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HANSA 07-2020

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Schifffahrt | Shipping

Schifffahrt | Shipping Ohne sie geht nichts auf den Weltmeeren: Seeleute leiden in der Corona-Krise besonders © Wilhelmsen Shipmanager mit Reedern in einem Boot Die Schifffahrt sieht sich gut vorbereitet auf eine mögliche zweite Infektionswelle in der Corona-Krise. Shipmanager tun sich mit Reedern und Gewerkschaften zusammen und nehmen die Politik in die Pflicht Zentrales Projekt von Shipmanagern, Reedern, Wohlfahrtsorganisationen, maritimen Medizinern und Gewerkschaften ist mittlerweile die Arbeitsgruppe »Corona Welfare«. Sie geht auf Initiative des internationalen Reederverbands ICS zurück auf eine Vorgängerin, die im Anschluss an ein Kooperationsprojekt während des Taifuns »Haayaan« gegründet wurde. »Es war wichtig, die Ressourcen damals wie heute zu optimieren und wo immer möglich zusammenzuarbeiten«, heißt es seitens der Initiatoren. Kuba Szymanski, Generalsekretär des Shipmanager-Verbands Intermanager nennt die Kooperation der vorangegangenen Wochen »exzellent«: »Wir haben mit einer Stimme gesprochen, die Schiffe sind immer gefahren, wir waren gut vorbereitet.« Allerdings könne man einige Probleme nicht verschweigen, vor allem bei Besatzungswechseln, weil viele Länder ihre Grenzen und zum Teil vorübergehend die Häfen geschlossen hatten: »Wir brauchen Ein- und Ausreiseregelungen.« Man müsse zudem beachten, dass die Isolation an Bord und die fehlende Planungssicherheit auch zu mentalen Problemen führen könnten. Entsprechend sei noch mehr behördliche Unterstützung nötig, zum Beispiel auch in Bezug auf den »Papierkram« bei Hafenanläufen: »Wir könnten noch mehr digital machen, dann würde das Infektionsrisiko sinken«, meint Szymanski. »Jede Kleinigkeit zählt« Intermanager hatte sich schnell der ICS- Initiative mit wöchentlichen Beratungen angeschlossen. Anfangs ging es vor allem um Crew Change, doch habe man schnell erkannt, dass es eine komplexe Situation sei. So konnte man unter anderem ein »Pooling« der Ressourcen für Besatzungswechsel aufsetzen, dabei ging es nicht zuletzt um Charter-Flüge. Vor allem mit der EU und europäischen Häfen funkionierte der Austausch sehr gut. Kürzlich setzte der Intermanager-Verband das Portal »Maritime Champions League« auf. Man will damit ein realistisches Bild darüber ermöglichen, was bereits – mit oder ohne politische Hilfe – realisiert werden kann. »Es gibt große Anstrenungen und kleinere Anpassungen, aber jedes Detail hilft«, sagte Szymanski. Zu den Initiatoren der Arbeitsgruppe gehört Natalie Shaw von der ICS. »Es war schnell klar, das es anders ist als sonst«, sagt sie und verweist auf den Druck, den man auf Regierungen und Behörden ausgeübt hat. »Das hat ganz gut geklappt, aber es gibt noch einiges zu tun, vor allem mit Blick auf die medizinische Versorgung.« Es geht um die Koordination, wer was wie macht. Die ICS treibt die Entwicklung harmonisierter Prozesse voran, die IMO nahm die Thematik schnell an. »Das war extrem wichtig für uns Shipmanager, da es uns ermöglichte, den Schiffseignern ein international akzeptables Verfahren zur Verfügung zu stellen, um ihre Erlaubnis zum Wechsel der Besatzung zu erhalten«, so Szymanski. Bei der Arbeit mit internationalen Organisationen wie der IMO und der WHO drängen die Partner darauf, globale Protokolle und Richtlinien zu entwickeln, bislang sei das zu sehr national geregelt. »Jetzt ist die Politik an der Reihe« Die beizeiten geäußerte Kritik, die Schifffahrt sei nicht ausreichend auf Sonderfälle wie diesen vorbereitet, weist die Reeder- 16 HANSA – International Maritime Journal 07 | 2020

Schifffahrt | Shipping Vertreterin deutlich zurück: »Die Internationale Arbeitsorganisation ilo hat uns als die Industrie bezeichnet, die am schnellsten reagiert hat.« Man habe getan, was man konnte. »Jetzt ist die Politik an der Reihe, sie muss handeln, das wäre ein großer Schritt«, sagt Shaw. Gleichzeitig zeigt sie sich sehr zuversichtlich, was eine mögliche zweite Infektionswelle angeht: »Wir waren für die erste Welle vorbereitet und wir sind es auch für eine zweite!« Auch die »Internationale Organisation für Maritime Medizin« IMHA ist bei der Initiative mit an Bord. Deren Vertreter Robert Verbist zeigt sich »beeindruckt« von der Arbeit in der Gruppe, die Koordination mit Behörden und der Zugang zu Seeleuten sei lange nicht so gut gewesen. Schiffe als ein Haushalt Für ihn ein wichtiger Aspekt in der Debatte: »Oft werden Schiffe als Einfallstor für Krankheiten an Land betrachtet. Jetzt ist es andersherum: Wir betrachten ein Schiff mittlerweile wie einen Haushalt, der davor geschützt werden muss, das von der Landseite Krankheiten eingeschleppt werden.« Seeleute müssten wieder besseren Zugang zu Medizin bekommen, in Bezug auf das Corona-Virus aber vor allem auch für andere Krankheitsfälle. Verbist bemängelt, dass die aktuellen Regeln für die Pandemie nicht immer die spezifischen Bedingungen der Schifffahrt einbeziehen, »wir brauchen praktische Regelungen und helfen beim Aufbau von Richtlinien.« Roger Harris, Executive Director bei der internationalen Charity ISWAN berichtet ebenfalls von der guten Zusammenarbeit mit Reedern und Managern. Bei der hochfrequentierten Hotline »Seafarer- Help« hat sich die Zahl der Vorgänge seit Beginn der Corona- Krise auf 17.000 betroffene Seeleute mehr als verdreifacht. »Wir mussten einige Extra-Schichten schieben«, so Harris. Die meisten Fälle drehen sich um das Thema Rückführung. Die Berater sind für psychische Unterstützung und die Einschätzung des Selbstmordrisikos geschult und haben Seeleute unterstützt, die sich mit Stress und ängsten an die Hotline gewandt haben – »diese Art von Anrufen nimmt zu«, macht Harris deutlich, von Seeleuten und deren Familien. »Wir gehen davon aus, dass sie in den kommenden Wochen noch weiter zunehmen«, heißt es. In den letzten Wochen gab es allein mehr als 1.500 Anträge philippinischer Seeleute. In über 25% der Fälle geht es um finanzielle Unterstützung, dafür steht ein spendenfinanzierter ISWAN-Hilfsfonds parat. Sorge vor Havarien Auch wenn es großzügige Geldgeber gegeben habe, sei nun die Politik an der Reihe, meint Harris: »In den nächsten Monaten muss von den nationalen Regierungen mehr finanzielle Unterstützung für arbeitsunfähige Seeleute bereitgestellt werden. Zwar bemühen sich Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Unternehmen nach Kräften, doch das Ausmaß des Problems wird Interventionen der Regierungen erfordern, insbesondere in den Ländern, die Arbeitskräfte zur Verfügung stellen.« Fabrizio Barcelona von der Transportarbeitergewerkschaft itF macht deutlich, das die politische Umsetzung zeitnah erfolgen müsse, um Crew-Flüge zu erleichtern. »Was mich sehr besorgt ist das steigende Risiko von Schiffsunfällen, wenn die Situation zu mehr Müdigkeit (»Fatigue«) an Bord führt«, so der Gewerkschafter. Letztendlich werden es seiner Ansicht nach die branchenweiten Bemühungen, die den Unterschied für die Seeleute ausmachen, damit sie ihre Schlüsselrolle erfüllen können. Jason Zuidema, Generalsekretär der christlichen maritimen Seelsorge ICMA – unter dem Dach der Organisation arbeitet auch die Deutsche Seemannsmission – bezeichnet die Art der Partnerschaft als »sehr große Story in dieser Krise.« »Ein zentraler Wert unserer Organisation ist die Zusammenarbeit, daher freuen wir uns sehr über die von Regierungen, Industrie, Gewerkschaften und allen unseren Partnern gezeigte Teamarbeit.« »Mein Schiff 3« & »Ruby Princess« Die Versorgung der Seeleute sei deutlich erschwert, könne durch Gangway-Besuche halbwegs aufrechterhalten werden: »Dies sind kleine Dinge, aber sie tragen dazu bei, das Gefühl der sozialen Isolation zu verringern, das an Bord entstehen kann, wenn Seeleute keinen Landgang Intermanager-Generalsekretär Kuba Szymanski genießt hohes Ansehen in der Branche haben.« Allerdings stünde das nächste große Problem an, wenn die Seeleute nach Hause kommen, steht das nächste große Problem an: »Wann kann ich wieder an Bord und Geld verdienen?« ICMA-Vertreter kümmerten sich zuletzt auch um die Seeleute der »Ruby Princess« in Kembla und der »Mein Schiff 3« in Cuxhaven – die Fälle hatten in der Öffentlichkeit für einige Aufmerksamkeit gesorgt. Die Arbeitsgruppe ist nicht die erste Initiative der Branche in der Corona-Krise, allerdings eine sehr umfassende. Zuvor gab es etwa einige Kooperationsprojekte. Speziell die Shipmanager taten sich hervor, sei es durch eine von Columbia initiierte Solidaritätsbewegung zwischen den Wettbewerbern, um sich bei Notfällen oder Engpässen zu helfen, oder einem später gegründeten größeren Bündnis, dass mehr politische Unterstützung forderte (HANSA 05/2020).MM Abstract: Shipmanagers flock to experts The shipping industry considers itself well prepared for the Corona crisis and a possible second wave. Shipmanagers are joining forces with shipowners and trade unions and are taking the politicians to task. A working group has been reactivated to deal with concrete and practical details, but also to develop global standards. © Intermanager HANSA – International Maritime Journal 07 | 2020 17

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