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HANSA 02-2017

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HTG Workshop zu

HTG Workshop zu Korrosionsfragen in Hamburg am 10. November 2016 Der Fachausschuss für Korrosionsfragen der Hafentechnischen Gesellschaft (FA KOR der HTG) hat am 10. November 2016 seinen fünften workshop seit 2012 im Elbkuppelsaal des Hotels Hafen Hamburg vor über 120 Gästen durchgeführt. Im ersten Vortrag von Dr. J. Dittmers (Corroconsult) wurde die Entwicklung der Beschichtungsstoffe seit dem Jahre 1951 aufgezeigt. Bis hinein in die 1980er Jahre wurden Teere bzw. teerhaltige Materialen und Bitumen auf 180oC erhitzt und entsprechend mit Spachtel und Pinsel verarbeitet. Durch in Lösung bringen wurden diese Stoffe entsprechend für den Spritzauftrag modifiziert. Ein großes Problem dieser Materialien war der geringe Abriebwiderstand dieser Beschichtungen, welche den teilweise hohen Abrasionsbelastungen generell nicht standhielt. Dies besserte sich, als die Teere und bituminösen Stoffe mit Reaktionsharzen (Epoxid und Polyurethan) kombiniert werden konnten. Die BAW hatte hierzu bereits ein Testverfahren zur Ermittlung der Abriebfestigkeit kreiert. Gegen Ende seines Vortrags lüftete Dr. Dittmers sein Geheimnis, warum er gerade die Entwicklung des Korrosionsschutzes mit dem Jahr 1951 beginnen ließ: Dies ist das Geburtsjahr von Dr. Günter Binder, dem Vorsitzenden des FA KOR, der demnächst aus dem offziellen Berufsleben ausscheiden wird. Dr. Dittmers skizzierte in seiner charmanten Art noch die Person und die Leistungen von Dr. Binder. Oliver Heins (EnBW), seines Zeichen der stellvertretende Vorsitzende des FA KOR, würdigte das Wirken von Dr. Günter Binder, der den Korrosionsausschuss der HTG seit 1994 leitet (Bericht folgt). Dr. Günter Binder (HTG/BAW) erläuterte in seinem Vortrag die Möglichkeiten bzw. die Folgen der Korrosion und des Korrosionsschutzabbaus unter dem Aspekt der (Un-)Berechenbarkeit. Hier konnte er auf zahlreiche Erfolge hinsichtlich der exakteren Erkennung und Vorhersagen bei kontinuierlichen Korrosionsprozessen verweisen: Zunächst ist es gesichert, dass Schutzstromverbrauch, Anodenanzahl und ggfs. –verbrauch bei Kathodenschutzanlagen sicher berechnet werden können. Hinsichtlich der Abrostung von Stahl in verschiedenen Medien konnte in einer Forschungsarbeit z.B. ein statistisch Referenten und Mitarbeiter des FA Korrosionsfragen gesicherter Zusammenhang von Wasseraggressivität und Korrosionsrate des Stahles zur Vorhersage der Abrostung während der Nutzungsdauer ermittelt werden. Eine erweiterte Verfeinerung der Vorhersage gelingt mit der Korrosionsmesszelle, wenn die Aggressivität des vorgesehenen Immersionsmediums nachgestellt und ein Faktor zwischen den Abrostungsraten ermittelt werden. Weitaus komplizierter sind Vorhersagen bei der Mikrobiell Induzierten Korrosion, wodurch es immer wieder zu schweren Gefährdungen an den Wasserstraßen durch Kollabieren der (ungeschützten) Uferbefestigungen aus Stahl kommt. Vorhersagen über die Korrosionsschutzwirkung von Anstrichen sind zwar nicht unmöglich, doch müsste hier noch eine deutliche Verbesserung der Korrosionsschutzbeobachtungsdaten erfolgen. Stephan Müller (RWE) erläuterte in seinem Vortrag die grundsätzlich wichtigen Laborprüfverfahren für Beschichtungsstoffe im Stahlwasserbau. Im Kraftwerksbereich ergeben sich weitere Beanspruchungen, welche eine erhöhte Selektion von geeigneten Stoffen erforderlich machen. Neben dem Test durch Wechselbelastung werden hier speziell der Diffusions- und Korrosionsbeständigkeitstest als wichtig erachtet. Hinsichtlich der Belastung von Fallrohren von Wasserkraftwerken ist es zudem auch sehr wichtig, die mechanische Belastung und die dazugehörigen Materialkonstanten der Beschichtung zu kennen: Neben dem Abrieb werden die Beschichtungen auch noch Schlagfestigkeitsprüfungen bei unterschiedlichen Temperaturen unterzogen. Stephan Müller ergänzte seine Prüfresultaterkenntnisse noch mit Hinweisen zur Ausführung von Korrosionsschutzarbeiten (»Verarbeitungsspezifikation«), die für den Kraftwerksbereich gelten. Christian Stolzenberger (VGB Power- Tech) stellte in seinem Vortrag über einen neuen Korrosionsschutzstandard zunächst den VGB (Fachverband der Strom- und Wärmeerzeugung) und dessen Wirken bei der Strom- und Wärmeerzeugung vor. In Zusammenarbeit mit der BAW wurde der nun vom BSH eingeführte VGB/BAW-Standard in seinem Geltungsbereich für Offshore-Windenergieanlagen in relativ kurzer Zeit erstellt. Aus der Einteilung in verschiedene Belastungszonen ergeben sich die Anforderungen an den Korrosionsschutz, welcher durch Beschichtung oder Kathodischen Schutz oder auch in deren Kombination erzeugt wird. Je nach Zone sind Beschichtungssysteme vorgeschlagen. Hier wird, im Unterschied zu anderen Regelwerken, strikt auf die Performance der Systeme in den jeweiligen Prüfverfahren zur Erlangung der Zulassung geachtet. Beispielsweise schützt der Kathodische Korrosionsschutz nicht nur vor Korrosion, sondern kann, bei falscher Einstellung auch Schaden, vornehmlich bei der Beschichtung, anrichten. Mit einem entsprechenden Prüfverfahren werden Beschichtungsmaterialien selektiert. Gleichzeitig wird der Einsatz von Galvanischen Anoden aus Aluminium, zunächst vorwiegend aus technischen Gründen, eingeschränkt und der Schutz durch Fremdstromanoden präferiert. Lisa Hertel (Steffel KKS GmbH) stellte zu Beginn ihres Vortrags die Regelwerke und Zertifizierungen im KKS-Bereich dar und Foto: Binder 96 HANSA International Maritime Journal – 154. Jahrgang – 2017 – Nr. 2

HTG erläuterte anschließend die Funktionsweise des kathodischen Schutzes von Stahl im Wasser in seinen beiden Varianten Galvanische Anoden und Fremdstrom. Im Detail führte sie die Erstellung eines Fremdstromkonzepts aus, abgeleitet von der Korrosionsgefährdungsrate. Speziell für Monopiles sind demnach die Bodenverhältnisse mit ihrer Sedimentschichtung und dem darüber liegenden Meerwasser der Ausgangspunkt der Überlegungen, wobei hier wiederum der Unterschied der spez. elektrischen Widerstände den (ungewünschten) Aufbau von Korrosionszellen bewirkt. In drei Fallstudien, z.B. an beschichteten und unbeschichteten Strukturen bzw. am Boden eingebrachte Anoden, wurde die jeweilige Auslegung der Fremdstromanlage erörtert. Auf Galvanische Anoden wurde hierbei wegen derer technischer Nachteile nicht eingegangen. Letztlich kann als Qualitätskriterium des Schutzes die Potenzialverteilung angewandt werden, wonach bei zwei der drei o.g. Ausgangsbedingungen sinnvolle Konzepte zu entwickeln sind. Werner Maders (GDA) Vortrag hatte den Einsatz von Aluminium im maritimen Bereich zum Thema. Neben Schiffen werden noch Brücken und schwimmende Anlagen aus Aluminium gefertigt. Dabei ist Aluminium grundsätzlich mit weiteren Metallen legiert, die ihm die nötigen speziellen Eigenschaften als Baustoff verleihen. Für den Meerwassereinsatz werden vorzugsweise Magnesium und Silizium zulegiert. Im weiteren Verlauf des Vortrags stellte Herr Mader das Korrosionsverhalten von Aluminium dar. Grundsätzlich liegt eine Lochfraßgefährdung vor, da eine äußere dichte Oxidschicht, ähnlich den Chrom-Nickel-Stählen, einerseits schützt, gleichzeitig aber bei Schwachstellen die Korrosion nicht weiter verhindern können. Die allgemeinen Abtragsraten sind, ähnlich wie beim Baustahl, anfangs sehr hoch und nehmen durch Passivierung der Oberflächen stark ab. Hier sind unbedingt die »praktischen« Spannungsreihen im Unterschied zur den mehr theoretischen Normalpotentialen zu beachten. Ein Schutz des Aluminiums ist neben der Galvanischen Zinkanode (Meerwasser) vor allem auch durch Eloxieren und Anstrich, z.B. bei Spaltkorrosion, möglich. Ausführlich erläuterte Herr Mader noch das Verfahren der Pulverbeschichtung für Aluminiumbauteile. Der Stahlhersteller ArcelorMittal hat für seine Spundwandbohlen einen neuen Stahl kreiert, über den der Konzernmitarbeiter Thomas Urios berichtete. Zunächst wurden noch die Einsatzgebiete von Spundwänden, die Produktpalette und das Einbringen von Bohlen aufgezeigt sowie ein kurzer Einblick über Produktionsstätten in Luxemburg gewährt. Wie generell bei Baustählen, ist der Spundwandstahl der Korrosion ausgesetzt. Insbesondere die (beschleunigte) Niedrigwasserkorrosion stellt ein Problem dar. Häufig wird diese mit mikrobiellen Aktivitäten in Verbindung gebracht. Problematisch wird die Korrosion, wenn die Lage des größten Biegemoments mit jener der größten Abrostung zusammenfällt. Selbstverständlich stellen, neben dem Versagen der Tragfähigkeit, auch Einschränkungen in der Gebrauchstauglichkeit bei Durchrostungen Verkürzungen in der Nutzungsdauer dar. Mit der Bereitstellung des neuen Stahltyps AMloCor wird die Korrosionsrate der Niedrigwasserkorrosion auf jene des Immersionsbereiches abgesenkt. Die Entwicklung dieses Stahltyps basiert im Wesentlichen auf dem Zulegieren von Aluminium, Cobalt, Chrom und Kupfer im niedrigen Bereich (jeweils < 0,5 M.-%). Dadurch wird der typische Gefügeaufbau des Baustahls, Perlit-Ferrit, beibehalten. Als Ursache für die Korrosionsverzögerung, welche durch Praxisversuche belegt ist (u.a. Auslagerung am MLK), wird die Ausbildung von Oxiden dieser genannten Metalle an der jeweils vorliegenden Oberfläche angeführt. Das Thema der Mikrobiell Induzierten Korrosion (MIC) hatte Dr. Matthias Graff (Danfoss), unter der Prämisse Fakten und Gerüchte, zum Vortragsinhalt. Rückblickend konnte der Vortragende auf seinen ersten zu bearbeitenden Korrosionsfall verweisen, wobei an Erdölförderungssonden der Nachweis mikrobieller Aktivität nachzuweisen war. In der Folgezeit seiner Tätigkeit als Mikrobiologe konnten immer wieder gehäuft Schadensfälle an Wasserbauwerken, beginnend 1985 am Mittellandkanal (Spundwandkorrosion), mit dem Nachweis von MIC, untersucht werden. Wie dort, ist es häufig das Zusammenspiel von Sulfat Reduzierenden (SRB) und Sulfid Oxidierenden (SOB) Bakterien, das auch anderswo greift. Beginnend mit der Zuordnung der Stoffwechselgruppen im eH-pH-Diagramm wurden im Vortrag auch die relevanten physiko-chemischen und nicht biologischen Bedingungen und Faktoren aufbereitet, die eine MIC-Gefahr ermöglichen können. Darüber hinaus zeigte Graff einige Beispiele von Schadensfällen seiner weltweiten gutachterlichen Tätigkeit: Ölplattform in der Nordsee, Tiefsee Bohrungen mit thermophilen Bakterien (Stichwort »black smokers«) und Häfen in der Arktis mit Spundwandkorrosion (Baffin Island, Quebec). Die Verbreitung der Bakterien wird von den Meeresströmungen und der atmosphärischen Zirkulation abgeleitet. Zusammenfassend erteilte der Vortragende der Panikmache vor MIC eine Abfuhr, indem er auf die Möglichkeiten der Verhinderung durch verschiedene Korrosionsschutzverfahren hinwies. Mit der Möglichkeit der visuellen Qualitätskontrollen an Offshore-Hochbauten mittels Flugrobotersystemen beschäftigte sich der Vortrag von Hendrik Müller (hm Consulting). Wie im BSH-Standard »Mindestanforderungen« für die ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) gefordert, sind wiederkehrende Prüfungen, u.a. für den Korrosionsschutz, während der Betriebsphase durchzuführen. Diese begrenzen sich zunächst auf alle Strukturteile oberhalb der Wasserlinie. Die klassische Technik mittels Seilzugangstechnik beinhaltet verschiedene Risiken (Sicherheit der Arbeitskräfte, mechanische Beschädigung der Strukturen, finanzieller Aufwand), die es zu minimieren gilt. Daher war es naheliegend, Flugrobotersysteme (Drohnen) einzusetzen. Dies führte letztlich dazu, das System der »flight inspectors« einzuführen, welches Menno Mennenga ausführlich erläuterte. Wichtig ist u.a. dabei, dass das photographische System richtig kalibriert wird, um den jeweiligen Flächenanteil korrekt abzubilden. Hierzu wurden vorher Onshore-Einsätze, soz. als Testanwendung, durchgeführt. Es besteht also die Möglichkeit, einen wichtigen Teil des aufwendigen Monitorings zukünftig äußerst rationell durchzuführen. O. Heins vom FA KOR sprach die Schlussworte und bedankte sich bei Bettina Blaume (HTG), bei den Referenten und dem Auditorium mit dem Wunsch, im nächsten Jahr, ebenfalls um diese Zeit in Hamburg, die Gäste wieder begrüßen zu dürfen. Im vorliegenden Bericht konnte nicht auf die zahlreichen Hinweise und Diskussionsbeiträge eingegangen werden. Jedenfalls zeigten die regen Wortmeldungen, dass die Vorträge für die Praxis des schweren Korrosionsschutzes einen sehr wichtigen Beitrag leisteten. Die Vorträge sind im ppt-Format in einem Tagungsband zusammengefasst und können auch unter http://www.htg-online. de/Korrosionsfragen.30.0.html?&L=hoiofc mhxwtj eingesehen werden. Dr. Günter Binder, Bundesanstalt für Wasserbau Vorsitzender des FA Korrosionsfragen HANSA International Maritime Journal – 154. Jahrgang – 2017 – Nr. 2 97

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