SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY Werften fordern fairen Wettbewerb Nicht nur die Corona-Pandemie setzt der deutschen Schiffbauindustrie stark zu. Auch die hohen Subventionen in Asien wirken sich weiterhin wettbewerbsverzerrend auf den Markt aus – so der Tenor der diesjährigen VSM-Jahrespressekonferenz. Von Anna Wroblewski © VSM Die Lage ist ernst«, sagte VSM-Präsident Harald Fassmer in seiner Begrüßung anlässlich der jährlichen Pressekonferenz des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Schon vor der Pandemie sei die wirtschaftliche Situation, unter anderem aufgrund der Wettbewerbsverzerrungen durch asiatische Länder, für viele Werfbetriebe schwierig gewesen. Das betraf insbesondere Teilsegmente wie den Fährschiffbau. Mit Corona ist dann mit dem Kreuzfahrtschiffbau der umsatzstärkste Absatzmarkt komplett weggebrochen. Betroffen von der aktuellen Situation seien aber nicht nur die Werften, sondern die gesamte Wertschöpfungskette mit rund 2.800 Unternehmen und rund 200.000 Beschäftigen. Abhängig von Kreuzfahrtsegment Die Corona-Pandemie habe die hohe Abhängigkeit des zivilen Schiffbaus in Deutschland vom Kreuzfahrtsegment sichtbar gemacht. Das werde jetzt mit dem Ausbleiben von Aufträgen für diesen Bereich deutlich. Mit den massiven Wettbewerbsverzerrungen, die im Zuge der jahrelangen globalen Nachfrage - schwäche nach Frachtschiffen noch einmal verstärkt auftraten, hatten deutsche Einbruch der Auftragseingänge © VSM »Als deutscher Mittelständler können Sie gegen strategisches Handeln des chinesischen Staates nicht ankommen« Harald Fassmer Mittelständler keine Chance. »Wir sind alle Unternehmer und verlassen uns am liebsten auf unsere eigenen Stärken und unsere Fähigkeit, sich im fairen Wettbewerb durchsetzen zu können. Leider spielen staatlich festgelegte Rahmenbedingungen im Schiffbau eine zentrale Rolle. Als deutscher Mittelständler können Sie gegen strategisches Handeln des chinesischen Staates nicht ankom - men«, so Harald Fassmer. Darum brauche die Industrie eine aktive Unterstützung durch die Politik. Mit den bisherigen Rahmenbedingungen drohe sonst der irreversible Verlust essenzieller Schiffbaufähigkeiten Chinas Auftragsbuch wächst Und auch VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken betonte noch einmal, wie schwierig die Lage bereits vor der Corona gewesen ist: »Der Weltschiffbau hatte schon vor der Pandemie eine Reihe schwache Jahre hinter sich«. Die Produktion habe in den letzten zehn Jahren um rund 40 % abgenommen. Die letzten vier Jahre vor Corona seien insbesondere durch den Fähr- und Passagierschiffbau geprägt gewesen. Dieses Segment brach nun weg. Wie gravierend dieser Auftragseinbruch war, verdeutlichte Lüken anhand von Zahlen. In der EU, in Norwegen und Großbritannien seien die Aufträge von 2019 auf 2020 um rund 64 % eingebrochen. Gleichzeitig konnte China ein Plus von 15 % für sich verbuchen. Das habe das Land seiner nationalen Strategie zu verdanken. In diesem Zusammenhang wies Lüken darauf hin, dass die chinesischen Werften nicht nur beim zivilen Schiffbau immer stärker werden, sondern auch im Bereich des Marineschiffbaus. Somit wird auch in diesem Teilsegment die Konkurrenz für europäische und deutsche Werften immer größer. Der stellvertretende VSM-Präsident und Geschäftsführer der Meyer Werft, Bernard Meyer, äußerte sich ähnlich: »Mittlerweile geht es um mehr als um die Überbrückung fehlender Nachfrage infolge der Corona-Krise.« Der europäische Schiffbau verliere seit Jahrzehnten Marktanteile, weil vor allem in Asien mit massiven Subventionen ein Verdrängungswettbewerb praktiziert werde und Europa nichts dagegen unternehme. »Deshalb geht es inzwischen um die Frage, ob in Deutschland und Europa in zehn Jahren überhaupt noch eine zivile 44 HANSA – International Maritime Journal 06 | 2021
SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY © Meyer Werft © VSM »Inzwischen geht es um die Frage, ob in Deutschland und Europa in zehn Jahren überhaupt noch ziviler Schiffbau bestehen kann« Bernard Meyer Schiffbauindustrie bestehen kann.« Möglichkeiten, wie deutsche und europäische Werften gestärkt werden könnten, sieht Meyer einerseits in der Entwicklung technologisch starker, umweltfreund - licher Produkte. Andererseits betonte der Werftchef, dass Europa eine sehr lange Küstenlinie und einen großen Binnenmarkt habe. Hier müssten Möglichkeiten geschaffen werden, an diesem Markt partizipieren zu können. Entwicklung des Schiffbaus in Deutschland seit 2008 einen großen Nachholbedarf bei der deutschen Marine und die deutschen Marineschiffbauer genössen zudem weltweit hohe Reputation. »Mittelfristig befürchten wir allerdings auch hier Auswirkungen durch die Pandemie, weil die überall auf der Welt im Zuge der Krisenbewältigung zunehmende Staatsverschuldung die öffentlichen Investitionsspielräume einschränken wird. Davon könnten die notwendigen Beschaffungsvorhaben der Deutschen Marine ebenso betroffen sein, wie die für uns bedeutende und kapazitätssichernde Exportnachfrage.« Sollten die Dekaden der Wettbewerbsverzerrungen ohne konsequente Reaktion auf nationaler und europäischer Ebene ihre Fortsetzung finden, könnte sich der Substanzverlust in dieser Industrie in den kommenden Jahren als irreversibel erweisen, ist sich der Verband sicher. »Die EU ist der größte maritimen Binnenmarkt der Welt. Die Geografie unseres Kontinents sorgt für eine Fülle und Vielfalt an wirtschaftlichen Aktivitäten auf und unter dem Wasser. Darum haben wir es in Europa selbst in der Hand, unser gesamtes maritimes Fähigkeitsspektrum für Wachstum und Nachhaltigkeit optimal einzusetzen.« Aber dafür werde ein grundlegender Umbau der Rahmenbe dingungen für den europäischen Schiffbau nötig, um endlich ein Level Playing Field, also faire Marktund Wettbewerbsbedingungen zu schaffen«, benennt Lüken die Forderung an die Politik. Beschaffungsvorhaben gefährdet? Die Situation im Marineschiffbau ist nach Aussage von Friedrich Lürssen, VSM-Präsidiumsmitglied und Gesellschafter der Unternehmensgruppe Lürssen, aktuell noch deutlich besser. Es gebe Abstract: Against predatory competition It is not only the Corona pandemic that is taking its toll on the German shipbuilding industry. The high subsidies in Asia also continue to distort competition in the market – this was the tenor of the German Shipbuilding and Ocean Industries Association (VSM) annual press conference. Unterstützung durch den Bundestag Das Problem der Wettbewerbsverzerrung durch asiatische Schiffbauländer ist mittlerweile im Bundestag angekommen. So heißt es in dem Antrag »Klarer Kurs für die Zukunft der maritimen Wirtschaft« der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 4. Mai: »Der Deutsche Bundestag stelle fest, dass der internationale Wettbewerb sich immer asymmetrischer gestalte. Um weiter konkurrenzfähig zu bleiben und die Marktstellung zu halten, müssten die Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb geschaffen werden. Hier müsse sich Deutschland innerhalb der Europäischen Union klar positionieren. Nur gemeinsam mit der Europäischen Union und konkreten Maßnahmen gegen die Wettbewerbsverzerrung auf internationaler Ebene kann es gelingen, die maritime Wirtschaft zu schützen und auf die zukünftigen wirtschaftlichen, klima- und umweltpolitischen Herausforderungen auszurichten … … Der Deutsche Bundestag begrüße die Erkenntnis der Europäischen Kommission in ihrem Weißbuch, dass Europa China in der Vergangenheit einseitige Wettbewerbsvorteile, insbesondere auch im maritimen Bereich verschafft hat … … Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel, in der EU eine deutliche Antwort Europas auf die staatlichen asiatischen Wettbewerbsverzerrungen einzufordern.« HANSA – International Maritime Journal 06 | 2021 45
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