SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY Lauber: Absolut. Ein synthetischer Kraftstoff ist ein reiner Kraftstoff. Im Fall der »ElbBlue«: CH 4 . Ein fossiles Erdgas hat immer Bestandteile von höheren Kohlenwasserstoffen drin, die de facto die Verbrennung verschlechtern. Es ist also für den Motor tatsächlich besser, CH 4 ohne diese Bestandteile zu verbrennen. Welche Mengen an traditionellem Brennstoff müssten künftig in der Schifffahrt durch synthetischen ersetzt werden? Lauber: Wir reden allein in der Schifffahrt von einem Ersatz für 300 Mio. t Schweröl. Die gleiche Menge ist in der Luftfahrt zu ersetzen. Um diese gigantischen Volumina an synthetischen Kraftstoffen zu bekommen, müssen wir sie in Ländern produzieren, wo Sonne und Wind durchgehend im Überfluss verfügbar sind. Wird es einen Verteilungskampf um die synthetischen Kraftstoffe geben? Lauber: Ja. Ich bin Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat und wir haben dort diskutiert, welche Industrien bei der Nutzung von Wasserstoff priorisiert werden sollen. Wo eine direkte Elektrifizierung möglich ist, ist das immer der effizienteste Weg. Daher: Kein H 2 im Pkw! In der Schifffahrt sind Batterien dagegen keine Lösung. Riesige Containerschiffe rein batterie-elektrisch zu betreiben, ist auf absehbare Zeit unmöglich. Wir haben hier keine Alternative zu Wasserstoff. Und wir müssen jetzt anfangen, Infrastruktur und Lieferketten um- und aufzubauen. Es ist nicht fünf, sondern eine Minute vor zwölf. Wie bekommt man den Anfang hin? Lauber: Es braucht festgelegte Pfade, und es braucht langfristige und nachhaltige Investitionen, sonst funktioniert der Hochlauf nicht. Subventionen wie die acht Milliarden, die die Bundesregierung zur Verfügung gestellt hat, sind richtig. Solche Investitionen sind notwendig, um das Thema anzuschieben. Wir haben die Erneuerbaren Energien 20 Jahre gefördert, und es hat sich ausgezahlt. Zugleich sollten wir aus dieser Erfahrung lernen und die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen: Die maritime Branche ist ein internationales Geschäft, und wir dürfen sie nicht ausschließlich durch die deutsche oder europäische Brille betrachten. Es braucht globale Lösungen. Es ist gut, dass die EU treibt und ein Exempel statuiert. Aber wir dürfen nicht Durch Nachrüstung können heutige Motoren bereits mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden anfangen, Gesetze auf nationaler oder europäischer Ebene zu verabschieden, die einen Flickenteppich schaffen, der letztlich unsere heimischen Reeder be - straft. Und wie stellen Sie sich als Unternehmen auf, um diesen Kraftakt zu stemmen? Lauber: Wir machen unsere Motoren fit für alternative Kraftstoffe der Zukunft, investieren in unser Tochterunter - nehmen H-TEC Systems und befassen uns mit Forschungs- und Entwicklungsthemen rund um Carbon Capture sowie Speichertechnologien. Da haben wir gute Projekte, die Pipeline ist voll. Im Zuge Ihrer Unternehmenstransformation haben sie neue Geschäftszweige und Produkte in den vergangenen Jahren dazugewonnen. Wie wirkt sich dieser Wandel auf die Belegschaft aus? Lauber: Damit die Belegschaft den Wandel mitmacht, haben wir Schulungskonzepte in unserem Restrukturierungsprogramm verankert. Wir nehmen die Leute mit. Und wo neue Mitarbeiter gebraucht werden, stellen wir allen Sparanstrengungen zum Trotz ein, zum Beispiel im Bereich Digitalisierung oder Verfahrenstechnik. Wie viel Geld steckt MAN jährlich in den Bereich der Forschung und Entwicklung? Lauber: Das sind etwa 5 % bis 6 % unseres Umsatzes. Das ist relativ viel, weil diese neuen Technologien viel Einsatz erfordern. Neue Geschäftsfelder, neue Berufsfelder, intensivere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten – kann man sagen, dass die Welt für ein Traditionsunternehmen wie MAN komplexer geworden ist? Lauber: Sie ist komplexer geworden, aber das macht uns auch Spaß. Komplexität war immer schon die Stärke von MAN. Bei einem Serienprodukt geht es am Ende nur noch um den Preis. Das ist aber nicht unsere Welt. Die Veränderungen, die Herausforderungen, denen wir aktuell gegenüberstehen, sorgen dafür, dass all die tollen Ingenieure, die für uns arbeiten, gefordert werden. Gerade junge Absolventen, die von der Hochschule zu uns kommen, wollen an Produkten arbeiten, die einen gesellschaftlichen Mehrwert erbringen, die nachhaltig sind und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Interview: Anna Wroblewski Abstract: »It’s one minute to twelve« Until a few years ago, diesel engines were the core product of MAN Energy Solutions. Today, the company is undergoing a transformation to become a provider of CO 2 -neutral power solutions. With LNG being an interim solution, the future lies in the use of synthetic fuels such as ammonia or methanol, especially for large vessels. According to CEO Uwe Lauber, there is an urgent need to build up the infrastructure and supply chains immediately © Wroblewski 40 HANSA – International Maritime Journal 02 | 2022
SCHIFFSTECHNIK | SHIP TECHNOLOGY INTERNATIONALES JAHRBUCH DER SEEFAHRT EXKLUSIV BEI KOEHLER € (D) 17,95 ISBN 978-3-7822-1397-4 Direkt bei uns bestellen auf koehler-mittler-shop.de oder telefonisch unter 040/70 70 80 322 SCAN ME JETZT BESTELLEN! koehler-books.de HANSA – International Maritime Journal 02 | 2022 41 Maximilian Verlag GmbH & Co. KG | Stadthausbrücke 4 | 20355 Hamburg
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