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HANSA 02-2019

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Schifffahrt | Shipping

Schifffahrt | Shipping Neues Manöver für Bergung auf Mega-Boxern Das SOLAS-Übereinkommen verpflichtet Reedereien, Verfahren zur Rettung von über Bord Gefallenen zu entwickeln. Kapitän Ortwin Mühr von der Reederei Claus-Peter Offen hat ein neues Manöver für Großcontainerschiffe entwickelt 4 3 1 2 So sieht das Mühr-Manöver theoretisch aus © Mühr P Biscaya, schwere See, 8-9 Windstärken. Das Schiff rollt heftig hin und her, als es passiert: Der Schiffsmechaniker, der gerade auf einem Kontrollgang ist, wird von einer übergehenden Welle erfasst, verliert das Gleichgewicht und stürzt über Bord. Es wird bemerkt und sofort Alarm ausgelöst. Diese hypothetische Szenerie kann so oder ähnlich jederzeit passieren. In einem solchen Notfall ist vor allem die Schiffsführung gefragt. Wahrscheinlich wird sich der Kapitän an seine Ausbildung erinnern und mit seinem Schiff den »Williamson-« oder den »Scharnow-Turn« versuchen. Mit beiden Manövern wird das Schiff schnell auf entgegengesetztem Kurs zum Ausgangspunkt zurückgebracht. Der letzte Teil dieser Manöver, die präzise Ansteuerung des Überbordgefallenen rechtwinkelig zu Wind und Seegang, bleibt aber wegen des Verlustes der Steuerfähigkeit des Schiffes problematisch. Hier setzt das neue Rettungsmanöver von Kapitän Mühr an. Das Manöver nutzt das natürliche Verhalten vieler Schiffe, die sich ohne Fahrt durch das Wasser automatisch quer zum Wind legen. Das Zudriften auf die Unglücksstelle bei gestoppter Maschine gewährleistet selbst unter schwierigen Bedingungen eine relativ kontrollierte Annäherung. Das Manöver ist standardisiert wiederholbar und führt insbesondere bei tiefgehenden Schiffen zum gewünscht sicheren Ablauf bei gleichzeitiger Wind- und Wellenabschattung der Unglücksposition. Dabei wird eine Person oder auch ein Rettungsfloss durch das an der Bordwand hochgepresste Wasser in Lee des Schiffes automatisch von der Bordwand freigehalten. Probleme kann es allerdings bei zu schnell driftenden, flachgehenden Schiffen (z.B. bei Fähren oder beim Fahren in Ballast) geben, wenn Unterströmung Personen ohne Auftriebshilfen hinabziehen Abstract: New manoeuvre for salvage operations on mega boxers The international SOLAS Convention (»Safety of Life at Sea«) obliges shipping companies to develop procedures for rescuing those who have fallen overboard. Captain Ortwin Mühr of the German shipping company Claus-Peter Offen (CFO) has developed a new manoeuvre for large container ships. The manoeuvre makes use of the natural behaviour of many ships, which automatically lie across the wind without sailing through the water. Drifting towards the scene of the accident with the engine stopped ensures a relatively controlled approach even under difficult conditions. Further information: redaktion@hansa-online.de könnte. Kapitän Mühr hat sein Manöver in der Praxis und auch später theoretisch im Schiffsführungssimulator in Warnemünde mit diversen Kapitänen der Reederei erprobt. Nicht jedes Rettungsgerät geeignet Ist das Manöver geglückt und das Schiff liegt aufgestoppt direkt neben der im Wasser treibenden Person, stellt sich die Frage, wie diese an Bord zu holen ist. Mit dem »Rescue Star« steht ein in der Praxis bewährtes und sicheres Rettungsmittel zur Verfügung. Mit dem Gerät, das wie ein umgedrehter Schirm aussieht, können Schiffbrüchige auch bei starkem Wellengang auch über 3 m in horizontaler Lage zurück auf große Schiffe gerettet werden. Der mittlerweile überarbeitete Rettungsschirm lässt sich auch in Innenräumen stauen und kann dann schnell von der Schiffsbesatzung zum Beispiel am Bunker-, Proviant- oder Rescueboot- Kran eingesetzt werden. Ideal ist der Betrieb über eine Aussetzvorrichtung mit »hakenfreier« Läuferanbindung an der »Rescue Star«-Stange, damit der Schwimmkörper ohne Begrenzung frei laufen und der »Rescue Star« unabhängig von der Wellenhöhe eingesetzt werden kann. Das norwegische System »Sealift« ist besonders für schwere Seegangsverhältnisse und die Rettung bewusstloser Personen geeignet. Das vergleichsweise große Rettungsgerät ist speziell für Offshore- Versorgungsschiffe konzipiert worden. 38 HANSA International Maritime Journal – 156. Jahrgang – 2019 – Nr. 2

Schifffahrt | Shipping © BG Verkehr © Mühr / C.P. Offen Das Dacon Rescue Scoop ist genauso empfehlenswert, benötigt aber ebenfalls eine Kranvorrichtung mit relativ großer Auslage. Die beiden Systeme Markus-Rettungsnetz (Island) und das Jason Cradle (England) verfügen zwar jeweils über eine SOLAS-Zulassung einer Klassifikationsgesellschaft, aber was ist eine solche Zulassung wert, wenn es für solche Rettungsmittel keine Prüf- und Anforderungskriterien der IMO gibt? Aus diesem Grund stellen alle anderen anerkannten zugelassenen Stellen (Notified Body) für derartige Geräte keine Zulassungen nach dem SOLAS-Übereinkommen oder der Europäischen Schiffsausrüstungs-Richtlinie (MED) aus. Ein weiteres Rettungskonzept, die Drohne »Poseidron« der spanischen Universität Valencia, hat zwar eine Auszeichnung im Rahmen der European Satellite Navigation Competition (ESNC) erhalten, aber es gibt bis heute keinen in der Praxis funktionierenden Prototypen. Für die Reedereien stellt die Auswahl des richtigen Rettungsgerätes eine große Herausforderung dar. Der geplante ISO- Entwurf zu solchen Recovery-Systemen beschreibt im Wesentlichen nur die bisher auf dem Markt vorhandenen Systeme, enthält aber keine funktionalen Anforderungen an Rettungsgeräte. Auch Die Bergung Überbordgefallener erfordert Teamarbeit die IMO hat bisher keine solchen technischen Standards festgelegt. Bei der Rettung unterkühlter Personen geht Schnelligkeit über alles. Gerade wenn die im Wasser treibende Person bereits bewusstlos ist oder wenn die Atemwege oder der Kopf häufig unter Wasser geraten, muss die Rettung so zügig wie möglich erfolgen. Optimal ist eine Rettung, wenn die unterkühlte Person waagerecht und ohne Lageänderung aus dem Wasser gerettet wird, da andernfalls die Gefahr des Bergungskollapses besteht. Dabei kann kaltes Blut aus den Extremitäten zurückfließen und schwere Herzrhythmusstörungen auslösen. Bei nur sehr kurzem Verbleiben im Wasser (bis 15 min) ist dagegen die Gefahr des Bergungskollapses vernachlässigbar. Auch nach dem An-Bord-Bringen sollte der Transport der unterkühlten Person in das Bordhospital liegend erfolgen. Mit Decken und warmen Getränken sowie einer auf ca. 38° C erwärmten Infusionslösung sollte dann versucht werden, die Körperkerntemperatur der unterkühlten Person wieder zu erhöhen. Autoren: Peer Lange, Christian Bubenzer Dienststelle Schiffssicherheit - BG Verkehr »Rescue Star« hat sich als Bergungsmittel bewährt HANSA International Maritime Journal – 156. Jahrgang – 2019 – Nr. 2 39

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