SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY »Unterweser«-Lösung für die Lloyd Werft Rettung aus der Insolvenz: Die lokalen Unternehmer Kurt Zech und Thorsten Rönner übernehmen den Traditionsbetrieb in Bremerhaven. Schiffbau soll es weiter geben, aber gepaart mit anderen Gewerken. Nicht alle sind damit vollends glücklich. Von Krischan Förster Die beiden Unternehmer, die zuerst getrennt voneinander angetreten waren, hatten in buchstäblich letzter Minute ihr Angebot deutlich nachgebessert und damit Insolvenzverwalter Christoph Morgen überzeugt. Kurt Zech und Thorsten Rönner hatten sich verbündet und dem Vernehmen nach zwischen 20 und 30 Mio. € für die Lloyd Werft geboten. Damit haben sie Al Seer Marine aus Abu Dhabi, den letzten verbliebenen Konkurrenten, ausgestochen. In den letzten Tagen vor der Entscheidung hatten sich zudem prominente Stimmen aus der Region für eine »Unterweser«-Lösung stark gemacht, angefangen von Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz über die Handelskammer bis hin zu Wirtschaftsexperten. Ihnen galt der Bieter Al Seer aus Abu Dhabi trotz des zunächst besseren Angebots als zu unsicherer Kandidat bei einer langfristige Zukunftssicherung für die traditionsreiche Werft. Kritik von der IG Metall Nachdem Rönner und Zech Arbeitsplatzgarantien für die kommenden zwölf Monate abgaben, erhielten sie den Zuschlag. »Die Lösung ist deshalb gut, weil es bedeutet, dass erstens alle Gläubiger ihr Geld bekommen und zweitens – und das ist der wichtigere Teil – weil alle Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze durch die Übernahme behalten«, so Morgen nach der Entscheidung. Das Insolvenzverfahren, eingeleitet nach der Pleite der zu Gen- »Die Lloyd Werft ist in lokalen Händen besser aufgehoben als bei einem Investor, der kurz vorbeikommt und dann wieder vom Markt verschwindet« Kurt Zech, Vorstandsvorsitzender, Zech Group Die traditionsreiche Lloyd Werft mit ihren Kaiserdocks hat neue Eigentümer und kann weitermachen ting gehörenden MV Werftengruppe, kann damit beendet und der Betrieb nahtlos fortgesetzt werden. Denn auch die kartellrechtliche Genehmigung folgte wenige Tage später. Die Gewerkschaft IG Metall und auch der Betriebsrat, die den Investor aus Abu Dhabi favorisiert hatten, beklagten umgehend ein »beispiellos einseitiges Verfahren«, bei dem gegen die Interessen der Beschäftigten Partei genommen worden sei. Al Seer habe die deutlich besseren Arbeitsplatzgarantien für die rund 270 Beschäftigten, nämlich über die von Zech und Rönner angebotenen zwölf Monate hinaus, angeboten. »Wir haben bis heute von den neuen Eigentümern keinen Business-Plan gesehen und werden jetzt sehr genau beobachten, ob die Zusagen eingehalten werden, sagte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich.« Ein Abweichen von den Tariflöhnen werde die Gewerkschaft keinesfalls zulassen. Tatsächlich unterschieden sich die beiden Angebote: Al Seer wollte in Bremerhaven Yachten bauen, warten und reparieren. Die neuen Eigentümer Zech und Rönner werden dagegen nur einen Teil des Geländes weiter für den Schiffbau nutzen, zum Beispiel für das Reparaturgeschäft mit Kreuzfahrtschiffen. Dabei soll eng mit der zu Rönner gehörenden benachbarten Bredo-Werft zusammengearbeitet werden. Dass noch einmal Neubauten wie zuletzt die Mega-Yacht »Solaris« gebaut werden, gilt dagegen als eher unwahrscheinlich. Im nördlichen, derzeit weitestgehend ungenutzten Teil des Geländes rund um die Kaiserdocks I bis III sollen andere Gewerke in einem maritimen Industriepark angesiedelt werden, um Auftragslücken vornehmlich mit Stahlbauaufträgen vornehmlich für andere Unternehmen aus der Zech-Gruppe zu füllen. © Hero Lang 54 HANSA – International Maritime Journal 04 | 2022
SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY Bei dem »Mediship« handelt es sich um ein voll ausgestattetes, seegängiges Hospitalschiff von 118 m Länge, das auch kleine Häfen anlaufen kann © Mediship Hospitalschiff – made in Germany Eine private Initiative hat das Konzept für ein leistungsfähiges »Mediship« vorgelegt, das bei Krisen, Naturkatastrophen und Pandemien weltweit zum Einsatz kommen könnte. Eine Werft ist bereits gefunden, jetzt wird ein erster Auftraggeber gesucht Der Entwurf sieht sechs Decks vor Nach der großen Explosionskatastrophe in Beirut 2020 mit mehr als 6.500 Verletzten stellte sich die Frage: Warum gibt es keine Hospitalschiffe, die speziell darauf ausgerichtet sind, eine plötzlich auftretende große Zahl von Schwerverletzten zu versorgen? Die Antwort ist leicht: Man hat einfach nicht daran gedacht … Eine private Hamburger Initiatoren-Gruppe hatte sich nach den Ereignissen im Libanon mit diesem Thema intensiv beschäftigt und hat jetzt unter dem Namen »Mediship« eine vielleicht zukunftsweisende Konstruktion eines Hospitalschiffes entwickelt. Zurzeit gibt es weltweit nur sehr wenige Schiffe dieser Art. Abgesehen vom Neubau »Global Mercy« (174 m, 200 Betten) auf Basis eines Stena-Fährendesigns, im vergangenen Jahr abgeliefert und im Einsatz für die Organisation Mercy Ships, handelt es sich bei den meisten anderen verfügbaren Einheiten um umgebaute Fähren oder Tanker. Deren Größe und Tiefgang erlauben es oft nicht, wirkungsvoll medizinische Hilfe vor Ort zu leisten. Das speziell konzipierte »Medi ship« könnte daher eine Lücke schließen, auch in entlegenen Gegenden und unter schwierigen nautischen Bedingungen. Bei dem Entwurf handelt es sich um ein rund 118 m langes hochseegängiges Flussschiff (4.000 GT) mit einem Stahlrumpf und einem Alu-Oberdeck. Bei einer Breite von 18,0 m liegt der Tiefgang bei nur 3,5 m (4,0 m in Ballast). Es ist damit relativ klein, kommt unter Brücken hindurch und kann kleinere Häfen anlaufen, kann mit seinem diesel-elektrischen Antrieb (4 x 1500 kW) mit bis zu 17 kn aber ebenso gut die Ozeane befahren. Das Schiff kann bis zu 150 Kranke oder Schwerverletzte an Bord versorgen. Auf zwei modular auszustattenden Decks stünde eine hochmoderne medizinische Ausrüstung zur Verfügung, die einen Hochleistungs-OP-Saal (12 Betten), einen Schockraum (28 Betten), ein Bettendeck (100-150 Patienten), Sterilisationsräume, Radiologie, Pharmazie, klinisch-chemische Labore, Zahnmedizin, Lagerräume und auch eine gekühlte Leichenhalle samt Krematorium umfasst. Ein drittes Deck nimmt die Besatzung (30) und das medizinische Personal (46) auf. Auf dem Oberdeck befinden sich ein Hubschrauber-Landeplatz, Kräne, zwei Landungsboote, geländegängige Quads und eine Drohnen-Plattform. In Friedenszeiten kann das Schiff vor Ländern mit Engpässen in der medizinischen Versorgung zum Einsatz kommen. Bei Naturkatastrophen (Tsunamis, Erdbeben), Pandemien oder bei Unglücksfällen wie in Beirut kann das Schiff sehr schnell in Krisengebiete verlegt werden. Die Initiatoren haben mit der FSG bereits eine deutsche Werft gefunden, die bereit ist, die technischen Konstruktionsarbeiten zu übernehmen und das Schiff zu bauen. Eine Hamburger Reederei würde das technische Management übernehmen. Nun werden Interessenten für dieses Konzept gesucht. Ein Adressat ist dabei die Bundesregierung in Berlin. Mehr Informationen und Kontaktmöglichkeiten unter E-Mail: redaktion@hansa-online.de HANSA – International Maritime Journal 04 | 2022 55
Est. 1864 04 | 2022 International M
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