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HANSA 07-2018

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Anlage zur AWZVO Nordsee

Anlage zur AWZVO Nordsee Grafik: Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Das Dilemma mit dem Hamburger Hafenschlick Rechtliche Voraussetzungen für eine Verbringung in die ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ). Von Ralf Hüting Ausgangslage Die Verbringung des im Hamburger Hafen und in der Hamburgischen Elbe ausgebaggerten, nicht belasteten Hafenschlicks stellt die Verantwortlichen – insbesondere die HPA – seit etlichen Jahren vor bisher ungelöste Fragen. Auch die unmittelbar betroffene Hafenwirtschaft drängt auf eine sichere und nachhaltige Lösung des Problems. Die bisher vorgenommenen Umlagerungen des Hafenschlicks innerhalb des Hamburgischen Staatsgebietes bei der Elbinsel Neßsand und in der Nordsee vor Helgoland im Bereich der Tonne E3 haben sich als nicht ausreichend erwiesen, dauerhaft ein den Ansprüchen der Hafennutzer genügendes Sediment-Management zu garantieren. Die Verbringung bei Neßsand ist als »Kreislaufbaggerei« Kritik ausgesetzt, die Umlagerung zur Tonne E3 ist aufgrund der notwendigen vertraglichen Vereinbarungen mit dem Land Schleswig-Holstein endlich. Lösungsansatz: Verbringung in AWZ Seit bereits vielen Jahren wird darüber nachgedacht, Hamburger Hafenschlick in die sog. ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) zu verbringen. Jetzt scheint mit der Umsetzung ernst gemacht zu werden. Aktuell bereitet die Freie und Hansestadt Hamburg einen Antrag zur Genehmigung der Verbringung von Baggergut in die ausschließliche Wirtschaftszone vor. Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat den Stand der Vorbereitungen in der Bürgerschaftsdrucksache 21/10140 (vom 29.08.2017) wie folgt zusammengefasst: »Der Genehmigungsprozess zur Verbringung von Schlick in die ausschließliche Wirtschaftszone wird drei Jahre dauern. Mit dem Schreiben vom 21. Februar 2017 durch die für Wirtschaft und Umwelt zuständigen Staatsräte wurden die zuständigen Ministerien über die Absicht Hamburgs informiert, ein Genehmigungsverfahren zu beginnen. Darüber hat die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation auch im Ausschuss für die Zu- 84 HANSA International Maritime Journal – 155. Jahrgang – 2018 – Nr. 7

sammenarbeit der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein am 3. März 2017 berichtet. Derzeit finden Abstimmungen mit den zuständigen Stellen zur Vorbereitung eines Genehmigungsantrags statt. Ein Auftaktgespräch mit dem für die Genehmigung formal zuständigen Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), dem Umweltbundesamt (UBA) und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat im Juli des Jahres 2017 stattgefunden, zudem sind die zuständigen Bundesministerien über das Vorhaben schriftlich informiert. Im September des Jahres 2017 erfolgt eine erste Erkundungsfahrt des infrage kommenden Gebietes unter Beteiligung der Bundesbehörden.« Soweit ersichtlich, gibt es europaweit noch keine Zulassung zur Verbringung von Baggergut in die AWZ. Der Hamburger Senat betritt somit rechtliches Neuland. 1. Beschreibung der AWZ Bevor nachfolgend auf die rechtlichen Voraussetzungen eingegangen wird, die die Freie und Hansestadt Hamburg zur Erlangung einer solchen Genehmigung erfüllen muss, soll kurz dargestellt werden, um was es sich bei der ausschließlichen Wirtschaftszone handelt. Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1982 ist die Grundlage des internationalen Seerechts und regelt insbesondere die Befugnisse der Küstenstaaten. Hierbei werden verschiedene Hoheitszonen für die Ausübung staatlicher Befugnisse festgelegt. In einem Bereich von 12 sm ab der Basislinie der Küste liegt das sogenannte Küstenmeer, welches vollständiges Hoheitsgebiet des Staates ist. An diese 12 sm breite Zone schließt sich theoretisch die ebenfalls 12 sm breite Anschlusszone an, von deren Einrichtung die Bundesrepublik Deutschland jedoch abgesehen hat. Somit folgt für die Bundesrepublik Deutschland unmittelbar nach dem 12 sm breiten Küstengewässer die bis zu 200 sm breite ausschließliche Wirtschaftszone. In dieser Zone dürfen die Staaten bestimmte Hoheitsrechte und souveräne Rechte ausüben, insbesondere Regelungen zur Fischerei, zur Nutzung des Meeresbodens, zur Erforschung und wirtschaftlichen Nutzung, sowie zur Stromgewinnung mittels Offshore-Windparks oder Bohrinseln erlassen. Für die Bundesrepublik Deutschland bemisst sich die ausschließliche Wirtschaftszone wie folgt (Abb. 1): Die gestrichelten Bereiche (Abb. 1) stellen die ausschließliche Wirtschaftszone mit dem sog. Entenschnabel im nordwestlichen Bereich dar. Der Bereich zwischen der AWZ und der Küste beschreibt das Küstenmeer als Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (Abb. 1). Im Bereich westlich Helgolands, der nicht schraffiert ist, liegt die sog. Tiefwasserreede, bei der die Bundesrepublik Deutschland nach einer Sonderregelung im Seerechtsübereinkommen einen Teil der ausschließlichen Wirtschaftszone zu Küstengewässern »umgewandelt« hat. In diesem Bereich gelten die normalen Hoheitsrechte des Küstengewässers. 2. Anwendbare Vorschriften bei Verbringung von Baggergut in die AWZ Es stellt sich die Frage, welche rechtlichen Vorschriften bei einer Verbringung von Hafenschlick in die AWZ zu beachten sind. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einbringung von Stoffen innerhalb der AWZ finden sich sowohl im Völkerrecht, als auch im Recht der Europäischen Union wie im nationalen Recht. Die wichtigsten Regelungen aus dem Völkerrecht und der Europäischen Union wurden – weit überwiegend – in das nationale Recht umgesetzt. a) Völkerrechtliche Vorgaben Die wesentlichen völkerrechtlichen Regelungen für die Einbringung von Baggergut sind das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1982, die Londoner Antidumping-Konvention mit Zusatzprotokollen zur Verhinderung der Einbringung von Stoffen sowie speziell für die Nordsee das Oslo-Paris-Abkommen (OSPAR) für den Nordatlantik und die Nordsee. Diese völkerrechtlichen Verträge erzeugen zunächst keine unmittelbaren Verpflichtungen für den einzelnen Anwender, sondern sind von den jeweiligen Vertragsstaaten in das nationale Recht umzusetzen. Das Seerechtsübereinkommen enthält in Art. 210 zwar Regelungen zur Verschmutzung des Meeres durch Einbringung von Stoffen, verbietet aber die Einbringung nicht grundsätzlich, sondern fordert nach Art. 210 Abs. 5 dafür eine Genehmigungspflicht. Die wichtigste völkerrechtliche Regelung zum Schutz der Meere vor der Einbringung von Stoffen oder Gegenständen ist die Londoner Antidumping-Konvention vom 13.11.1972 mit ihrem Zusatzprotokoll von 1996. Die Bundesrepublik Deutschland ist ebenso wie alle Nordseeanrainerstaaten Mitglied der Konvention und des Zusatzprotokolls. Während die Londoner Antidumping- Konvention von 1972 noch kein grundsätzliches Verbot der Einbringung von Stoffen vorsah, wurde ein solches Verbot durch das Zusatzprotokoll von 1996 eingeführt. Es ist den Mitgliedsstaaten aber erlaubt, für die im Anhang 1 zum Zusatzprotokoll genannten Stoffe ausnahmsweise eine Einbringung zuzulassen. Zu diesen Stoffen gehört auch Baggergut. Die Einbringung ist jedoch nach Art. 4 1.2 des Protokolls nur zulässig, wenn vorher ein Genehmigungsverfahren durchgeführt wird, bei welchem auch umweltfreundliche Alternativen zu der Einbringung geprüft werden müssen. Eine solche Alternative könnte beispielsweise eine Beseitigung von Baggergut an Land darstellen. Die weiteren Anforderungen an die Erlaubnis zur Einbringung von Baggergut sind im Anhang 2 zum Protokoll aufgelistet. Zusätzlich wurden umfassende Richtlinien zum Londoner Protokoll erlassen, welche bei der Einbringung von Baggergut zu beachten sind. Die jüngste Richtlinie »Dredged Material Assessment Framework (DMAF)« stammt aus dem Jahr 2013. Die Londoner Antidumping-Konvention beinhaltet keine Schadstoffgrenzwerte für Baggergut, beschreibt aber Verfahren zur Bewertung und den daraus resultierenden Umgang mit dem Baggergut. Darüber hinaus werden Vorgaben zur Auswahl des Verbringungsortes gemacht, welche bei der Zulassung zu berücksichtigen sind. Dabei sollen auch wirtschaftliche Gesichtspunkte Bedeutung finden. Zudem wird eine Auswirkungsprognose der Verbringung gefordert und weitere Vorgaben gemacht, die bei der Erteilung von Erlaubnissen zur Verbringung zu beachten sind. Eine Umsetzung der Vorgaben der Londoner Antidumping-Konvention ins nationale Recht erfolgte u.a. durch das Gesetz über das Verbot der Einbringung von Abfällen und anderen Stoffen und Gegenständen in die Hohe See (Hohe- See-Einbringung-Gesetz). Neben dem weltweit geltenden Londoner Abkommen besteht noch das bereits erwähnte Oslo-Paris-Abkommen zum Schutz des Nordostatlantiks und der Nordsee (OSPAR), das am 23.08.1994 in HANSA International Maritime Journal – 155. Jahrgang – 2018 – Nr. 7 85

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