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HANSA 05-2022

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FINANZIERUNG | FINANCING

FINANZIERUNG | FINANCING Norwegens Reeder bauen ihr Geschäft um Vor allem die Energiewende, aber auch der Ukraine-Krieg haben Auswirkungen auf die Aktivitäten der norwegischen Reeder. Eine Transformation der Flotte ist bereits im Gange. Eine wichtige Rolle für den Standort hat die Börse in Oslo. Von Michael Meyer Harald Solberg CEO – Norwegian Shipowners Association Norwegen hat laut dem nationalen Reederverband aktuell die weltweit fünftgrößte Flotte. Im vergangenen Jahr gab es zwar einen Rückgang um 100 Schiffe, da den 200 Verkäufen – vor allem im Offshore-Service-Segment – nur rund 100 Neuzugänge gegenüberstanden. Auch das Orderbuch ist mit 49 Schiffen eher klein, es war »noch nie so dünn wie in den letzten drei Jahren«, sagt der Verband. Dennoch blickt Harald Solberg, CEO der Norwegian Shipowners Association, nicht allzu pessimistisch in die Zukunft. Das hat unter anderem mit der in Gang gesetzten und anstehenden Transformation der Flotte zu tun. Gegenwärtig ist ein großer Teil der norwegischen Reeder in den Bereichen Tanker, Offshore, Fischerei und Autotransporter tätig. »Ich denke, das wird sich weiterentwickeln. Wir sehen künftig ein Wachstum vor allem bei Spezial- und Service-Schiffen für die Offshore- Windindustrie.« Helfen sollen die jahrzehntelangen Erfahrungen aus dem Ölund Gas-Geschäft, mit dem in der Vergangenheit viel Geld verdient worden war. Auch den Transport von Windpark-Komponenten und den Aufbau der Anlagen mit Installationsschiffen sowie Kabelleger hat Solberg im Blick: © Norges Rederiforbund »Wir wollen die gesamte Wertschöpfungskette abdecken und die Kompetenz aus dem Öl- und Gassektor für den Bereich der erneuerbaren Energien nutzen.« Bis 2014 entfiel der größte Anteil des Geschäfts in der norwegischen Reederei-Branche auf das Öl- und Gassegment. »Einige sogenannte Experten meinten schon, dass wir keine Hochseeschifffahrtsnation mehr sind, sondern ein Offshore-Service-Land. Doch das hat sich wieder geändert«, sagt der Verbandschef und verweist auf die Kapriolen nach dem steilen Ölpreis-Verfall in jenen Jahren. Die Bilder mit den vielen Aufliegern in den Fjorden gingen um die Welt. Mittlerweile ist die Hochsee-Handelsschifffahrt wieder das wichtigste Segment der Verbandsmitglieder – die Einnahmen übersteigen die von Bohrinseln und Off - shore-Service-Schiffen zusammen. Auch wenn die Aussichten für die Wind-Service-Flotte sehr gut sind – man Investoren sprechen »Schifffahrt« – Börse Oslo erwartet grünes Wachstum Ein wichtiges Pfund für den Schifffahrtsstandort Norwegen ist die Oslo Børs, über die sich unter anderem Reeder frisches Kapital für neue Investitionen in die Flotte beschaffen. Auch ausländische Unternehmen zieht sie an, wie etwa die Hamburger MPC-Gruppe, deren Börsen-Vehikel MPC Container Ships (MPCC) seit einiger Zeit in Norwegen aktiv ist. An der Börse sind heute rund 40 Schifffahrtsunternehmen gelistet, die zusammen eine Marktkapitalisierung von fast 20 Mrd. € aufweisen. »Noch vor wenigen Jahren waren es weniger als 30, die über Folgeemissionen und die Anleihemärkte große Mengen an Geld aufnahmen«, sagt Börsen-Chef Øivind Amundsen. Allein in den letzten zwölf Monaten seien trotz der anhaltenden Pandemie sechs neue Schifffahrtsunternehmen hinzugekommen: Gram Car Carriers, Cool Company, Höegh Autoliners, Himalaya Shipping, Western Bulk Chart und HAV Group. »Meines Wissens gibt es an keiner anderen Börse so viele Schifffahrtsunternehmen, was die Branche neben Energie und Fischerei zu einem unserer drei stärksten Bereiche macht«, so Amundsen. Die meisten Unternehmen befänden sich in norwegischem Besitz, gelten aber als international, da sie in der Regel im Ausland eingetragen sind. 16 der 40 Unternehmen sind außerhalb Norwegens ansässig. Der Börsen-CEO spricht von »Norwegens sachkundigem Finanzsystem, einschließlich gut informierter Investoren«, die neue Unternehmen anzögen: »Wenn man hierher kommt, muss man nicht erklären, was ein VLCC oder ein Supramax ist.« Er verweist auf MPC Container Ships, um die potenzielle Entwicklung aufzuzeigen: »Das in Deutschland ansässige Unternehmen wurde vor einigen Jahren erstmals auf unserer OTC-Plattform notiert, als sich der Markt auf dem Tiefpunkt befand. Bald darauf wurde es an den ›Growth‹- und ›Expand‹-Märkten und zuletzt an unserem Hauptmarkt und im Hauptindex notiert.« Eine gewisse Zuversicht verschafft ihm, dass die Schifffahrtskapitalmärkte eine mehrjährige Flaute überwunden hätten, »in Sektoren wie Container und Autotransporter ist ein deutlicher Aufschwung zu verzeichnen.« Auch Makro-Ereignisse wirken sich aus. So dürften die Preise für Tanker und Gas wahrscheinlich steigen, da aufgrund des Krieges in der Ukraine mehr Energie transportiert werden muss. Die Liquidität in Schifffahrtsaktien ist ebenfalls gestiegen. Der Oslo Shipping Index hat in den letzten zwölf Monaten aufgrund 16 HANSA – International Maritime Journal 05 | 2022

FINANZIERUNG | FINANCING denke nur an die vielen Offshore- Wind-Pläne weltweit – dürften norwegische Reeder auch künftig noch im Öl- und Gas-Geschäft aktiv bleiben. Ein Grund dafür ist nicht zuletzt der Ukraine-Krieg. Norwegen und der Ukraine-Krieg »Ich denke, dass kurzfristig, angesichts der Situation mit Russland, sowohl die Offshore-Öl- und Gasförderung als auch die Offshore-Windförderung zunehmen werden«, meint Solberg. Die Handelsschifffahrt in der norwegischen Flotte werde hingegen lediglich »eine stabile Entwicklung« hinlegen. Vom Ukraine- Krieg ist die Branche vor allem beim Transport von Öl und -Ölprodukten betroffen. Genaue Transport-Zahlen nennt Solberg nicht. Er wünscht sich aber mehr politisches Engagement. Die Diskrepanz zwischen den Sanktionen der Amerikaner, Briten und Kanadier einerseits und dem Abwarten in Europa andererseits sorgt für Herausforderungen: »Dadurch haben wir ein Problem mit den Verträgen, die vor dem Krieg abgeschlossen wurden. Viele unserer Mitglieder wollen keine neuen Verträge mit Russland abschließen, aus den Kontrakten, die vor dem Krieg geschlossen wurden, kommen sie ohne Sanktionen nicht so einfach heraus.« Aufgeschlossen zeigen sich die Norweger gegenüber der Idee, europäische Länder wie Deutschland, die stark von russischen Erdgas-Lieferungen abhängig sind, mit seeseitigen Transporten zu versorgen – wenn denn die Voraussetzungen dafür geschaffen sind. »Es gibt die Kapazitäten. Aber Deutschland benötigt die Infrastruktur an Land und schwimmende Terminals, die ›FSRU‹«, so der Verbandschef, der darauf verweist, dass auch solche Anlagen in der norwegischen Flotte verfügbar sind. Wenn die Infrastruktur eingerichtet sei, könne die Schifffahrt seiner Ansicht »eine wichtige Rolle bei der Versorgung des europäischen Marktes mit LNG spielen«, das per Schiff transportiert wird. Denn für Europa komme der größte Teil des Gases derzeit aus Pipelines. Diese seien jedoch ausgelastet. Finanzierung Durch die aktuellen Verwerfungen will sich die Branche jedoch nicht von ihren Transformationsplänen abbringen lassen. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Kapitalmarkt – und die Börse in Oslo, an der viele Reedereien aktiv sind (siehe Beitrag unten). »Es ist aber nicht nur die Börse, die eine große Bedeutung hat, sondern auch der Markt für Finanzdienstleistungen, die Makler, der Kapitalmarkt und alle anderen Dienstleister, die es den Reedereien ermöglichen, ihre Aktivitäten zu finanzieren«, sagt Solberg. Einer der Erfolgsfaktoren für Norwegen: Die Börse in Oslo. © Euronext »solider Gewinne und eines gestiegenen Interesses« um knapp 50 % an Wert gewonnen. »Das spiegelt vielleicht nicht ganz die Zeiten vor 2008 wider, als der Offshore-Bereich im Mittelpunkt stand, aber es ist sehr ermutigend«, sagt Amundsen. Große Hoffnung setzt die Börse zudem in den »Green«-Trend: Die meisten Schifffahrtsunternehmen werden in den kommenden Jahren einen Dekarbonisierungsprozess durchlaufen müssen, der enormes Kapital erfordert. Viele neue Marktteilnehmer und bestehende Emittenten hätten bereits erhebliche Investitionen getätigt, um die bestehende Tonnage zu modernisieren, umweltfreundliche Schiffe und energieeffiziente Antriebstechnologien zu bestellen und nicht zuletzt die Digitalisierung voranzutreiben, heißt es. »Sie betonen diese Anstrengungen zunehmend in ihren Investorengesprächen, und Oslo Børs wird dabei eine wichtige Rolle spielen«, meint der CEO. Einige Schifffahrtsunternehmen haben grüne Anleihen begeben, zum Teil mit strengen Anforderungen an die Emissionsberichterstattung und variablen Zinszahlungen. Dieser Trend wird sich nach Ansicht des Finanz-Experten fortsetzen, da die Unternehmen nach verschiedenen Finanzierungsformen und die Anleger nach Instrumenten mit einem klaren ESG-Bezug suchen. Institutionelle Anleger – unter anderem Pensions- und Versicherungsfonds – machen 90 % der Marktkapitalisierung der Oslo Børs aus. Die Börse will auf die Entwicklung reagieren, Amundsen kündigte die Einführung eines ESG-Index an, um Investitionen in nachhaltige Projekte zu fördern. Dabei hat er nicht nur Reedereien im Blick: »Wir würden uns auch wünschen, dass mehr Technologieanbieter und Dienstleister an die Börse gehen und Kapital aufnehmen.« MM HANSA – International Maritime Journal 05 | 2022 17

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