HÄFEN | Ports Nachfrage nach Kühlware steigt Da die Bedeutung gekühlter Fracht stetig zunimmt, bauen Häfen die Kapazitäten aus. Reedereien führen immer neue Linienverbindungen ein. Von Thomas Wägener Wer in der heutigen Zeit ein herkömmliches Kühlschiff zu sehen bekommt, kann zweifelsohne von einem seltenen Anblick sprechen. Denn die Zahl dieser Schiffe geht weiter zurück. Einst wurden diese Spezialschiffe gebaut, um verderbliche Ware schnell von A nach B zu befördern. Mit Einführung des Kühlcontainers ist ihre Bedeutung jedoch stetig zurückgegangen. Heute gibt es nur noch wenige Reedereien, die im Besitz reiner Kühlschiffe sind. Ein Hafen, an dem die im Volksmund als »Bananenjäger« bezeichneten Schiffe regelmäßig Station machen, ist das russische St. Petersburg. Einheiten des 1999 gegründeten Unternehmens Baltic Das Kühlschiff »Lady Rosebay« am neuen Terminal in Dover © Port of Dover 50 HANSA International Maritime Journal 02 | 2020
HÄFEN | Ports Shipping laufen den russischen Hafen regelmäßig an. Seit mehr als 20 Jahren ist die Reederei auf den Transport von Ladung mit konventionellen Kühlschiffen spezialisiert. Um ganzjährig zu Häfen wie St. Petersburg zu gelangen, ist die gesamte Flotte mit Eisklasse ausgestattet. Maersk hat in St.Petersburg Mitte 2019 mit dem Bau eines Kühlhauses begonnen. 30.000 Palettenstellplätze stehen hier nach Fertigung zur Verfügung, 200 Lkw können dann bedient werden. Die Lagerkapazität beträgt 50.000 t. Laut Maersk ist Russland seit 2017 der zweitgrößte Bananenimporteur der Welt und die Obstimporte nehmen weiter zu. Die Einfuhr von Bananen stieg 2018 um 1%, die von Zitrusfrüchten um 7,4% und die von Äpfeln um 13,5%. Zudem verfügt das 1998 in Betrieb gegangene First Container Terminal (FCT) in St. Petersburg über 2.905 Steckplätze für Kühlcontainer und ist damit eine der größten Umschlaganlagen für Reeferboxen in Europa. Neuer Umschlagplatz in Dover Wegen der erhöhten Nachfrage nach Perishables sind die Kapazitäten für den Umschlag von Kühlladung an anderen Orten schon an ihre Grenze gestoßen. Bedarf für neue Flächen gab es beispielsweise in der am Ärmelkanal gelegenen Hafenstadt Dover. Im Dezember 2019 ist dort das neue Dover Cargo Terminal West in Betrieb gegangen. Erstes Schiff an dem Mehrzweckterminal war die 143 m lange und 22 m breite »Lady Rosebay«, ein konventionelles Kühlschiff, das 2010 auf der japanischen Werft Kitanihon Shipbuilding in Hachinohe gebaut wurde. Das neue Terminal verfügt über zwei Liegeplätze mit 340 m und 240 m Länge. Die Wassertiefe beträgt 10 m. Als Umschlagwerkzeuge stehen zwei 125-t-Hafenmobilkrane des Gottwald Model 5 mit der Bezeichnung G HMK 5506 des finnischen Unternehmens Konecranes bereit. Die Länge ihrer Ausleger beträgt bis zu 51 m. Sie werden hybrid betrieben, um effizienteren Verbrauch, weniger Schadstoffemissionen sowie geräuschärmeren Umschlag zu gewährleisten. Überdies gibt es drei Reachstacker sowie einen Leercontainerstapler. Ferner wurde auf dem Gelände ein neues, 10.000 m2 großes temperaturgeregeltes Lagerhaus errichtet. Darüber hinaus stehen umfangreiche Freilagerflächen zur Verfügung. Abstract: Demand for refrigerated goods increases As the importance of refrigerated cargo is steadily increasing, ports are expanding their capacities and shipowners are introducing new liner services that regularly serve these hubs. The port of Vlissingen, part of the Dutch-Belgian North Sea Port, is now served by shipping companies such as CMA CGM, Chiquita, and since September 2019 also MSC, which regularly deliver reefer containers. The ships moor at the facilities of Kloosterboer. In Dover, UK, the multi-purpose terminal, Dover Cargo Terminal West, commenced operation in December 2019. In Rotterdam, the so-called Rotterdam Food-Up is currently being built in the area of the Maasvlakte for container ships that transport mainly reefer containers. In Wilhelmshaven, refrigerated goods specialist Nordfrost is expanding its capacities. Further information: redaktion@hansa-online.de Ein weiterer wichtiger Hafen für Tiefkühlwaren in Großbritannien ist Portsmouth. Den Handel dort wickelt Portico ab. Das Unternehmen betreibt zwei Liegeplätze, einen 285 m langen, wovon 240 m eine Wassertiefe von 7,30 m haben, und einen 190 m langen, mit 8,30 m Wassertiefe, an dem bis zu 164 m lange Schiffe festmachen können. Frischware ist das Kerngeschäft von Portico, das Spektrum reicht von Ananas, Süßkartoffeln und Zitrusfrüchten bis hin zu Tomaten. Zudem wird hier die Mehrheit der Bananen angeliefert, die in Großbritannien verzehrt werden. Die Früchte kommen aus Afrika, Südamerika und der Karibik. Weiter sorgt das Unternehmen auch für die Versorgung des Landes mit Avocados. Bei unterschiedlichen Temperaturen kann eine Vielzahl von Waren in den Tiefkühlhäusern gelagert werden. Geest bedient Portsmouth wieder Kürzlich ist die Reederei Geest Line nach Portsmouth zurückgekehrt. Der erste Frachter, die »Luzon Strait«, brachte Anfang Dezember vergangenen Jahres Bananen aus der Karibik, insgesamt waren 9.000 Paletten an Bord. Auch bei dieser Einheit handelt es sich um ein konventionelles Kühlschiff. Die Entscheidung von Geest Line den Hafen Portsmouth wieder zu bedienen, sei sowohl von Bananen- als auch von Stückgutkunden positiv aufgefasst worden, so der Hafen. »Es ist großartig, dass wir unser erstes Schiff wieder in Portsmouth willkommen heißen konnten. Wir haben fünf Frachter, die künftig jeden Freitag nach einer Fahrt von 4.000 Meilen von der Karibik aus wöchentlich hier anlegen werden«, sagt Kapitän Peter Dixon, Geschäftsführer der Geest Line. Sein Unternehmen bedient mit seinen Schiffen seit mehr als 60 Jahren Europa mit Gütern aus der Karibik und umgekehrt. Vlissingen wird zum Tiefkühl-Hub Der Hafen Vlissingen, der zum niederländisch-belgischen Hafenverbund North Sea Port gehört, hat sich zu einem Umschlagzentrum für Tiefkühlcontainer entwickelt. Seit neuestem gibt es dort wieder eine direkte, wöchentliche Verbindung zu den Niederländischen Antillen. Der Liniendienst wird von Streamlines betrieben, einem Partnerunternehmen von Seatrade, das sich auf den Containertransport zwischen Europa und den Antillen spezialisiert hat. Die Fahrzeit zwischen Vlissingen und dem ersten Antillenhafen Willemstad beträgt elf Tage, 13 Tage sind es bis Bonaire, dem letzten Ziel auf den Antillen. Die Schiffe werden in Vlissingen am Terminal von Kloosterboer abgefertigt. Diese Umschlageinrichtung wird seit September 2019 auch von MSC bedient, der weltweit zweitgrößten Linienreederei im Containertransport. Erstes MSC- Schiff dort war die 3.400 TEU große »MSC Alabama«. Die 242 m lange Einheit wurde 1996 gebaut und fährt unter der Flagge Panamas. Der Frachter wird im Angola Express Service eingesetzt, der Nordeuropa mit Westafrika verbindet. Westafrika, mit Senegal an der Spitze, sei ein wichtiger Abnehmer von Zwiebeln aus der Region Zeeland, zu der auch Vlissingen zählt, heißt es. Die Entscheidung von MSC den Schelde-Hafen direkt per Schiff anzulaufen ziehe auch andere Geschäfte an, sagt Gerben Paauwe, Standortleiter von Kloosterboer in Vlissingen. Auch die französische Reederei CMA CGM bedient die Umschlageinrichtung von Kloosterboer in Vlissingen seit einiger Zeit mit einem Afrika-Dienst. Wie bei den MSC-Frachtern werden auch hier hauptsächlich Kühlcontainer umgeschlagen. Seit etwa einem Jahr wird der niederländische Hafen von einem Containerliniendienst angelaufen, den Chiquita Brands HANSA International Maritime Journal 02 | 2020 51
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