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HANSA 05-2021

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Port Call Collaboration · Analyse der Suez-Havarie der »Ever Given« · Schleppen & Bergen · Seefracht & Logistik · MPP-Neubauten · Nationale Maritime Konferenz 2021 · Claus-Peter Offen

VERSICHERUNGEN |

VERSICHERUNGEN | INSURANCE Schiff und Ladung gefangen im Bittersee Nach der Havarie im Suezkanal klaffen die Vorstellungen Ägyptens und die der Transportversicherer über einen Schadenersatz weit auseinander. Von Michael Hollmann © SCA Die Erleichterung nach der Bergung des 20.000-TEU-Schiffs »Ever Given« Anfang April war nur von kurzer Dauer. Wegen einer gigantischen Schadenersatzforderung der Suezkanal - behörde liegt das voll beladene Großcontainerschiff im großen Bittersee zwischen dem nördlichen und südlichen Abschnitt des Suezkanals fest. Zu Redaktionsschluss der HANSA sind die Fronten weiter verhärtet. Branchenexperten stellen sich auf ein längeres Tauziehen zwischen den Streitparteien und Komplikationen bei der Aufteilung der Kosten ein. Fest steht nur: Die Sache wird teuer. Ein Gericht in Ägypten hat geurteilt, dass die Arrestierung von Schiff und Ladung weiter Bestand hat und einer Ableichterung von Containern nicht stattgegeben wird. Trotz der offensichtlichen praktischen Hindernisse – Mangel an Liegeplätzen mit ausreichend Wassertiefe in der Region, mangelnde Verfügbarkeit von Containerbrücken oder geeigneten Schwimmkränen etc. – soll der Eigner der »Ever Given«, die japanische Schiffseigentums- und Leasinggesellschaft Shoei Kisen Kaisha, diese Möglichkeit ernsthaft erwogen haben. Bereedert wird der Frachter durch Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM), die Linienreederei Evergreen ist der Charterer. Letzter Stand ist, dass die Suezkanalbehörde SCA einerseits und der Schiffseigner mit seinen Versicherern andererseits bei der Frage des Schadenersatzes noch rund 450 Mio. $ auseinander liegen sollen. So berichten es Rechtsexperten aus der Transportversicherung, die an dem Fall beteiligt sind. Die Ägypter sollen ihre Forderung inzwischen von über 900 Mio. $, die für die Bergung der »Ever Given« nach einer sechstägigen Strandung im Suezkanal geltend gemacht wurden, auf rund 600 Mio. $ abgesenkt haben. Eigner und Schiffsversicherer wollen hingegen maximal 150 Mio. $ zahlen. »Geiselnahme« und »Erpressung« werfen Schiffs- und Ladungsbeteiligte den ägyptischen Behörden vor. Große Importeure in Europa, deren Lieferungen auf dem Schiff feststecken, sollen längst eigene Anwaltsteams losgeschickt haben. Allein können die Firmen bei einer derartigen Großschadenslage kaum etwas ausrichten. Die Forderung der Suezkanalbehörde richtet sich dem Vernehmen nach inzwischen nur noch auf die Bergung: knapp 300 Mio. $ für die eigentlichen Arbeiten und ebenso viel als »Bergungsbonus«. Anfangs waren noch zusätzlich 300 Mio. $ für den »Reputationsverlust« des Suezkanals gefordert worden, was aber inzwischen fallengelassen wurde. Selbst der Anteil für die praktischen Bergungsarbeiten lässt sich kaum nachvollziehen. Im Gespräch mit der HANSA kommen Bergungsexperten auf maximal 15 Mio. $, die der Einsatz von bis zu 14 Sechs Tage lang blockierte die »Ever Given« den Suezkanal – jetzt tobt der Streit um die Kosten Abstract: Vessel and cargo stuck together in Great Bitter Lake The Suez Canal Authority (SCA) is playing a risky game as it insists on its huge claim for compensation while the values under arrest are only declining, according to insiders. A gap of around 450 mill. $ is believed to remain between its claim and what the ship’s owner and insurers are prepared to pay. Schleppern auf Basis üblicher Marktraten gekostet haben dürfte. Trotzdem ist kaum zu erwarten, dass sich die Suezkanalbehörde weiter auf unter 300 Mio. $ »herunterhandeln« lässt, der Gesichtsverlust wäre vermutlich zu groß. Ebenso wenig ist abzusehen, dass sich die Schiffs- und Warentransportversicherer freiwillig in Richtung 300 Mio. $ oder gar 600 Mio. $ bewegen. Zwar sind beide Seiten nach der Erklärung einer »Havarie-grosse« durch den Eigner dazu verpflichtet, die Kosten für die Rettung der »Ever Given« aus der gemeinsamen Gefahr nach Anteil der geretteten Werte zu übernehmen. Die zu berücksichtigenden Aufwendungen müssen aber angemessen (»reasonable«) sein, worüber sich im Fall der Bergelohnforderung der Suezkanal - behörde streiten lässt. Abgesehen von den verfahrensrechtlichen Themen bei der Zuordnung der Kosten stellt sich für Ladungseigner und ihre Versicherer die Frage, ob sie sich überhaupt am Schadenersatz beteiligen oder nicht gleich einen Totalverlust abschreiben sollen. Denn an Bord der »Ever Given« dürfte sich viel Saison- oder sogar verderbliche Ware befinden, deren Wert mit jedem Tag Verzögerung rapide sinkt. Womöglich sind Schiff und Ladung zusammen gar nicht mehr die geforderten 600 Mio. $ wert. Das müsste die Suezkanalbehörde im Zweifelsfall selbst herausfinden, wenn es zu einer Verwertung käme. 12 HANSA – International Maritime Journal 05 | 2021

3 5 8 4 7 6 1 9 2 Havariechronik Datum Ereignis Ort Schiff Typ tdw Flagge Haftpflicht Reise 1 2 3 4 5 6 7 8 9 02.04. Maschinenprobleme 03.04. 05.04. 05.04. 07.04. 07.04. Kollision 12.04. 13.04. 14.04. Kollision / 17 Vermisste Ladung über Bord Brand in Containern Ruderausfall/abgeschleppt Kollision / 3 Tote, 9 vermisst Untergang / 12 Vermisste auf Grund/LOF-Bergung Philippinensee Javasee Westküste Norwegen Andamanensee nördlich Vieland Manilabucht Nähe Mangalaru südl. Port Fourchon Kongo (Fluss) MSC Ariane Habco Pioneer Eemslift Hendrika Interasia Catalyst Escape Rich Rainbow Ivy Alliance APL Le Havre Seacor Power Ahu C Containerschiff Bulk Carrier General Cargo Containerschiff Containerschiff Produktentanker Bulk Carrier Containerschiff Installationsschiff Bulk Carrier 154.503 29.664 4.200 50.595 21.293 49.999 55.886 123.137 695 31.818 Panama Indonesien Niederlande Singapur Niederlande Panama / Marshall Islands Singapur USA Marshall Islands Standard P&I Club Shipowners' Mutual North P&I Britannia North P&I Britannia UK P&I Club Gard Skuld Standard P&I Club Xiamen–Los Angeles Balikpapan–Merak Bremerhaven–Kolvereid Port Kelang–Cochin Rotterdam–Helsinki Zhuhai –Kalimantan Indonesien–henjiang Singapur–Nhava Sheva k.A. k.A. Den kompletten Überblick zu allen aktuellen Havarien gibt es unter www.hansa-online.de/havariechronik/ 17 MITARBEITER MÜSSEN GEHEN Krise erzwingt Personalabbau bei Junge & Co. Der Hamburger Schiffsversicherungsmakler Junge & Co. sieht sich durch Marktverwerfungen infolge der Corona- Pandemie gezwungen, auf die Kostenbremse zu treten und erneut Stellen abzubauen. Die Zahl der Mitarbeiter werde bis Jahresende um 17 auf 26 verringert, bestätigte Geschäftsführer Olaf Fölsch. »Das sind schmerzhafte Einschnitte, aber die wirtschaftliche Lage lässt nicht anderes zu.« Angestrebt werden Einsparungen in siebenstelliger Höhe, um längerfristig erfolgreich wirtschaften zu können. Der Personalabbau verteilt sich auf unterschiedliche Bereiche (Broking, Schadenbearbeitung, Placing). »Unsere Kernkompetenz mit einem großen Team von Nautikern, Technikern und Fachanwälten für das Marine-Segment wird in keiner Weise geschwächt«, betont Fölsch. Auch in Zukunft habe Junge & Co. als spezialisierter Schiffsversicherungsmakler die volle Rückendeckung des Mutterkonzerns BGC (»Corant Global«). Dabei kooperiert die Firma mit weiteren »Marine«-Teams bei den Schwesterfirmen Besso und Ed. Zuletzt hatte Junge & Co. 2017 in erheblichem Umfang Personal abbauen müssen. Damals sei es eine echte Restrukturierung gewesen – mit der Schließung der Non- Marine-Aktivitäten, einem größeren Abbau in der Buchhaltung und der Verkleinerung der Geschäftsführung. »Dieses Mal nehmen wir eine Anpassung an die wirtschaftliche Situation vor«, so Fölsch. Mit der Passagierschifffahrt und dem Schiffbau sind zwei wichtige Kundensegmente von Junge & Co. besonders heftig von der Coronakrise getroffen worden. mph +++ Telegramm +++ Telegramm +++ Telegramm +++ Telegramm +++ Telegramm +++ Telegramm +++ Telegramm Lloyd’s kriegt die Kurve: Versicherungsbörse Lloyd’s of London ist 2020 nach Jahren in Gewinnzone zurückgekehrt. Überschuss belief sich auf 239 Mio. £ bei Schaden-Kosten-Quote von 89,7%. +++ NHC mit Spitzenergebnis: Norwegian Hull Club (NHC) weist dank guter Ergebnisse bei Underwriting sowie Kapitalanlagen Rekordgewinn von 56 Mio. $ aus (Vorjahr: – 7,5 Mio. $) +++ Weniger Aufträge für Berger: Bergungsreedereien der International Salvage Union (ISU) sind 2020 weltweit zu 191 Einsätzen ausgerückt. Abwärtstrend setzt sich fort: 2019 waren es 214, 2018 224 Fälle +++ Munich Re toppt die Erwartungen: Rückversicherungskonzern kündigt 600 Mio. € Gewinn für das erste Quartal an (Q1 Vorjahr: 221 Mio. €) +++ NNPC warnt vor blinden Passagieren: Noord Nederlandsche P&I Club mahnt Mitglieder zur Vorsicht vor blinden Passagieren nach UK auf Reisen von Spanien, Frankreich und nordafrikanischen Häfen +++ LEUTE, LEUTE … +++ Lloyd’s Europe: CEO Sonja Rottiers tritt per 1. Juni ab. Nachfolgerin soll Amélie Breitburd (Ex-AXA, Ex-Allianz) werden +++ Cefor/Nordic Association of Marine Insurers: Audun Pettersen (Gard) und Anne Systad (Norwegian Hull) neu in Board of Directors gewählt +++ London P&I Club: Zwei neue Underwriter rekrutiert – Mark Esdale (Ex-MECO/Carina) und George Dickson (Ex-MECO/Carina) +++ HANSA – International Maritime Journal 05 | 2021 13

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