Schiffstechnik | Ship Technology Die Rotbuche im Einsatz für Tankstützlager Bei der Entwicklung neuer Technologien kommt viel zusammen, bis aus einer Idee eine Lösung entsteht. Nicht selten spielen da Produkte eine Rolle, die ursprünglich für andere Zwecke entwickelt wurden. Die Röchling Engineering Plastics in Haren liefert beim Handling von LNG ein besonders Beispiel. Von Hermann Garrelmann Fotos: Röchling Engineering Plastics Weltweit sind Hunderte LPG- und LNG- Tanker unterwegs, um verflüssigtes Erdgas zwischen den Aufbereitungsstellen und den Verwendungsorten zu transportieren. Diverse Bunkerstationen, die sowohl Schiffe als auch Landfahrzeuge mit dem emissionsarmen Treibstoff versorgen, werden derzeit geplant oder gebaut. Ein entscheidender Aspekt ist dabei die Sicherheit im Handling, sowohl bei der Lagerung als auch bei den erforderlichen Transportleitungen und Umschlaganlagen. Dabei spielen einige Attribute eine entscheidende Rolle: Wer mit LNG umgeht, muss sich auf besonders tiefe Temperaturen einstellen. Um das Erdgas in verflüssigter Form und mit einer Volumenreduktion von 600:1 transportieren zu können, sind -162 ° nötig. Schiffe, die LNG als Ladung transportieren, benötigen dafür speziell isolierte Tanks. Hier kommen die Röchling-Ingenieure ins Spiel: Für die Lagerung der Tanks und deren Verbindung mit dem Schiffskörper haben sie eine besondere Lösung entwickelt. Basis für die Entwicklung der Tankstützlager ist ein Werkstoff, der aus den Gründerzeiten des Harener Unternehmens im Jahre 1916 stammt und als deren erstes Produkt angesehen werden kann: Lig nostone. Diesen Werkstoff haben die Entwickler bei Röchling auf die Anforderungen beim LNG-Einsatz weiterentwickelt. Der Wortkern verrät bereits, dass Holz dabei eine besondere Rolle spielt. Für die Herstellung von Lignostone wird Rotbuchenholzfurnier verwendet. Diese 2,5 mm dicken Furniere werden mit einem hochwarmfesten Phenolharz beschichtet, getrocknet, übereinander geschichtet und anschließend auf einer Presse unter Einwirkung von Druck und Wärme verdichtet sowie zu einer Platte miteinander verbunden. Das Ergebnis: Lignostone, ein Material mit universellen Eigenschaften. Um die Anforderungen für den Einsatz als Tankstützlager zu erfüllen, wird für Lignostone cryogenic das Holz je nach Tanktyp entweder nur oberflächenbeleimt oder vakuumimprägniert. Bei der Imprägnierung werden die Kapillaren vollständig mit einem speziellen Kunstharz aufgefüllt. Unter hohem Druck werden die Furniere auf der größten Pressanlage der Welt zu einer homogenen Einheit verbunden. Die sandwichartig aufgebauten Platten werden anschließend mit kalt härtenden Klebern flächig fest verbunden. Das ergibt eine hohe Druck- und Scherfestigkeit, verbunden mit hoher Abriebfestigkeit und zugleich guten Gleiteigenschaften. Das ist wichtig, um den Tanks, die auf den entsprechenden Lagerblöcken aufliegen, maximalen Halt aber gleichzeitig auch die nötige Beweglichkeit zu verleihen. Zudem sichern die Tankstützlager die geforderte Temperaturamplitude ab und verhalten sich elektrisch isolierend. Entwickelt haben die Röchling-Experten diesen modifizierten Werkstoff hausintern, die nötigen Tests im Tieftemperaturbereich wurden in Zusammenarbeit mit der Hochschule Osnabrück durchgeführt. Alle namhaften Zertifizierer gaben den Röchling-Produkten ihre Zulassung. Die Tankstützlager für Gas Carrier sind beispielsweise 1600 x 1200 x 900 mm groß. Aber die Anlagen von Röchling lassen, falls notwendig, auch größere Abmessungen zu. Supports für Kraftstoffanks sind gewöhnlich kleiner und haben auch ein anders Design. Sie werden exakt auf den Schiffsentwurf abgestimmt. Die Bearbeitung der Konturen erfolgt hausintern auf CNC-gestützten 5-Achsen-Fräsanlagen. Falls vom Kunden gewünscht werden auch spezielle Coatings aufgetragen. Mit derartigen Produkten hat Röchling in den vergangenen Jahren bereits rund 200 LPG- und LNG-Tanker ausgestattet. In der Referenzliste stehen weltweit fast alle renommierten Schiffbauer. Auch bei den ersten beiden ersten LNG- Kreuzfahrtschiffen, die AIDA Cruises auf der Meyer Werft in Papenburg bauen lässt, sind Stützlager von Röchling mit an Bord. Allein in der Zeit von 2013 bis heute wurden fast 100 LPGund LNG-Carrier mit Stützlagern aus Lignostone cryogenic bestückt. Die Schiffe, die mit den Tankstützlagern ausgestattet sind, haben Kapazitäten von bis zu 190.000 m³. Eine weitere Kategorie, in der Röchling den Einsatz von LNG begleitet, sind Lagerböcke für entsprechende Rohrleitungen. Auch hier gelten 58 HANSA International Maritime Journal – 154. Jahrgang – 2017 – Nr. 6
Schiffstechnik | Ship Technology Rotbuchen im maritimen Umfeld Der für den Werkstoff Lignostone verarbeitete Rohstoff Rotbuche (lat. Fagus sylvatica) kommt aus westeuropäischen Wäldern, wo die Bäume in ihrer 120 Jahre dauernden Wachstumszeit exzellente Wuchsbedingungen haben. Hierdurch erhält das Holz eine optimale Homogenität und Festigkeit und wird dadurch auch technisch anspruchsvollsten Anwendungen gerecht. Das Material, das auf Grund seiner elektrisch isolierenden Eigenschaften auch für den Bau von Hochleistungstrafos unentbehrlich ist, bietet für den Einsatz als Stützlager ideale Voraussetzungen. Holz leitet keine Temperaturen. Durch die unzerstörbaren Holzkapillare mit durchgehenden Fasern erzielt Lignostone aber auch unübertroffene mechanische Festigkeiten, die durch Schichtrichtung der Furniere und unterschiedliche Verdichtungsstufen optimal auf die jeweilige Anwendung abgestimmt werden kann. Aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften bietet Lignostone für den Stützlagerbau ein Maximum an Dauersteifigkeit mit hoher Formstabilität, gerade auch bei voluminösen Bauteilen. Hinzu kommt ein dauerdynamisches Verhalten über große Anwendungszeiträume von über 30 Jahren. Auch Belastungsspitzen, wie sie an Bord von Schiffen zum Beispiel durch starken Seegang auftreten, können von dem Naturmaterial problemlos absorbiert werden, ohne Zerstörungen zu hinterlassen. Die einfache Bearbeitbarkeit ist ein weiterer Vorteil dieses Werkstoffes. Lignostone lässt sich wie Holz durch Sägen, Bohren und Spanen auf computergesteuerten Fräsmaschinen in nahezu jede gewünschte Form bringen. Im Einsatz auf »Wes Amelie« Kernmerkmal der Produkte sei die gleichbleibende Materialqualität. »Von den bisher ausgestatteten Tankern ist uns nicht eine Reklamation bekannt«, betont Uwe Kassens, Director Business Unit Composites. Besonders freuen sich Kassens und sein Kollege Hans-Jürgen Geers vom Technical Marketing der Composites-Unit über den jüngsten Auftrag aus der LNG-Welt. Das demnächst bei German Dry Docks (GDD) in Bremerhaven im Dual-Fuel- Umbau befindliche »Wes Amelie« wird mit Röchling-Erzeugnissen für eine LNG-Zukunft fit gemacht. M spezifische Anforderungen. Generelle Umwelteinflüsse spielen dabei ebenso eine Rolle wie produktspezifische Erfordernisse in Form von Temperaturtoleranzen. Röchling bietet mit Lignostone cryogenic eine individuell anpassbare Lösung. Alternativ kommen Durolight Produkte zum Einsatz, die auf GFK basieren. Auch hier sind die erforderlichen Lösungen individuell erfüllbar. Diese sind bereits in vielen Projekten eingesetzt. Ein Beispiel ist die LNG-Produktionsanlage auf der sibirischen Halbinsel Jamal. Zwischen Permafrost und kryogenem Gas wurden die Herausforderungen unter anderem mit Rohrhalterungen mit Isolationsblöcken aus Durolight bewältigt. Mit einer Dauereinsatztemperatur von -196 °C bis +200 °C halten sie den extremen Temperaturen dauerhaft stand. Gleichzeitig zeichnet sich der Werkstoff durch eine hohe Dimensionsstabilität sowie durch Korrosions- und Chemikalienbeständigkeit aus. Das Material ist flammhemmend nach der internationalen Norm UL 94 nach V0 klassifiziert und erfüllt so die hohen Anforderungen an Werkstoffe für die Förderung und den Transport von LNG. Auf der Insel Melkoya vor der norwegischen Stadt Hammerfest sind ebenfalls Röchling-Lösungen im Einsatz. Zur thermischen Isolierung der Pipeline-Rohre, die die Flüssiggasproduktionsanlage »Snøhvit« versorgen, kamen Pipesupports aus Durolight zum Einsatz. Auch für eine schwimmende LPG-Produktionsanlage vor der Küste Angolas hat Röchling eine Lösung entwickelt. Das von der japanischen IHI Ishikawajima-Harima-Heavy Industries gebaute schwimmende Gaswerk wurde mit mehreren Tausend Tankstützlagern aus Lignostone bestückt. Die bis zu 2 m langen Blöcke wiegen zwischen 500 und 800 kg und sind mit einem Speziallack gegen Feuchtigkeitsaufnahme geschützt. Damit die insgesamt 135.000 m³ fassenden Lagertanks nicht mit der Außenhülle des Schiffs in Kontakt kommen, übernehmen die Lignostone-Stützen neben der physikalischen Kraftableitung auch die thermische Isolation zwischen den kalten Behältern und der afrikanischen Sonne. Erkennbar aus Holz: Röchling Tanksupports für besonders kalte Umgebungen Tankstützlager von Röchling mit besonderer Beschichtung Abstract: Copper beechwood for tank supports For the storage of LNG tanks and their connection to the hull, engineers at Röchling Engineering Plastics have developed a special solution: Lignostone. The material is originally made from copper beechwood, which is processed with phenolic resin under pressure and heat to create to a surface-bonded or vacuum-impregnated support material in sandwich technique. All well-known certifiers gave their approval. Further information: redaktion@hansa-online.de Lagerstützen für Pipelines oder Rohrleitungen aus Durolight HANSA International Maritime Journal – 154. Jahrgang – 2017 – Nr. 6 59
est. 1864 INTERNATIONAL MARITIME JO
Editorial Michael Meyer Verantwortl
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