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HANSA 04-2019

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Schiffstechnik | Ship

Schiffstechnik | Ship Technology Gemessen, berechnet, gemeldet In Wedel, Bremerhaven und Kiel betreibt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) Messstationen für Schiffsabgase. Die Technik funktioniert offenbar gut, mit mobilen Stationen sollen die Kontrollen ausgeweitet werden, schreibt Felix Selzer Schiffskontrolle wegen möglicher Überschreitung des zulässigen Schwefelgrenzwerts im Kraftstoff: Die Polizei geht im Hafen an Bord, schaut sich die Dokumentenlage an – welcher Kraftstoff wurde gebunkert, wie war der Verbrauch, wann wurde umgestellt von HSFO auf LSFO, wenn ein Schiff von außerhalb der SECA kam? Gegebenenfalls erfolgt auch eine Sichtkontrolle des Kraftstoffs. Ergeben sich Verdachtsmomente, kann die Polizei eine Probe nehmen, die dann ins Labor geht. Der zulässige Schwefelgehalt im Schiffskraftstoff liegt global derzeit noch bei 3,5% (MARPOL Annex VI), im Schwefelemissionskontrollgebiet (SECA) in der Nord- und Ostsee wurde er zum 1. Januar 2015 von 1% auf 0,1% gesenkt. Schiffe müssen somit bei Einfahrt in die Zone Kraftstoff mit 0,1% Schwefelgehalt oder ein Kraftstoffreinigungssystem nutzen. Die Kontrollen an Bord sind sehr zeitund personalaufwändig. Zudem müssen sich die Beamten auch sehr gut auskennen. »Sie bekommen die Dokumente vorgelegt und müssen sich darin zurechtfinden, auch wenn es ein russisches Schiff ist. Sie müssen Unstimmigkeiten erkennen und wissen, wo sie im Pipelinesystem des Schiffs eine Probe nehmen müssen«, sagt Andreas Weigelt, Leiter des Schiffsabgasmessnetzes des BSH. Darum könne nur ein kleiner Teil der ankommenden Schiffe überhaupt kontrolliert werden. 2017 wurden im Hamburger Hafen von 10.000 Anläufen 450 Einheiten überprüft. Wie also kann die Zahl der überprüften Frachter erhöht werden? »Was wäre denn, wenn jedes Schiff eine Flagge hätte, welche die Qualität des Kraftstoffs anzeigt? Das Schöne ist: das machen die Schiffe bereits, nämlich mit der Abgasfahne«, sagt Weigelt. Daher betreibt das BSH Messstationen an ausgesuchten Stellen. Blowing in the wind Das Schiff kommt an der Messstation vorbei, die Abgasfahne wird vom Wind zum Sniffer transportiert, es werden unter anderem Schwefeldioxid und Kohlendioxid gemessen. Aus dem Verhältnis der beiden Abgasbestandteile lassen sich Rückschlüsse auf den Schwefelgehalt im Kraftstoff ziehen. »Zwar verdünnt sich die Abgasfahne auf dem Weg vom Schornstein bis zur Messstation, aber so wie sich Schwefel verdünnt, verdünnt sich auch Kohlenstoff. So kann man in der Mitte der Abgasfahne genau so messen, wie am Rand«, erklärt Weigelt. Die Fernmessung liefert später der Wasserschutzpolizei einen Anfangsverdacht für weitere Kontrollen eines auffälligen Schiffs. Der Messwert selbst taugt nicht als gerichtlich verwertbarer Beweis, gibt aber der Polizei die Legitimation, an Bord eine Probe zu nehmen. Wird bei der Kraftstoffanalyse im Labor eine Überschreitung des Schwefelgehalts festgestellt, die BSH-Messung also bestätigt, werden Sanktionen verhängt. Je nach Umfang der Überschreitung erfolgt die Einstufung als Ordnungswidrigkeit oder Straftat. Für Ordnungswidrigkeiten ist das BSH zuständig, um Straftatbestände kümmert sich die Staatsanwaltschaft. Die Bußgelder bewegen sich im Rahmen von wenigen hundert Euro für kleine Fehler wie falsche Dokumentation bis hin zu mehreren zehntausend Euro, wenn etwa in der ECA mit HSFO gefahren wurde. »Die Strafverfolgung richtet sich dabei nicht gegen die Reederei, sondern gegen die verantwortlichen Personen an Bord, also gegen den Kapitän oder den 1. Offizier«, erklärt der BSH-Mann. Damit es soweit kommen kann, müssen die im Freien stehenden Stationen zunächst überhaupt die Abgasfahnen abbekommen. »Wenn der Wind von der falschen Seite kommt, sieht man nichts. Daher positionieren wir unsere Messstationen strategisch so, dass wir die Hauptwindrichtung ausnutzen«, erklärt der Wissenschaftler. Wedel sei in dieser Hinsicht ein sehr guter Messstandort. Die Messungen dort begannen schon 2014 im Rahmen eines Forschungsprogramms und wurden dann in eine Routinemessung überführt. Im Schnitt An den Abgasmessstationen des BSH (hier Bremerhaven) sinkt die Quote auffälliger Schiffe © BSH 58 HANSA International Maritime Journal 04 | 04 2019 | 2019

Schiffstechnik | Ship Technology werden hier 3.000 bis 4.000 Abgasfahnen pro Jahr gemessen. »Verglichen mit 450 Schiffen, die die Polizei im Jahr in Hamburg kontrollieren kann, ist das schon eine deutlich größere Stichprobe«, sagt Weigelt. Nach dem Vorbild von Wedel sind auch die anderen Stationen des BSH aufgebaut. In Bremerhaven am Nordende des Containerterminals fahren die Schiffe in einer Entfernung von 200 bis 400 m vorbei, so wie in Wedel, auch die technische Ausstattung ist sehr ähnlich. Die Kieler Station steht auf dem Gelände eines Munitionslagers der Bundeswehr in Laboe am Ostufer der Kieler Förde, nördlich des Eingangs zum Nord-Ostsee-Kanal. »So können wir bei Westwind – und meistens haben wir Westwind – den gesamten Verkehr, der nach Kiel geht, aber auch den Verkehr durch den Nord-Ostsee-Kanal, messen«, erklärt Weigelt. Abstract: Tested, calculated, reported – German ship emissions testing a success The German maritime authority (BSH) operates ship emissions testing facilities in Wedel (near the port of Hamburg), Bremerhaven and Kiel. The »sniffers« detect ship exhaust gases, calculate the fuel’s original sulphur content based on certain exhaust gas components and – if a violation of SECA-legislation is likely – automatically notify the police, which is then authorized to inspect the vessel. Air quality has measurably improved since the programme start, numbers of suspicious vessels are below 1 %. BSH plans to install mobile sniffers on research and coast guard vessels in the future. Further information: redaktion@hansa-online.de Schwefelgehalt wird errechnet Schiffsabgase verraten sich am deutlichsten durch Spitzen bei NO- und NO2-Werten. Der Hintergrundwert in der Luft liegt in der Regel bei +/- 0 ppb (parts per billion). Trifft eine Schiffsabgasfahne das Messgerät, steigt dieser Wert je nach Verdünnung auf 80, 100, 200, 300 oder 400 ppb an. Der Anstieg ist auch beim Kohlendioxid und, falls ein Schiff schwefelhaltigen Kraftstoff einsetzt, auch am Schwefeldioxid zu sehen. Gleichzeitig ist ein Abbau von Ozon zu erkennen. Schiffe emittieren hauptsächlich Stickstoffmonoxid (NO). Altert die Abgasfahne, holt sich das NO ein Sauerstoffatom vom Ozonmolekül (O3) und wird zu NO2. Aus den gemessenen Werten errechnen die Wissenschaftler den Schwefelgehalt des Kraftstoffs, indem sie den SO2- durch den CO2-Wert teilen und dann mit einem Faktor multiplizieren, der sich aus verschiedenen Annahmen (z.B. Kraftstoff besteht zu 87% aus Kohlenstoff) und diversen Fakten (z.B. ein Schwefelatom hat anderes Molekulargewicht als ein Kohlenstoffatom) zusammensetzt. Die Zuordnung von Abgaswerten zu einzelnen Schiffen erfolgt per AIS. Die Schiffsbewegungen vor der Station werden aufgezeichnet, zusätzlich wird die Zugbahn der Abgasfahne anhand der Windrichtung und -geschwindigkeit berechnet. Im Falle einer eindeutigen Zuordnung geht eine E-Mail an die Wasserschutzpolizei mit Messwert und Schiffsidentität – alles automatisch. HANSA International Maritime Journal 04 | 2019 59

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