SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY sie wirklich die Bedingungen im Weltmarkt verbessern oder die Reputation ihres Instruments mit unrealistischen Ambitionen verteidigen wollen.« Er findet, das Positive der vergangenen Jahre komme in der Bewertung zu kurz – auch und gerade mit Blick auf die Hongkong-Konvention und den Standort Indien. »Die Kritiker lagen falsch. Sie hat einen großen Wechsel bewirkt für sichere und umweltfreundliche Praktiken, es gab massive Investitionen in Infrastruktur und Abfallmanagement.« Die Chance, dass die HKC in diesem Jahr in Kraft treten kann, sei groß. Sollte China tatsächlich die Konventionen ratifizieren, wie viele Experten meinen, könnte das nach Ansicht von Stawpert ein »Game Changer« sein. Auch Bangladesch will bis 2023 compliant sein. »Wir sind auf einem guten Weg, die Aussichten sind sehr gut«, meint der Reedereivertreter. Auch Ilker Sari vom türkischen Cash Buyer Rota Shipping zeigte sich sehr enttäuscht vom EU-Vorgehen. »15 türkische Werften hatten sich beworben, aber nur sieben sind aufgenommen worden, ich hatte auf zehn gehofft. Die EU-Inspektoren waren nicht sehr tolerant.« Kritik äußerte er allerdings auch an der türkischen Regierung, die den Werften in Aliaga keinen zusätzlichen Platz zur Verfügung stelle. »Die EU-Inspektoren waren nicht sehr tolerant« Die Scrapping-Werft Bansal in Indien Anil Sharma, Gründer und CEO des asiatischen Cash Buyers GMS findet, auch noch die »European Waste Shipment Regulation« von 2006 in die Bewertung einzubeziehen, sei schrecklich. Selbst wenn eine Verschrottung in Indien möglich wäre, würde der nötige Papierkram im Vorfeld 30 bis 60 Tage in Anspruch nehmen. »Man macht die Industrie in dieser Zeit nicht grüner, man wartet einfach darauf, dass Bürokraten das tun, was sie tun sollen.« Seiner Ansicht nach ist die HKC ein gutes Instrument. Immerhin gebe es bereits 92 Abwrackplätze in Indien, die den Vorgaben entsprechen, hinzu kommen 14 in der Türkei, zwei in China und einer in Bangladesch. Sharma hätte gern gesehen, dass eine der 20 indischen Werften, die sich beworben hatten, in die EU-Liste aufgenommen wird. Deren Kapazität reiche schlichtweg nicht aus, um den Bedarf aus der europäischen Flotte abzudecken. »Man kann darüber streiten, was gutes oder schlechtes Recycling ist. Aber es gibt gute und schlechte Werften überall«, gab er Grieg-Chef Heier recht. Auch die Schifffahrtsorganisation Bimco schaltet sich immer wieder in die Debatte ein. Sie vertritt 1.900 Mitglieder – zu einem sehr großen Teil Reedereien – in 120 Ländern und etwa 59 % der weltweiten Tonnage. Nach der Aktualisierung der EU-Liste hieß es, trotz der Aufstockung der Kapazitäten »spiegeln die Regeln immer noch nicht die kommerziellen Realitäten wider und hinken den nötigen Kapazitäten für das Abwracken großer Handelsschiffe hinterher.« »Das wird besonders deutlich, wenn es um das Recycling von Schiffen der Panamax- Größe und größer gemäß der EU-Verordnung geht«, sagte Bimco-Generalsekretär David Loosley. Dem Bericht zufolge sei die Türkei im Grunde das einzige Land auf der Liste, das Recycling für diese Größe anbietet. Derzeit sind die türkischen Werften allerdings – die Verwerfungen der Corona-Pandemie zeigen deutlich Wirkung – hauptsächlich mit dem Recycling von Kreuzfahrtschiffen beschäftigt und daher nicht in der Lage, andere Typen zu bearbeiten. © Bansal Letzter Ausweg Umflaggung? Der Mangel an ausreichenden Recyclingkapazitäten lasse Reedern nach Ansicht von Bimco keine andere Möglichkeit, als ihre alternden Schiffe in Register außerhalb der EU umzuflaggen – genau das ist aber seit Jahren einer der größten Kritikpunkte an der Branche, nicht immer zu Unrecht. »Die Absicht, die Umwelt zu schützen und die Sicherheit der Arbeiter zu gewährleisten, ist goldrichtig, aber wir würden uns wünschen, dass die EU die guten Absichten stattdessen auf die Ratifizierung der Hongkong-Konvention gerichtet hätte«, so Loosley. Zusätzlich zum Mangel an geeigneten Werften bedeutet der Preisunterschied beim Stahl einer Berechnung seiner Kollegen zufolge in Europa einen Verlust von mindestens 150 $ pro Tonne im Vergleich zum Recycling auf einer indischen Werft. Das Geld fehle dann beispielsweise für Investitionen in modernere Schiffe. »Der Zuwachs an türkischen Werften ist willkommen, ändert aber letztlich nichts am Gesamtbild«, so eine Schlussfolgerung. Werften in Indien hätten sich verbessert, »und es scheint, dass sie den Sicherheits- und Umweltanforderungen gerecht werden können«, sie sind jedoch immer noch von der Liste ausgeschlossen. n Hong Kong Convention Die »Hong Kong International Convention for the Safe and Environmentally Sound Recycling of Ships« soll sicherstellen, dass von Schiffen beim Recycling nach Erreichen des Endes ihrer Betriebsdauer keine unnötigen Risiken für die menschliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt ausgehen. Das Übereinkommen wurde im Jahr 2009 verabschiedet, ist aber noch nicht in Kraft getreten. Die Regelungen des Übereinkommens betreffen: den Entwurf, den Bau, den Betrieb und die Vorbereitung von Schiffen, um ein sicheres und umweltverträgliches Recycling zu ermöglichen, ohne die Sicherheit und die Betriebseffizienz von Schiffen zu beeinträchtigen; den sicheren und umweltverträglichen Betrieb von Schiffsrecyclingwerften; und die Einrichtung eines geeigneten Durchsetzungsmechanismus für das Schiffsrecycling, der Zertifizierungs- und Meldepflichten umfasst. Europäische Schiffsrecycling-Verordnung Die EU-Verordnung gilt für Schiffe mit mindestens 500 BRZ, die unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaates fahren, und für Schiffe, die die EU anlaufen und die Flagge eines Nicht-EU-Mitgliedstaates führen. Die Verordnung ist größtenteils an das IMO- Übereinkommen angeglichen, verlangt aber vor allem die Erstellung einer Liste von zugelassenen Schiffsrecyclinganlagen (die »EU-Liste«). EU-Schiffe können nur in einer Anlage auf der EU-Liste recycelt werden. Solche Anlagen müssen die Anforderungen der EU an Konstruktion, Bau und Betrieb erfüllen und können sich auch außerhalb der EU befinden. Anlagen, die sich innerhalb der EU befinden, müssen bei der Europäischen Kommission einen Antrag auf Aufnahme in die Liste stellen. Anträge gibt es von vier Standorten in China sowie 20 in Indien, zwei in den USA und 13 in der Türkei. Bisher sind aus dem »Nicht-EU-Ausland« acht türkische Werften sowie eine in den USA in die Liste aufgenommen worden. 58 HANSA – International Maritime Journal 04 | 2021
SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY 5 questions to … Joachim Brack, Joint Managing Director CSM Energy & Mark O’Neil, President and CEO Columbia Ship Management © CSM »Certainly we will see some IHM-related disruption« CSM Energy provides services for safer and greener ship recycling to shipowners and operators. What are the biggest challenges in IHM procedures from your point of view? Joachim Brack: During Covid-19, physical on board inspections have been difficult to achieve. IHM compliance is a complex issue requiring specialist knowledge. The process of maintaining IHM compliance is an ongoing one – calling for the engagement of personnel on land and for the crews on board. The associated paperwork is huge as one has to keep track, monitor and record all changes/ repairs done on board. The biggest challenge is dovetailing the IHM compliance and maintenance procedures into the company’s purchasing processes in such a manner, as to allow digital processes to be employed. Ensuring continuous IHM-compliance is a huge challenge in itself and penalties can be very severe. CSM Energy was established in 2019 in order to provide management services for the Offshore and Energy sectors, and separately, IHM, environmental and green recycling services and consultancy. Mark O’Neil: Our goal is to offer turn-key IHM, environmental and green recycling solutions – from the cradle to the grave of the asset lifecycle. These solutions are required by our shipping clients, but also by our clients generally, including those in the cruise, superyacht, offshore and renewable energy sectors. Do you see implications of green recycling and IHM topics for the cooperation of ship owners, managers and charterers? Brack: Ship managers have to be able to advise and assist their clients on all aspects of the optimised operations of their vessels. This includes optimising IHM compliance and maintenance, environmental audits and green recycling preparation. What are challenges in working with shipyards on green recycling procedure from your experience? Brack: During the construction stage shipyards need to collect the required IHM data from their suppliers and pass this on upon delivery. This means they must ensure that for every piece of machinery and for each structural item, the necessary data is obtained from the supply chain. Once again, this involves a huge amount of paperwork. Ships are 99 % recyclable and if owners have performed their duties and developed and maintained a correct IHM part I, II, and III, and have considered the environmental lifecycle, then they have done everything they can to develop and implement the Ship Recycling Plan. Do you see a growing demand for IHM and green recycling services? Brack: Yes, absolutely. But you cannot deal with these issues on the side line. You need to focus on them from the outset, engage with specialists and deal with the subject proactively. CSM and CSM Energy are probably one of the few companies to have a dedicated Environmental Compliance Manager (similar to the role of a DPA), who is responsible to give guidance to the vessels, train the crew and also audit them. What are your expectations for the months ahead? Brack: We have made IHM and environmental compliance a central and integral part of our daily operations. All other operators need to do the same, and quickly. Certainly we will see some disruption in the short to medium future where standards and levels of knowledge vary from jurisdiction to jurisdiction. O’Neil: Vessel optimisation includes optimisation of operation, supply, procurement, crewing and training. It also includes optimisation of environmental compliance and green recycling. Quality optimised operation includes consideration of all of these factors. This requires well trained staff and crew harnessing the digital and technological tools now available. HANSA – International Maritime Journal 04 | 2021 59
Scrubber-Bilanz Hapag-Lloyd und TT-
Michael Meyer Stellvertretender Che
Mit Wasserstoff, Solarenergie und W
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