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HANSA 07-2021

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VERSICHERUNGEN | INSURANCE P&I-Sektor kann Corona und Großschäden abwettern Für die Schiffshaftpflicht-Versicherer kam es 2020 ziemlich dick. Die freien Reserven blieben dennoch stabil – dank historisch hoher Kapitalerträge. Von Michael Hollmann © Republik Mauritius Das vergangene Jahr war ein Jahr der Extreme. Mit der Corona-Pandemie brachen die Geschäfte in der Schifffahrt jäh ein, um anschließend auf Mehrjahreshöchststände oder sogar Rekorde zu klettern. Auch in der P&I-Versicherung gab es erhebliche Gegensätze. So rauschten die technischen Ergebnisse der meisten Clubs der International Group tief in den Keller, während die nicht minder wichtigen Investment - einnahmen nach einer Achterbahnfahrt fast zurück auf das Spitzenniveau des Vorjahres kletterten. Einige wie Skuld oder der Swedish Club konnten ihre Kapitalerträge über das 2019er Niveau hinaus verbessern. So gelang es der Branche, eines der schwierigsten Jahre ihrer Geschichte mehr oder weniger mit einer schwarzen Null abzuschließen. 11 von 13 Clubs der International Group haben inzwischen ihre Finanzkennzahlen (per 31.12.2020 oder 20.02.2021) vorgelegt, wobei die freien Reserven nahezu unverändert zum Vorjahr liegen – jedenfalls in der Gesamtschau. Überschüsse und Fehlbeträge inklusive Sondereffekten halten sich etwa die Waage. Fünf Clubs lagen mit gut 160 Mio. $ in der Gewinnzone, die sechs anderen etwa genauso tief in der Verlustzone. Angesichts gewaltiger Herausforderungen sowohl auf der Schadenseite, im operativen Bereich als auch im Markt – Stichwort jahrelanger Druck auf die Prämienraten – kann ein solches Abschneiden wohl als respektabel bezeichnet werden. Hohe Schaden-Kosten-Quote Die Strandung des Bulkers »Wakashio« gehörte 2020 zu den teuren Großschäden für die P&I Clubs Abstract: P&I mutuals maintain free reserves P&I insurers of the International Group have emerged more or less unscathed from a turbulent business year 2020. Technical losses are up for most of the clubs but were largely covered by robust investment results. Overall, free reserves are stable although looking at individual clubs there are huge differences in performance. Die technischen Ergebnisse gaben unter dem Druck steigender Schadenslasten bei bestenfalls stagnierenden Prämien deutlich nach. Die bereits sehr hohe durchschnittliche Schaden-Kosten- Quote des Vorjahres in Höhe von 117 % verschlechterte sich auf Basis der bisher veröffentlichten Zahlen auf 122 %. Bedeutet: Schäden und Betriebskosten der Clubs übertrafen die Prämien um 22 %. Die Hauptfaktoren dabei waren ein starker Anstieg der Großschäden von über 10 Mio. $, die unter den 13 Clubs der International Group gepoolt werden, sowie medizinische und Quarantäne-bezogene Kosten für Crews und Schiffe. Nach Angaben des Britannia P&I Clubs summierten sich die Poolschäden für 2020/21 per Ende Februar auf 478 Mio. $ – ein Anstieg um mehr als Drittel. Schwerster Einzelschaden war die Strandung und anschließende Bergung des beim Japan P&I Club versicherten Großbulkers »Wakashio« vor Mauritius, inklusive der Kosten für die Beseitigung erheblicher Umweltschäden. Zwei weitere Großschäden betrafen Kreuzfahrtschiffe mit Corona-Ausbrüchen an Bord. Für den Pool war es damit das schadenträchtigste Jahr seit langem. Nahezu alle Clubs verweisen darüber hinaus auf eine Ballung kleinerer Schäden in Zusammenhang mit Coronafällen beziehungsweise Verdachtsfällen an Bord versicherter Schiffe. P&I-Marktführer Gard berichtet von einer Zunahme der Schäden in Zusammenhang mit Krankheitsfällen um 50 % gegenüber dem Vorjahr – getrieben allein durch Corona. Neben medizinischen Kosten hätten dabei Ausgaben für Desinfektion und Betriebsunterbrechungen aufgrund von Quarantäne zu Buche geschlagen. Hinzugekommen seien erhöhte Rechts- und Beratungskosten für Mitglieder, die sich mit Geschäftspartnern über Kosten oder 14 HANSA – International Maritime Journal 07 | 2021

VERSICHERUNGEN | INSURANCE Vertragsausfälle stritten. Zur absoluten Höhe der »Corona-Schäden« macht Gard keine Angaben. Details dazu nennt hingegen Britannia: Dort fielen den Angaben zufolge 139 Schäden mit Gesamtkosten von knapp 7 Mio. $ in Zusammenhang mit Corona an. Dieses Volumen erscheint gemessen an Gesamtschäden von knapp 159 Mio. $ (netto) für Britannia relativ moderat. Der Swedish Club stellt für sich fest, dass die Coronaschäden geringer als erwartet ausgefallen seien. »Alles in allem war es ein Jahr mit weniger Störungen und Ausfällen als prognostiziert«, konstatiert Lars Malm, Director Strategic Business Development & Client Relations beim Swedish Club. Schaut man über die allgemeinen Trends und Durchschnittswerte hinaus, stellt man fest, dass sich die Performance der P&I Clubs noch stärker aufgefächert hat. Bei der kombinierten Schaden- Kosten-Quote trennen den besten (Ship - owners’ / 101 %) vom schlechtesten (UK P&I / 150 %) inzwischen ganze 49 Prozentpunkte. Im Vorjahr lagen die Quoten maximal 43 Prozentpunkte auseinander. Vorteil Diversifikation? Schaden-Kosten-Quoten (CNR) 2020/21 P&I Club 2020/21 Shipowners‘ 101 % Gard 104 % Skuld 108 % North of England 114 % Britannia 117 % Standard Club 121 % Swedish Club 123 % Steamship Mutual 125 % London Club 137 % West of England 140 % UK Club 150 % über 100%: Fehlbetrag / unter 100%: Gewinn 2019/20 105 % 102 % 109 % 126 % 132 % 131 % 106 % 100 % 137 % 107 % 121 % Unter den Clubs, die technisch am besten abgeschnitten haben, seien gerade solche, die neben P&I auch andere Sparten wie Seekasko und Offshore-Energie abdeckten, kommentiert der Versicherungsmakler Aon. Da diese Marktsegmente eine schnellere »Durchhärtung« mit rasant steigenden Prämien erfahren haben, konnten dort positive Teilergebnisse erzielt und die P&I-Verluste teils ausgeglichen werden. So konnte Marktführer Gard, der über ein Seekasko- und Energiebuch von über 400 Mio. $ verfügt, seine Schaden- Kosten-Quote auf 104 % absenken. Für P&I allein lag sie bei 112 %. Auch dem norwegischen Club Skuld gelang es, die Quote durch Überschüsse bei Seekasko auf 108 % zu reduzieren (P&I allein: 121 %). Beim Swedish Club – ebenfalls mit einem Standbein in der Seekaskosparte – reichte es trotzdem nur für eine finale Schaden-Kosten-Quote von 123 %, weil die Ausgangsbasis bei P&I mit 146 % viel höher war. Ein Club, der ebenfalls auf Diversifikation setzt und neben P&I verstärkt »Marine Delay«-Risiken (Betriebsausfall) versichert, findet sich dafür ganz am oberen Ende: West of England mit einer Quote von knapp 140 %. Vier Gründe führt das Management um CEO Tom Bowsher an: ein allgemein zu geringes Prämienniveau, hohe Poolschäden, eine Zunahme schwerer Schäden im eigenen Mitgliederkreis und coronabezogene Schäden von über 10 Mio. $. Noch schlechter als West of England schnitt nur der UK P&I Club mit einer Quote von 150 % ab – nach 120 % im Vorjahr. Erfreuliche Investment-Ergebnisse Sehr erfreulich sind dafür die Investment-Ergebnisse aller Clubs ausgefallen, was angesichts der Rallye an den Börsen keine Überraschung ist. Zu den erfolgreichsten Anlagestrategen gehörten, Zufall oder nicht, diejenigen, die auch im technischen Versicherungsgeschäft die Nase vorn hatten. Gard kam mit +113 Mio. $ fast an das gute Vorjahresergebnis heran. Skuld, Shipowners‘ und der Swedish Club fuhren sogar höhere Kapitalerträge als im Vorjahr ein. Insgesamt (Versicherung + Kapitalanlage) weist Gard den höchsten Nettogewinn (68 Mio. $) aus, gefolgt von Britannia (42,5 Mio. $), Shipowners’ (39 Mio. $) und Skuld (25 Mio. $). Der weitere finanzielle Erfolg der P&I Clubs dürfte, mehr denn je, von einer Sanierung der technischen Ergebnisse abhängen, da bei den Kapitalanlagen wohl nicht mehr mit so großen Sprüngen zu rechnen ist. Dazu sind weitere Prämienerhöhungen nötig, wie sie auch von den Ratingagenturen energisch eingefordert werden. Den ersten Schritt dazu haben die Clubs bei den jüngsten Renewals im Februar getan. Erstmals seit Jahren sollen die Prämienraten im mittleren einstelligen Prozentbereich zugelegt haben. Vorgenommen hatten sich die Clubs »general increases« von +5 % bis +10 %. Im nächsten Jahr dürften sie die Latte kaum tiefer legen. HANSA – International Maritime Journal 07 | 2021 15

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