Aufrufe
vor 2 Jahren

HANSA 04-2022

  • Text
  • Hansaplus
  • Hamburg
  • Ukraine
  • Schiff
  • Ships
  • Marine
  • Schiffe
  • Schifffahrt
  • Shipping
  • Hansa
  • Maritime
Raten für Offshore-Schiffe | Interview Wilhelmsen | Ukraine-Krieg | Kreuzfahrt-Report · LNG-Terminal in Deutschland | Nor-Shipping 2022 | Mediships | Deutsche Flotte

VERSICHERUNGEN |

VERSICHERUNGEN | INSURANCE Krieg kommt die Schifffahrt teuer zu stehen Die Verluste für Reedereien, Charterer und Versicherer durch den Ukraine-Krieg klettern von Tag zu Tag. Auch Todesopfer gab es bereits. Von Michael Hollmann Der Minibulker »Helt« ist nach einem Treffer im Schwarzen Meer gesunken © via Twitter Liefer- und Charterausfälle, laufende Betriebskosten für feststeckende Schiffe, Kosten für die Rückführung von Seeleuten auf riskanten Umwegen, Schäden durch Beschuss von Schiffen. Der Krieg in der Ukraine betrifft auch die Schifffahrt massiv, nicht nur im Schwarzen Meer. Insgesamt acht zivile Schiffe wurden nach Angaben der Black Sea Law Company in Odessa bislang im Krieg beschädigt – darunter sechs unter ausländischer Flagge und zwei unter ukrainischer Flagge. Ein älterer Minibulker unter Panama-Flagge, die »Helt« (2.100 tdw, Baujahr 1985), sank Anfang März vermutlich nach Kontakt mit einer Seemine rund 20 sm südöstlich von Odessa. Kriegsdeckungen knapp und teuer Kurz zuvor traf es im Hafen Olvia nahe Mykolajiw einen Handysize-Bulker der staatlichen Bangladesh Shipping Corporation. Bei einem Granateneinschlag auf der Brücke der »Banglar Samriddhi« (38.894 tdw, Baujahr 2018) kam der zweite Hilfsingenieur ums Leben. Zwei noch größere Bulker kamen südlich von Odessa unter Raketenbeschuss: die »Yasa Jupiter« (61.078 tdw) und die »Namura Queen« (85.065 tdw). Seeleute sollen in diesen Fällen unverletzt geblieben sein. Zu den Schadenshöhen und eventuell bestehenden Kriegsdeckungen der betroffenen Schiffe lagen zunächst keine verlässlichen Informationen vor. AIS-Auswertungen zufolge steckten mehr 100 internationale Seeschiffe in Häfen der Ukraine am Schwarzen Meer oder am Asowschen Meer fest. Darunter ist das Großcontainerschiff »Joseph Schulte« (9.400 TEU). Ein Teil der Mannschaft habe das Schiff verlassen können, die Crew sei auf eine sichere Mindestbesetzung reduziert worden, teilte die Reederei Bernhard Schulte mit. Experten gehen aber davon aus, dass Kriegsrisiken für einen Großteil der Schiffe in der Ukraine nicht mehr versicherungsmäßig gedeckt sind. Denn sowohl für Seekasko als auch für P&I wurden alle Kriegsdeckungen in der Region gekündigt, nachdem das Londoner Joint War Committee (JWC) die ukrainischen und russischen Territorialgewässer in die Liste der Ausschlussgebiete aufnahm. Die Zone wurde seither auf das nördliche Schwarze Meer zwischen der ukrainisch-rumänischen Grenze im Westen und der Grenze Russlands mit Georgien im Osten ausgedehnt. Wegen der laufenden Kämpfe gehen selbst spezialisierte Kriegsversicherer nicht mehr ins Risiko. Anders gelagert ist die Sache bei Anläufen in den russischen Schwarzmeerhäfen (Novorossiysk, Tuapse, Sotschi), in denen noch regulärer Betrieb herrscht. Hier finden sich Maklern zufolge weiterhin Versicherer im Londoner Markt, die die Deckung übernehmen – für Seekasko und P&I zusammen. Die Prämien sollen allerdings bei exorbitanten 1 % bis 5 % der Versicherungssumme (Schiffswert) liegen. Da solche Kosten auf die Fracht umgelegt werden, haben die Raten für Verschiffungen von den Schwarzmeerhäfen in Richtung Türkei oder östliches Mittelmeer zuletzt massiv angezogen. Schäden könnten P&I treffen Marktbeobachter halten es für möglich, dass die Versicherer die Kriegs-Ausschlussgebiete bald sogar bis zu den rumänischen und bulgarischen Häfen ausdehnen. Die türkische Behörde für Hydrographie warnte in einem Rundschreiben am 20. März vor der Gefahr driftender Minen vor Odessa, Tschornomorsk, Juschne und Otschakiw. Aus der Haftung für Kriegsschäden kommen aber zumindest die P&I-Versicherer nicht vollständig heraus, selbst wenn sie ihre »Primary War Risk«-Deckungen längst gekündigt haben. Denn für Personenschäden bei Seeleuten im Kriegsfall haftet immer die Reederei. So sieht es die Maritime Labour Convention Abstract: War in Ukraine causes deep impacts on shipping Loss of deliveries and charters, ongoing operating costs for trapped ships, costs for repatriating seafarers on risky detours and severe damages caused by ships under fire – the war in Ukraine is massively affecting shipping, not only in the Black Sea. Casualties have also been reported. (MLC) vor. Besteht keine separate Deckung mehr für Kriegsschäden (War P&I), können die Schadenersatzforde - rungen direkt an den P&I Club gerichtet werden, der dem Reeder ein MLC- Zertifikat ausgestellt hat. Darüber hinaus haften die Clubs in jedem Fall aufgrund der gängigen Exzedentendeckungen (War Risk P&I Excess Cover) bei kriegsbezogenen Großschäden mit, wenn diese den Schiffswert oder die primäre Kriegsdeckung übersteigen – ein Szenario, was derzeit aber als sehr unwahrscheinlich gilt. Selbst wenn die Schiffsversicherer ihre Kriegsrisiken eingeschränkt haben, entwickelt sich die Russland-Krise wahrscheinlich trotzdem zu einem Preistreiber für die Seeversicherung – über den Umweg der Luftfahrt! Als Gegenreaktion auf die Sanktionen des Westens hat Putin die Verstaatlichung von Flugzeugen angekündigt, die sich auf russischem Gebiet befinden. Mehr als 500 Flieger gehören nach Angaben der Rating-Agentur Fitch westlichen Leasinggesellschaften. Sollten sie aufgrund von Beschlagnahmen als Totalverlust enden, droht dem Versicherungsmarkt ein Megaschaden von bis zu 10 Mrd. $. Da Luftfahrt und Schifffahrt bei den Rückversicherern in einem Segment konsolidiert werden, kämen auch die Risikokapazitäten für die Schiffsversicherung dadurch massiv unter Druck. 20 HANSA – International Maritime Journal 04 | 2022

HANSA Magazine

HANSA Magazine

Hansa News Headlines