht in der maritimen Branche heute? Daniel Chatterjee: Heute spielt Wasserstoff noch keine Rolle in der Schifffahrt, mangels Verfügbarkeit. Für eine Nutzung von Wasserstoff als Kraftstoff fehlen noch die notwendigen Regularien und Standards und kommerziell erhältliche Energiewandler. Bislang werden lediglich einzelne Prototypen getestet. Wo beziehungsweise in welcher Form könnte Wasserstoff potenziell eingesetzt werden, in welchen Schiffssegmenten zum Beispiel? Chatterjee: Aus unserer Sicht sind aus erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff und die daraus produzierten E-Kraftstoffe ein zentraler Baustein für die Dekarbonisierung der Schifffahrt. Mit den sogenannten E-Fuels ergeben sich verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Je nach Bedarf werden verschiedene Kraftstoffe zum Einsatz kommen. E-Methan und E-Diesel ermöglichen es zum Beispiel, bestehende Flotten in allen Marine-Segmenten mit den vorhandenen Antriebssystemen zu dekarbonisieren. Darüber hinaus werden auch E-Ammoniak und E-Methanol zukünftig eine Rolle spielen. Ammoniak sehen wir insbesondere in der Hochseeschifffahrt, während Methanol auch für die Küstenschifffahrt attraktiv ist. Beide letztgenannten Kraftstoffe haben eine geringere Energiedichte als Diesel und werden daher eine Anpassung der Bunkerintervalle notwendig machen. Für eine direkte Nutzung von Wasserstoff muss zunächst die Infrastruktur verfügbar sein. Zu Beginn werden wir diese nur lokal sehen, was den Kraftstoff für Schiffe attraktiv macht, die an bestimmte Häfen gebunden sind, zum Beispiel Fähren und Schlepper. Welche Voraussetzungen beziehungsweise technische Anpassungen müssten schiffs- oder antriebsseitig geschaffen werden, um Wasserstoff und daraus gewonnene Kraftstoffe zu verwenden? Chatterjee: Für den Schiffsbetrieb müssen zunächst Regelwerke geschaffen werden. Eine direkte Nutzung von Wasserstoff erfordert technische Lösungen für ein sicheres Handling des Kraftstoffs an Bord. Auch die Integration der Antriebssysteme an Bord muss unter marinespezifischen Randbedingungen sorgfältig geplant werden. Bei der Nutzung von E-Diesel sind keine Anpassungen nötig. Bei den zukünftigen Antriebskonzepten für eine Nutzung von Wasserstoff als Kraftstoff sehen wir Brennstoffzellen- Systeme. Sie vereinen zahlreiche Vorteile: Neben der Umweltfreundlichkeit überzeugen Schiffsantriebe mit Brennstoffzellen durch einen hohen Komfort für die Passagiere und ihren hohen Grad an Modularität. Sie sind leise, erzeugen keine geruchsintensiven Abgase und sind nahezu vibrationsfrei. Der CO 2 -Ausstoß von Schiffen sinkt auf null, wenn grüner Wasserstoff genutzt wird. Der emissionsfreie Antrieb ermöglicht Fahrten in Bereichen, die mit anderen Systemen wegen 56 HANSA – International Maritime Journal 07 | 2021

SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY Natur- und Umweltschutzauflagen nicht befahren werden dürften. Wasserstoffbetriebene Brennstoffzellensysteme eignen sich für den Einsatz auf Binnengewässern, wie Seen und Fjorde, aber auch für küstennahe Anwendungen und Hafenfähren, da die Schiffe regelmäßig an Land betankt werden können und die zurückzulegenden Routen mit dem Stand der Technik umsetzbar sind. Auch E-Methanol ist als Kraftstoff für Brennstoffzellen möglich, dazu wird das Methanol reformiert. Der große Vorteil ist, dass Tanks für Methanol weniger Bauraum in Anspruch nehmen als für Wasserstoff. Dadurch sind längere Tankintervalle oder größere Reichweiten der Schiffe möglich. Methanol ist ebenso als Kraftstoff für Verbrennungsmotoren einsetzbar. Gibt es aktuell vielversprechende Projekte mit Modell- oder Vorbildcharakter? Chatterjee: Ja, da gibt es einige. Zum Beispiel das Leitprojekt »MethQuest«, an dem seit September 2018 insgesamt 29 Partner aus Forschung, Industrie und Energiewirtschaft an Verfahren arbeiten, mit denen Wasserstoff und Methan aus erneuerbaren Quellen erzeugt und in Verkehr und Energieversorgung klimaneutral eingesetzt werden können. Hier haben Prüfstandtests mit Wasserstoffund auch mit Methanol-Motoren einen sehr niedrigen Schadstoffausstoß – Stickoxide und Partikel – gezeigt. Das Besondere an diesem Projekt ist, dass nicht nur Einzeltechnologien im Fokus stehen, sondern dass das gesamte Ökosystem betrachtet wird, von der Erzeugung der Kraftstoffe bis hin zu ihrer Nutzung in Marine, Straßenverkehr, Strom- und Wärmeerzeugung. Was sind die größten Hürden auf dem Weg zur Marktreife? Chatterjee: Die grundlegenden Technologien sind verfügbar. Die größte Herausforderung liegt darin, das komplexe Ökosystem zu skalieren, also die benötigten Kraftstoffmengen zur Verfügung zu stellen. Hier greifen mehrere Parameter zusammen: zum Beispiel der Ausbau der erneuerbaren Energien. Studien gehen davon aus, dass erneuerbare Energien allein in Deutschland um das Fünffache erweitert werden müssen und dass trotzdem 70 % des benötigten Wasserstoffs zu importieren sind. Das heißt, eine globale Produktion und Verteilung ist notwendig. Es ist wichtig, dass große Demonstrationsprojekte in eine industrielle Fertigung überführt werden, damit die Herstellungskosten der E-Fuels sinken. Auch bei Antriebssystemen gilt es, die Herstellungskosten zu senken. Bei Brennstoffzellen sehen wir hier großes Potenzial. Durch die Synergie mit anderen Anwendungen wie dem Straßenverkehr und der Energieversorgung ist eine deutliche Preissenkung zu erwarten. Um die Herausforderungen des Markthochlaufs des gesamten Ökosystems zu meistern, ist es aus unserer Sicht wichtig, sich interdisziplinär und branchenübergreifend auszutauschen und zu vernetzen. Darum ist Rolls-Royce Power Systems für alle potenziellen Partner und Interessenten offen und bereits mit verschiedenen Technologiepartnern im Gespräch. Ziel sollte es sein, 2030 kommerzielle Lösungen verfügbar zu haben, das heißt, dass die wesentlichen Weichenstellungen in den nächsten drei bis fünf Jahren erfolgen müssen. Interview: Anna Wroblewski Drei Fragen an … Stefan Neumann Geschäftsführer – Imes, Kaufbeuren »Als Hersteller passen wir uns dem Markt an« Im Bereich der Schiffsantriebe laufen derzeit viele Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die sich mit Wasserstoff beschäftigen. Wirkt es sich auf Ihre Aktivitäten als Hersteller von Zylinderdruckmesssensoren aus? ? Stefan Neumann: Als Hersteller von Zylinderdrucksensoren müssen wir unsere Entwicklungen auf die geänderten Marktanforderungen anpassen. Die Wasserstoffverbrennung stellt extreme Anforderungen an neue Werkstoffe der Sensoren bezüglich Versprödung. Mit der extrem harten Verbrennung von Wasserstoff wirken hohe Druckanstiegsgeschwindigkeiten auf die Membran der Sensoren. Hierfür muss die Membran in Bezug auf Überdruckfestigkeit neu dimensioniert werden. Gibt es in Ihrem Hause bereits konkrete Vorhaben beziehungsweise Produktentwicklungen für Motoren, die Wasserstoff nutzen? Neumann: Wir haben aktuell ein Projekt gestartet. Dabei geht es um die Entwicklung eines dauerfesten Zylinderdrucksensors für die Wasserstoffverbrennung. Das Projekt wird bis zum kommenden Jahr laufen. Mit ersten Ergebnissen rechnen wir Anfang bis Mitte 2022. Für welche Motorentypen wird der neue Zylinderdrucksensor geeignet sein? Neumann: Der Sensor, den wir aktuell entwickeln, ist für den Viertakt bereich bestimmt und zwar für Gasmotoren und Dual Fuel-Motoren. Interview: Anna Wroblewski Stefan Neumann, Geschäftsführer und Firmengründer © Imes HANSA – International Maritime Journal 07 | 2021 57

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