Häfen | Ports »Die EAU ist Standardwerk im Wasserbau« Im HANSA-Interview erläutert Jürgen Grabe, Vorsitzender des gemeinsamen Arbeitsausschusses »Ufereinfassungen« der Hafentechnischen Gesellschaft (HTG) und der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT), die Neuerungen des kommenden Empfehlungswerkes Was macht der Arbeitsausschuss »Ufereinfassungen«? Warum ist Ihre Arbeit so wichtig? Jürgen Grabe: Unsere mehr als 20 Mitglieder sind Akteure in Bauindustrie, Ingenieurbüros, Häfen, Bundesanstalten und Universitäten. Insgesamt also eine breite Gruppe aus der Nordrange, denn auch die Häfen Antwerpen und Rotterdam zählen dazu. Gemeinsam geben wir Regeln und Empfehlungen für die Ufereinfassungen heraus, die in Binnenund Seehäfen sowie an Wasserstraßen Anwendung finden. Die Empfehlungen werden von der EU notifiziert und von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) als Regelwerk eingeführt. Unsere Empfehlungen werden beispielsweise auch bei Streitfällen vor Gericht zu rate gezogen. Was ist die Empfehlung des Arbeitsausschusses »Ufereinfassungen« (EAU)? Grabe: Bei der EAU handelt sich um ein rund 600 Seiten umfassendes Werk. Unser Ausschuss trifft sich drei bis viermal pro Jahr und diskutiert den Stand der Technik und Forschung. Die Ergebnisse fließen in die EAU ein. Alles was zwischen den Ausgaben passiert, wird ebenfalls publiziert und in gleicher Weise zur Diskussion gestellt. Pro Jahr veröffentlichen wir ein bis zwei technische Jahresberichte. In den ersten sechs Monaten sind die Entwürfe offen für Kritik, bei der nächsten Sitzung werden sie dann beschlossen oder abgeändert. Jürgen Grabe ist seit 2009 Vorsitzender des gemeinsamen Arbeitsausschusses und seit 2016 stellvertretender Vorsitzender der DGGT. Seit 1998 leitet der Bau ingenieur das Institut für Geotechnik und Baubetrieb an der Technischen Universität Hamburg (TUHH) und gehört zudem zahlreichen Verbänden im Bereich Technologietransfer an. © TUHH Was sind die Grundlagen dieser Empfehlungen? Grabe: Alles basiert auf wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnissen, das reicht von Studien und Forschungsarbeiten über Promotionen und Publikationen bis hin zu Versuchen in Unternehmen und Universitäten. Auch die Hafenunternehmen führen Versuche durch, als Beispiel ist hier eine Untersuchung zum Thema Pollerzug zu nennen, die bei der Hamburg Port Authority (HPA) gelaufen ist. Wann kommt die neue EAU-Fassung raus? Ist auch eine Online-Veröffentlichung geplant? Grabe: Die neueste Fassung der EAU in deutscher Sprache erscheint im November, einige Monate später folgt die englische. Zum Jahresende soll ein Pdf-Dokument zur Verfügung stehen sowie ein sogenanntes Epub, das zum Beispiel auf Kindle-Geräten gelesen werden kann. 2021 ist dann eine online-Version mit regelmäßigen Updates angedacht. Was ist neu in der aktuellen Fassung der EAU? Grabe: Wir haben die EAU neu strukturiert und inhaltlich gestrafft, Dopplungen und Widersprüche wurden beseitigt. Die sonst üblichen Empfehlungsnummern fallen weg. Als neues Kapitel ist das Thema Offshore-Basishäfen hinzugekommen. Hier geht es unter anderem darum, auf welche Kriterien bei der Planung geachtet werden sollte. Neu aufgenommen wurde auch die vertikale Tragfähigkeit von Trägern von Pfählen, insbesondere die der kombinierten Spundwände. Ebenfalls neu sind Empfehlungen zu Ro- Ro-Anlegern und –anlegebrücken sowie zum Pollerzug. Aktualisiert und überarbeitet wurden die Themen Schiffsgrößen und Unterhaltung. Abstract: A standard book for hydraulic engineers The waterfront structures working group of HTG (German Port Technology Association) and German Society for Geotechnical Engineering (DGGT) is publisher of a book detailing the groups recommendations for design, construction and maintenance of embankment fortifications in maritime and port construction and in inland ports and waterways. The latest version will be presented at this year’s quay wall workshop on 12 November in Hamburg, organized by HTG. The book is some kind of a standard piece of equipment in every hydraulic engineer’s toolbox. Prospective engineers are already familiarized with the book during their eduction. Welche Bedeutung hat die EAU für Deutschland, Europa und die ganze Welt? Grabe: Wenn man Ufereinfassungen plant und den Betrieb bestmöglich organisieren möchte, ist die EAU ein wichtiges Werk, in dem man viele notwendige Informationen findet, beispielsweise Bemessungswerte und Lasten für Bauteile. Mit der EAU wird man schon im Studi- 58 HANSA – International Maritime Journal 07 | 2020
Häfen | Ports um konfrontiert. Wenn man beruflich in die Richtung Hafen- oder Küstenwasserbau gehen möchte, kommt man um dieses Standardwerk also nicht herum. Jeder Ingenieur, der in Deutschland tätig ist, zieht die EAU zu rate. Da die Niederlande und Belgien mit verschiedenen Häfen beteiligt sind, werden unsere Empfehlungen auch in diesen Ländern angewendet. Auch eine englische Fassung ist verfügbar, die auf der ganzen Welt genutzt wird. Während die EAU hierzulande durch die Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter als Regelwerk eingeführt wird, wird sie in den anderen Ländern als wesentliches technisches Empfehlungswerk angesehen. Insgesamt ist die Tragweite also sehr hoch. Letztlich ist aber nach wie vor der Ingenieur für sein Handeln verantwortlich und in der Prüfpflicht. Einige Ufereinfassungen wie Spundwände bestehen schon viele Jahre und müssen ersetzt werden. Welche Rolle spielen Tidenhub, höhere Stabilität wegen Suprastruktur (schwere Krane) und natürlich auch die wachsenden Schiffsgrößen und die damit verbundenen höheren Windlasten in den Empfehlungen? Grabe: Die Anforderungen an die Häfen verändern sich stetig, deshalb müssen diese Themen ständig aktualisiert werden. Welchen Stellenwert hat die Digitalisierung in der EAU? Grabe: Von jedem Bauwerk wird heutzutage zunehmend ein digitales Modell, das sogenannte BIM (Building Information Modeling) angefertigt und in einer Cloud abgelegt, so dass es jedem Ingenieur zur Verfügung steht. Der Vorteil: Wenn dort etwas geändert wird, bekommen das alle mit. Es können also mehrere Personen gleichzeitig daran arbeiten und bleiben immer auf dem neuesten Stand. Innerhalb unseres Ausschusses haben wir überlegt, ein eigenes Kapitel zum BIM zu machen, uns letztlich aber dagegen entschieden, da es sich um eine Arbeitsmethode handelt. Die eigentlichen Inhalte bleiben daher unverändert. Welche Themen werden Ihrer Meinung nach in der EAU in Zukunft an Bedeutung gewinnen? Grabe: Meines Erachtens wird auf der Erhaltung der Bauwerke künftig ein noch stärkerer Fokus gelegt werden. Das schließt das Monitoring von Kaimauern ein. Es gilt, den Zustand zu überprüfen und erforderlichenfalls ein Sanierungskonzept zu entwerfen. Hierfür sehe ich einen verstärkten Bedarf an Forschung und Entwicklung. Der Einsatz von Drohnen kann hierbei unterstützen. Seit vielen Jahren gibt es einen Workshop, in dem das Thema Ufereinfassungen behandelt wird. Warum macht es Sinn, dort hinzukommen? Grabe: Der sogenannte Kaimauer-Workshop, der alle zwei bis drei Jahre stattfindet, hat eine lange Tradition. Dort kommen alle Akteure zusammen, die mit diesem Thema zu tun haben. Wichtig ist neben dem fachlichen Austausch der Network-Gedanke. In Vorträgen wird über Erfahrungen bei verschiedenen internationalen Projekten berichtet und es werden Forschungsergebnisse präsentiert. Auch Der kommende Kaimauer-Workshop der Hafentechnischen Gesellschaft (HTG) ist für den 12. November in Hamburg geplant. Die Veranstaltung gliedert sich in die vier Themenblöcke Planung, Ausführung, Betrieb sowie zukünftige Entwicklungen von Kaimauerbauwerken. Einer der Höhepunkte in diesem Jahr ist die Präsentation der aktualisierten Empfehlungen des Fachausschusses »Ufereinfassungen« (EAU 2020) inklusive der Vorstellung der wesentlichen Neuerungen. Die HTG rechnet mit 150 bis 200 Teilnehmern. Informationen zu den Anmeldemodalitäten gibt es demnächst auf der Webseite www.htg-online.de und auf den »HTG-Seiten« in der HANSA. Neuentwicklungen werden thematisiert. Im Rahmen des Workshops, der im November stattfindet, soll auch die neue EAU präsentiert werden, über die natürlich auch diskutiert werden wird. Der Kaimauer-Workshop wird immer sehr gut angenommen. Häfen der gesamten Nordrange sind ebenso vertreten wie Firmen, die sich mit Hafen- und Wasserbau beschäftigen. Ingenieurbüros und Universitäten zählen ebenfalls zum Teilnehmerkreis, gleiches gilt für Hafenbehörden, Bundesanstalten und Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter. Interview: Thomas Wägener Über den Arbeitsausschuss »Ufereinfassungenen« Der Arbeitsausschuss »Ufereinfassungen« ist ein gemeinsamer Fachausschuss der Hafentechnischen Gesellschaft (HTG) und der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT). Zielsetzung der Ausschussarbeit ist die Fortschreibung der bisher herausgegebenen Empfehlungen zur Planung, zum Bau und zur Unterhaltung von Ufereinfassungen im See- und Hafenbau, in Binnenhäfen und an Wasserstraßen. Diese werden in einem Buch »Empfehlungen des Fachausschusses Ufereinfassungen (EAU)« aufgeführt, das regelmäßig überarbeitet wird. Dabei werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse, Erfahrungen aus der Praxis sowie geänderte Normen berücksichtigt und gegebenenfalls in weiteren Empfehlungen dokumentiert. Im kommenden November erscheint die 12. Auflage. Die Zusammensetzung des EAU-Ausschusses orientiert sich an dem vom Deutschen Institut für Normung (DIN) fixierten Grundsatz der angemessenen Vertretung aller interessierten Kreise beziehungsweise des vorhandenen Sachverstandes. © HTG HANSA – International Maritime Journal 07 | 2020 59
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