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HANSA 03-2018

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Häfen | Ports Kollege

Häfen | Ports Kollege Roboter geht zur Hand In Bremen wird ein neuartiger Roboter zur Entladung von Containern entwickelt. Er soll die Arbeitsbedingungen und die Effizienz von Umschlagprozessen in Seehäfen verbessern Während die Containertransportkette immer weiter automatisiert wird, bleibt die Entladung der Boxen überwiegend manuell, ein wesentlicher Anteil wird in den Seehäfen entladen. 40-Fuß-Standardcontainer mit ihren Innenmaßen von rund 12 x 2,3 x 2,4 m haben ein Ladevolumen von gut 65 m3 und eine Nutzlast von zirka 26 t. Bei einer Menge von bis zu 1.800 Kartons pro 40’-Container und einem Einzelgewicht der Kartons von bis zu 35 kg müssen die Arbeiter monotone und anstrengende Tätigkeiten in einem in aller Regel nicht klimatisierten bzw. beheizten Umfeld und über einen langen Zeitraum durchführen. Künftig soll diese Arbeit mithilfe eines neuartigen Roboters erledigt werden. Dazu forscht das BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen – mit den Entwicklungspartnern BLG Handelslogistik, Schulz Systemtechnik aus Bremen und das Unternehmen Framos aus Taufkirchen in dem neuen Projekt »Interaktives Robotiksystem zur Entleerung von Seecontainern« (IRiS). Bisher existierende automatische und halbautomatische Systeme genügen laut BIBA aufgrund hoher Investitionskosten sowie langen Inbetriebnahmezeiten und Anpassungen an die Infrastruktur den Anforderungen von Hafenbetreibern nicht. Zudem seien die Systeme häufig stationär und relativ groß dimensioniert, was eine Änderung des Arbeitsplatzes des Roboters sehr aufwendig mache. Der im Projekt entwickelte mobile Roboter soll innerhalb kürzester Zeit ohne große Anpassungen in der vorhandenen betrieblichen Infrastruktur zur Entladung eingesetzt werden können. Er werde sich selbstfahrend zwischen mehreren Toren bewegen und bei fortschreitender Entleerung in den Container hineinfahren können sowie über ein neuartiges Kinematik- und Greifsystem verfügen, so die BLG. Etablierte Methoden des maschinellen Lernens sollen es dem Roboter ermöglichen, verschiedene Packszenarien zu klassifizieren und optimal zu entladen. Als erstes erfolgt die Aufnahme der technologischen und Mitarbeiter-spezifischen Anforderungen. Um die Zusammenarbeit mit der Maschine möglichst einfach zu gestalten, entwickelt das BIBA Mensch-Roboter-Interaktionsschnittstellen, die in einen exemplarischen Leitstand integriert werden. Sind abschließend alle einzelnen Komponenten in ein Gesamtsystem integriert, erfolgen die Labor- und Feldtests. Unterschiedliche Interaktionsmodule ermöglichen eine intuitive Kontrolle und Steuerung eines oder mehrerer Roboter. »So können die Mitarbeiter die Roboter überwachen und bei Störungen schnell, mit wenig Aufwand und vor allem ohne Programmierkenntnisse eingreifen. Und das losgelöst vom Arbeitsort der Roboter von einem Leitstand aus. Das Risiko kostenintensiver Systemstillstände wird damit minimiert«, sagt Hendrik Thamer, Leiter des Projektes am BIBA. In dem Vorhaben ist das Institut außer für das Kinematik- und Greifsystem auch für die Gestaltung des Arbeitsplatzes mit der Integration des operativen Personals verantwortlich. Es entwickelt die Interaktionsmodule auf Basis intuitiver und nutzerspezifischer Interaktionskonzepte sowie das Monitoringsystem zur Überwachung der korrekten Funktionsweise und Performance der Roboter. Planung, Konstruktion, Fertigung und Inbetriebnahme des Roboters werden durch die Abbildung in einem digitalen Zwilling begleitet. »So können zum Beispiel die Komponenten bereits im Vorfeld simuliert und virtuell getestet werden«, erklärt Marco Schrader, Automatisierungs- und Robotikspezialist von Schulz Systemtechnik. Dem Unternehmen ob- 84 HANSA International Maritime Journal – 155. Jahrgang – 2018 – Nr. 3

Häfen | Ports Die neu entwickelten Robotor sollen mobil sein – und flexibler als herkömmliche Geräte Foto: BLG liegen die Entwicklung und der Betrieb des »Digital Twin«. Eine weitere Herausforderung in dem Projekt ist die Analyse des Containerinhaltes. Projektpartner Framos ist Spezialist der industriellen Bildverarbeitung und entwickelt Methoden für die Klassifizierung der Packszenarien und Analyse des Containerinhaltes. »Die Objekterkennung basiert auf 2D-/3D-Bilddaten. Sie verwendet modernste Methoden der Bildverarbeitung und kombiniert diese mit maschinellem Lernen«, erklärt Entwicklungsleiter Simon Che’Rose. So könne das System unter anderem erkennen, ob ein Container vollautomatisch durch den Roboter entladen werden kann oder ob darin besondere Situationen herrschen, die eine manuell vom Leitstand gesteuerte Bedienung des Roboters erfordert. Zudem würden Lage und Orientierung des Inhaltes zur Planung des Entladevorgangs analysiert. Wolf Lampe, Leiter für Nachhaltigkeit und neue Technologien bei der BLG, erklärt: »In unserem Projekt beschäftigen wir uns primär mit Kartonagen, die Konsumgüter oder Textilien enthalten und mehr oder weniger ordentlich übereinander gestapelt sind. Die Kartons haben unterschiedliche Größen, Gewichte und Ausrichtungen. Zusätzlich können sie verschoben, verdreht oder gekippt sein. Dadurch entsteht eine hohe Vielfältigkeit an möglichen Packszenarien, die eine automatische Entladung in der Vergangenheit erschwert hat.« Lampe geht davon aus, dass der Roboter für andere Güter, beispielsweise Fässer oder Säcke, angepasst beziehungsweise weiterentwickelt werden kann. Paletten und Mischladungen erfordern andere Automatisierungslösungen. Ladungssicherungseinrichtungen müssen weiterhin im Vorfeld durch einen Mitarbeiter entfernt werden, allerdings können Kartons in der Regel raumfüllend gestaut werden. Künftig seien aber auch automatisch handhabbare Ladungssicherungssysteme denkbar, so Lampe. Er schätzt, dass die BLG Handelslogistik ungefähr die Hälfte der Waren als nicht-palettisierte Kartonagen in Containern erreicht. Ladung auf Paletten werde mit Staplern entladen, typische LCL-Container würden manuell mit Staplerunterstützung entleert, hier sei der Aufwand einer Automatisierung am Höchsten. »Der im Projekt entstehende Prototyp wird schon 2019 zeigen, wie eine verlässliche Zusammenarbeit von Mensch und Maschine in der Versorgungskette aussehen kann«, sagt Lampe. Das Bundesverkehrsministerium fördert das dreijährige Vorhaben im Rahmen des Programms für Innovative Hafentechnologien (IHA- TEC) mit 2,2 Mio. €. Der Gesamtumfang beträgt 3,16 Mio. €. Begleitet wird das Projekt vom Projektträger TÜV Rheinland, Verbundkoordinator ist BLG Handelslogistik. fs Abstract: Robot co-worker lends a hand While the container logistics process is getting increasingly automated, the unloading of shipping containers remains a manual task. A significant share is being unloaded in seaports. To improve working conditions and handling process efficiency, a new kind of robot is being developed in Bremen. The robot will be able to identify packing scenarios and to indepently unload certain cargo, e.g. carton boxes. The mobile system will also be deployable at different locations without significant adaptations. Further information: redaktion@hansa-online.de HANSA International Maritime Journal – 155. Jahrgang – 2018 – Nr. 3 85

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