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HANSA 06-2021

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HÄFEN | PORTS

HÄFEN | PORTS Containerlagerung voll automatisiert Stellplatzkapazität und Ausbaumöglichkeiten vieler Terminals sind begrenzt, moderne Großschiffe erhöhen den Druck. Das vollautomatische Hochregallagersystem Boxbay soll diese und weitere Probleme lösen. Die Pilotanlage liefert vielversprechende Ergebnisse Während weltweit der Warenverkehr über See zunimmt, verlangen moderne Containerschiffe mit 24.000 TEU Kapazität und mehr nach immer effizienteren Umschlagprozessen. Zwar können Containerbrücken heute deutlich schneller arbeiten, doch das Nadelöhr ist häufig das Lagersystem dahinter. Zurzeit werden Boxen in den Häfen bis zu sechs Einheiten hoch gestapelt. Geht man höher, wird diese Methode ineffizient, weil in einem solchen Stapel fast immer mehrere Container umgestapelt werden müssen, um Zugriff auf die gewünschte Box zu bekommen. Um das System an die Herausforderungen anzupassen, hat der deutsche Maschinen- und Anlagenbauer SMS group mit dem Hafenbetreiber DP World aus Dubai das Joint-Venture »Boxbay« gegründet und über die Tochter Amova das erste, gleichnamige Container-Hochregallager (HBS) entwickelt. Die Pilotanlage wurde 2020 im Hafen von Jebel Ali errichtet. Seither laufen die Tests im Umschlagbetrieb, mittlerweile sind rund 35.000 Moves erreicht. Das komplett digitalisierte und automatisierte elfstöckige HBS für 20-, 40- und 45-Fuß-Container bietet direkten Zugriff auf jede Box. Im Vergleich zu konventionellen Lösungen mit RTG-Kranen wird mit Boxbay die Lagerkapazität um mehr als das Dreifache und die Umschlaggeschwindigkeit am Kai um mehr als 200 % gesteigert. Das System benötigt im Vergleich zu RTG-Lösungen weniger als ein Drittel der Grundfläche, um die gleiche Menge an Containern zu lagern. Der Nachteil, bei herkömmlicher Stapelweise keinen direkten Zugriff auf einen bestimmten Container zu haben, entfällt in einem Hochregallager. Auch deshalb kann in die Höhe gebaut werden. Damit hat das System nach Angaben von Boxbay-CEO Mathias Dobner eine um 20 % verbesserte Performance. »Die Gründe hängen mit damit zusammen, dass Boxbay den direkten Zugang zu je- Rund 35.000 Container-Moves hat die Pilotanlage in Dubai bisher erfolgreich absolviert 76 HANSA – International Maritime Journal 06 | 2021

HÄFEN | PORTS dem Container garantiert und daher keine ungeplanten Shuffle Moves die Zeitplanung und damit das Zusammenspiel von Lager, Transportsystem und Containerbrücke durcheinanderbringen. Das gesamte Reaktionsverhalten des Lagers wird dynamischer und planbarer.« Abstract: Fully automated container storage Storage capacity and expansion capabilities of many container terminals and yards are limited, while modern mega vessels are increasing the pressure to operate even more efficiently. The fully automated high bay storage system Boxbay by German SMS group and terminal group DP World is in position to meet these challenges. Regalbediengeräte und Tracking In den Zwischengängen transportieren automatische Regalbediengeräte (RBG) die Container, lagern sie ein oder entnehmen sie. Das Handling erfolgt analog der heute üblichen Praxis mit der aus der Containerkrantechnik stammenden Twistlock-Technologie, wobei die aus den dort eingesetzten Spreadern bewährten Komponenten zum Einsatz kommen. Während des Verfahrens im Gang wird der Container bereits auf die Ebene seines Regalfachs gehoben. Die RBG sind mit Teleskoparmen ausgestattet, die beidseitig ein- und ausfahren können. So können die Boxen © Boxbay von einem RBG auf beiden Seiten des Hochregallagers ein- und ausgelagert werden. Unter dem eigentlichen Lager befindet sich ein umlaufendes Transportsystem auf Schienen, das in Unterflur-Bauweise ausgeführt wird. Die Regalbediengeräte können die aus dem Lagergerüst entnommen Container in das Untergeschoss durchreichen und die dort umlaufenden Palettenwagen mit den Containern beladen und umgekehrt. Mit dem Palettentransportsystem können die Container zu der landseitigen Lkw-Übergabestation gefahren oder umgekehrt die vom Binnenland ankommenden Exportcontainer in das Seehafenlager geschleust werden. Die digitale Basis von Boxbay bildet das Coil-Tracking-System von Amova, das hier für Container angewendet wird. Das System weiß jederzeit, an welcher Stelle im Hochregallager oder an welcher Stelle im Umlauf sich jede einzelne Box befindet. Manuelle Eingriffe in die vollautomatischen Logistikprozesse seien in der Regel nicht notwendig, sagt Volker Brück, Direktor Business Developement bei Amova. Durch Fotovoltaik-Anlagen auf dem Dach kann die Anlage in Jebel Ali die benötigte Energie tagsüber selbst erzeugen. Hinzu kommt, dass bei den Absenkbewegungen der Regalbediengeräte die Energie durch Rekuperation zurückgewonnen wird. »Da alle HBS Systeme ausschließlich elektrisch betrieben werden, sind wir in jedem Fall frei von eigenen CO 2 -Emmissionen. Das einspeisende Stromversorgungsnetz bestimmt dann durch den Anteil von Öko-Strom, in wie weit die Anlage gegebenenfalls vollständig CO 2 frei ist, sagt Dobner. Als vollautomatisches System braucht die Anlage zudem im Betrieb rund um die Uhr keine Beleuchtung Boxbay hat nach Angaben der SMS group den gleichen Bedarf an Personal wie die derzeit gängigen modernen automatischen Lagersysteme für Container. »Die Investitionskosten liegen in einem angemessenen Bereich im Vergleich zu den heute üblichen ASC-Terminals, die oft auch mit vollautomatischen Containertransportern (AGV) oder Van Carriern (VC) betrieben werden. Die Betriebskosten liegen deutlich darunter, vor allem, weil keine unproduktiven Betriebsstunden gefahren werden müssen, da keine Shuffle-Moves erforderlich sind. Dadurch reduzieren sich die operativen Betriebsstunden »erheblich«, heißt es. Bestimmt werden die Investitionskosten von der Größe der Anlage, der gewünschten Stellplatzkapazität und Leistung – bestimmt durch die Anzahl der Lagergassen und RBG pro Gasse. Weitere Faktoren sind die Anzahl der Kühlcontainerstellplätze, die Bodenverhältnisse und die entsprechenden Gründungs- und Tiefbauarbeiten für ein 50–60 m hohes Hochregallagergebäude und das Transportmittel, mit dem die Container zum und vom Hochregallager gebracht werden. Lösung bei Platzknappheit Boxbay sei ein modulares System, das auch schrittweise erweitert werden könne und sich daher besonders für Brownfield-Projekte als Nachrüstung eigne. Chancen im Markt sieht CEO Dobner vor allem dort, wo der Platz knapp ist. Ähnlich wie bei Anwendungen in Industrie, Handel oder der Logistik, seien Hochregallagersysteme vor allem dann wirtschaftlich einsetzbar, wenn die Kosten für Erweiterungsflächen sehr hoch oder zusätzliche Flächen aus diversen Gründen nicht mehr vorhanden seien. »Diese Situation ist in vielen Häfen anzutreffen. In Häfen, dagegen, bei denen die weitere Ausbreitung der Betriebsfläche kein wirtschaftliches Problem darstellt oder genügend freie Fläche kostengünstig zu Verfügung steht, wird der Wirtschaftlichkeitsnachweis für ein HBS schwierig werden«, sagt er. »Wir bekommen derzeit viele Anfragen aus der ganzen Welt und das nicht nur von Seehäfen. Jetzt gilt es alle Leistungsdaten der Anlage zu bestätigen. Wir sind sehr stolz über die Aktuelle Situation mit derzeit 35.000 Bewegungen in der Anlage. Alle vorgegeben Werte wurden bis jetzt erfolgreich erreicht«, so der CEO. fs HANSA – International Maritime Journal 06 | 2021 77

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