SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY »Man kann das Messeerlebnis nicht ersetzen« Claus Ulrich Selbach ist als Geschäftsbereichsleiter der Hamburg Messe und Kongress (HMC) seit zehn Jahren für die SMM zuständig. Im HANSA PODCAST spricht er über die Highlights und Neuigkeiten, seine Erwartungen und einen überaus engen Zeitplan. Von Krischan Förster Die SMM naht, und wie es heißt, ist sie komplett ausgebucht. Geht denn wirklich gar nichts mehr? Claus Ulrich Selbach: Wir haben vielleicht noch einige Restplätze. Wir sind so gut wie ausgebucht – was uns natürlich sehr freut – dass wir jetzt eine zusätzliche temporäre Halle bauen. Sie rechnen, so war es zu lesen, mit rund 2.000 Ausstellern aus 70 Ländern – ein bisschen weniger als 2018, oder täuscht der Eindruck? Selbach: Also, 2018 hatten wir noch die Halle A 5. Diese gibt es jetzt nicht mehr, weil temporäre Hallen wahnsinnig viel Geld kosten. Aber ich kann sagen: Wir werden auch in diesem Jahr wieder ein voll ausgebuchtes Messegelände haben. Gerade die beiden letzten SMM-Auflagen hatten darunter gelitten, dass viele Aussteller aus Asien aufgrund von Corona weggeblieben sind. Wie sieht es dieses Mal aus? Selbach: Wir haben einen absoluten Ansturm aus China, wir könnten allein für chinesische Unternehmen noch eine weitere Halle dazunehmen. Gegenüber der letzten wirklich großen Messe im Jahr 2018 sprechen wir von einem Zuwachs von fast 40 %. Wir haben aber auch viele neue Aussteller aus Indien oder auch aus der Türkei, aus Griechenland oder aus Spanien, um nur ein paar zu nennen. Und wir haben sechs neue Länder dazugewonnen – Hong Kong, Ägypten, Katar, Monaco, Neuseeland und Island. Die Seemacht Monaco kommt … Selbach: Die Seemacht Monaco, genau. Das sind dann aber wohl eher Finanziers und nicht Hersteller oder Zulieferer. Claus Ulrich Selbach als Podcast-Gast in der Redaktion der HANSA Was glauben Sie, warum hat eine Messe wie die SMM diese Strahlkraft, selbst in Zeiten, in denen die Menschen immer mehr digital kommunizieren? Selbach: Wir hatten in der Tat während der Pandemie ein bisschen Muffensausen als Messegesellschaft, ob unser Geschäftsmodell überleben wird. Auch deshalb haben wir digital experimentiert. Jetzt zeigt sich aber, dass das persönliche Treffen auf einer Messe für Aussteller und Besucher wichtig geblieben ist und ihnen einen Mehrwert bringt. Man kann ein Messeerlebnis eben doch nicht durch ein digitales Format ersetzen. Die Leute wollen sich sehen, sie wollen miteinander sprechen, sie wollen Kontakte auffrischen oder neue schließen. Ich zitiere da immer wieder gern einen unserer Aussteller, der sagt, vier Tage SMM ersparen ihm vier Monate an Dienstreisen. Wir haben aber als Messe auch gelernt, dass wir weiter »eventisieren« müssen, also noch mehr Networking ermöglichen müssen. Was genau meinen Sie mit Eventisierung? Selbach: Wir haben dieses Mal die meisten Bezahlkonferenzen aus dem Konferenzraum Chicago rausgezogen. Jetzt finden sie kostenlos mitten in den Hallen auf den »Open Stages« statt. An allen vier Bühnen finden an drei Abenden ab 17:00 Uhr die »Wine o’ clocks« statt. Wir haben die Öffnungszeiten verlängert, das soll den Ausstellern mehr Besucher zu ihren Standpartys bringen. Also die SMM bleibt die SMM, nur etwas moderner verpackt? Selbach: Ja. Wir bieten inzwischen viel mehr kostenlosen Content zu den aktuellen Trends unserer Zeit an und schaffen gleichzeitig den nötigen Raum fürs Networking, aber auch für mehr Spaß. Nehmen Sie uns doch mal mit auf einen Rundgang über die kommende SMM. Welche Highlights sind zu erwarten? Selbach: Was man erwarten kann, ist die Darstellung der kompletten Wertschöpfungskette im Schiffbau. Egal, um welchen Schiffstyp es geht oder um welche Technologien, man wird alles auf der SMM finden. Wir bieten wieder verschiedene Themenrouten an, einen Bereich für Startups, einen für KI. Daneben zieht sich natürlich die anstehende Dekarbonisierung der Schifffahrt als Thema durch alle Messehallen. Und aus traurigem Anlass hat der Bereich »Defence« plötzlich eine ganz andere Bedeutung bekommen, auch das berücksichtigen wir mit unserer MS&D-Konferenz zusammen mit einem neuen Partner. Und der drohende Fachkräftemangel ist ebenso ein riesiges Thema für die Industrie, deshalb haben wir © Meyer 22 HANSA – International Maritime Journal 06 | 2024
SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY unsere Recruiting Days um einen Tag verlängert. Wenn Sie sagen, der Bereich Defence gewinnt an Bedeutung, wird die Messe dann politischer? Selbach: Wir haben schon vor einem Jahr entschieden, das Thema größer zu spielen und einen Beirat nur für diesen Aspekt gegründet. Die geopolitischen Realitäten rücken dieses Thema einfach stärker in den Vordergrund. Wir haben dafür jetzt mit dem Deutschen Maritimen Institut (DMI) einen neuen Partner für die MS&D Conference gefunden. Dazu kommt als Medienpartner der Mittler- Report-Verlag, der ja wie die HANSA zur Tamm Media-Gruppe gehört. Wir präsentieren keine Waffensysteme, aber es wird viele Dual-Use-Anbieter und auch einige Startup-Pitches aus dem Bereich Security und Defence geben. Mit Startups hatten sie ja schon bei den vorherigen Auflagen begonnen. KI ist nicht nur in der maritimen Welt, sondern auch in der gesamtgesellschaftlichen Betrachtung ein ganz großes Thema. Das besetzen sie vermutlich auch, oder? Selbach: Aber hallo. Wir werden ein AI Center auf der SMM und zwei Wochen später auch auf der WindEnergy Hamburg haben und sind dafür erstmals eine Kooperation mit dem AI Center Hamburg eingegangen. Also, wer was über AI erfahren möchte und wie man es einsetzen kann für seine Reederei, für seine Werft oder seinen Zulieferbetrieb, der ist auf der SMM gut aufgehoben. Was haben Sie sich in den ersten Septembertagen sonst noch vorgenommen? Selbach: Für mich sind das »Five Days of Fame«, an den ich einen unserer VIP- Shuttles nutzen darf und durch Hamburg gefahren werde. Ich komme mir dann immer vor wie King Louis und besuche verschiedene Abendveranstaltungen, zu denen ich eingeladen bin. Und ich freue mich auf die verschiedenen Veranstaltungen unserer zahlreichen Partner. Wir selbst werden auch einen Maritimen Welcome Abend im Internationalen Maritimen Museum Hamburg für ausgewählte Aussteller und Besuchende ausrichten. Wenn überhaupt, gibt’s abends noch ein bisschen Platz im Kalender. Die SMM ist eine wichtige Messe für die Hamburg Messe und Congress. In der Regel landet die Messegesellschaft aber in einem Defizit, das von der Stadt ausgeglichen werden muss. Wie groß ist also der Druck, dass die SMM mit einem möglichst guten Ergebnis zur Jahresbilanz beiträgt? Selbach: Der ist groß. Wir sind in einem geraden Jahr mit der SMM und Wind- Energy Hamburg stark aufgestellt und dann auch profitabel. Es sind die ungeraden Jahre, die zu einem Defizit führen. Wir sind gefordert, zu einer schwarzen Null über zwei Jahre beizutragen und sind dabei gut auf Kurs. Sie haben sich innerhalb Ihres Geschäftsbereichs neu organisiert, die Projektleitung für die maritimen Messen haben sie an Christoph Lücke abgegeben. Sie selbst wollen sich künftig mehr um die Strategie und die Projektentwicklung kümmern. Was heißt das genau? Selbach: Zum einen haben wir die Abteilungsstruktur innerhalb der Business Unit, die es vorher für die maritimen Messen und die WindEnergy gab, aufgelöst und somit flache Hierarchien geschaffen. Die Doppelbelastung eines operativen Projektleiters für die SMM und als Geschäftsbereichsleiter für alle anderen Messen wäre zu viel geworden. Wenn wir weiter wachsen wollen, und das wollen wir, brauche ich einfach mehr Beinfreiheit für das Netzwerken und das strategische Arbeiten. Ich bleibe weiter auch operativ tätig, bin aber sehr dankbar dafür, dass wir aus dem Team heraus zwei Kollegen befördern konnten, die sich als Director um die WindEnergy Hamburg bzw. die maritimen Messen kümmern werden. Das komplette Gespräch mit Claus Ulrich Selbach hören Sie in der aktuellen Folge unseres HANSA PODCAST Dein Partner für Bunker-Service Betriebs- und Schmierstoffe für den sicheren Betrieb Deiner Flotte. Infos unter: Tel. +49 40 53798470 hoyer-marine.de HANSA – International Maritime Journal 06 | 2024 23
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