Aufrufe
vor 2 Jahren

HANSA 01-2020

  • Text
  • Hansaplus
  • Maritime
  • Hansa
  • Shipping
  • Hamburg
  • Vessels
  • Marine
  • Schifffahrt
  • Global
  • Ships
  • Schiffe
Versicherungssteuer | Shortsea Shipping | Bulk-Schifffahrt | Abwasser-Technologie | Coatings   | Wertschöpfung Offshore-Wind | Schwerpunkt P&I | Review HANSA-Forum 2019 

Schifffahrt | Shipping

Schifffahrt | Shipping Von »Terra Incognita« zu sicheren Ufern? Kaum hatte die HANSA im Dezember die Vorlage des Finanzgerichts Köln an den Europäischen Gerichtshof analysiert (HANSA 12/2019), überschlugen sich die Ereignisse. Plötzlich ließ sich im Internet der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Versicherungsteuerrechts finden. Von Klaus Voß Nach der Intention des Gesetzesentwurfs (Versicherungsteuerrechtsmodernisierungsgesetz – VersStRModG) soll alles klarer und durchsichtiger, oder vielleicht auch systematischer werden. änderungen des Versicherungssteuerrechts sollen dazu dienen, Sinn und Zweck einzelner Vorschriften deutlicher im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck zu bringen und Regelungen an aktuelle Entwicklungen anzupassen. Zudem soll durch die Präzisierung gesetzlicher Normen mehr Rechtssicherheit geschaffen und die Rechtsanwendung vereinfacht werden. Um ersten änderungen nachzugehen, erscheint es zielführend, »alte« Entscheidungen anhand des Entwurfs des neuen Gesetzesvorhabens zu überprüfen. Ein Beispiel aus der vorangegangen Analyse: Das zwischen einem im Vereinigten Königreich niedergelassenen Versicherer und einem Versicherungsnehmer mit Sitz im Inland bestehende Versicherungsverhältnis bezieht sich auf Einschiffsgesellschaften als Versicherungsnehmer, deren Schiffe in Hamburg ins Seeschiffsregister eingetragen und infolge genehmigter Ausflaggung zudem in einem Register eines Drittstaats eingetragen sind. Das Gesetz unterscheidet für die Frage der territorialen Anknüpfung und Abgrenzung gegenüber dem Besteuerungsrecht anderer Staaten danach, ob der Versicherer im EU/EWR-Raum oder außerhalb dieses Gebiets niedergelassen ist (sog. Drittlandversicherer). Die beabsichtigte änderung der Durchführungsverordnung (DVO) definiert, was unter einem im Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Versicherer und unter einem Drittlandversicherer zu verstehen ist. Hiernach ist für die Unterscheidung etwa der Sitz des Versicherers als zivilrechtlicher Vertragspartner des Versicherungsnehmers maßgebend. Bei einem Drittlandversicherer (das Vereinigte Königreich: Wann? In welchem Umfang? Mit oder ohne Übergangszeit?) fällt Versicherungssteuer an, wenn der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Zahlung des Versicherungsentgelts im Inland ansässig ist, wenn der versicherte Gegenstand sich bei Begründung des Versicherungsverhältnisses dort befand oder, wenn sich das Versicherungsverhältnis auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung im Inland bezieht. Bei einem im Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Versicherer fällt – wie bisher – Versicherungssteuer u.a. bei der Versicherung von »Risiken mit Bezug auf im Geltungsbereich dieses Gesetzes in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragende oder eingetragene und mit einem Unterscheidungskennzeichen versehene Fahrzeuge aller Art« an. Maßgebend ist also die so näher umschriebene Risikobelegenheit des Schiffs als Fahrzeug. Unabhängig vom Firmensitz Es soll nunmehr gesetzgeberisch hervorgehoben werden, dass dies u.a. unabhängig vom Sitz des Versicherungsnehmers – im gebildeten Beispiel Deutschland – der Fall ist. Unstreitig liegt im Beispielfall ein Versicherungsverhältnis zu einem »noch EU/EWR-Versicherer« vor. Streitig ist bekanntlich, ob die Registrierung – wie im Beispiel angenommen – in einem Drittstaat dazu führt, dass sich die Risikobelegenheit des Schiffs vom Inland in das Drittland mit der Folge verschiebt, dass keine inländische Versicherungssteuer mehr anfällt. Hier will der Gesetzgeber nunmehr reagieren und definiert in der DVO, was unter einem amtlichen Register zu Finanzierung | Financing Finanzierung | Financing »Terra Incognita« Versicherungssteuer Die Versicherungssteuer bleibt im Fokus der steuerrechtlichen Diskussion. nun muss der europäische gerichtshof klären, ob man sich der Steuer durch ausflaggung entziehen kann. es geht aber auch um die Vermeidung von Doppelbesteuerungen. Von Klaus Voß D ie Versicherungssteuer ist die ertragsreichste besondere Verkehrssteuer. Sie belastet den Versicherungsaufwand, befeuert wird die zahlung des Versicherungsentgelts. Versicherungsumsätze sind von der umsatzsteuer befreit. Das führt im gegensatz zu den umsätzen für die Seeschifffahrt nicht dazu, dass das Versicherungsunternehmen au seinen eingangsleistungen einen Vorsteuerabzug geltend machen kann. Dies hat zur Konsequenz, dass die Prämien mit Versicherungssteuern belastet sind, die auch bei unternehmern zum Kostenfaktor werden. in den Prämien werden die beim Versicherungsunternehmen vom abzug ausgeschlossenen Vorsteuern verdeckt an die Versicherungsnehmer weitergegeben. Dies erhöhen die Bemessungsgrundlage der Versicherungssteuer – was häufig kritisiert wird. aber darum so l es nicht gehen. Der europäische gerichtshof muss sich nunmehr mit der Versicherungssteuer von Seeschiffen befassen. Eingetragen in Hamburg Die Beteiligten des ausgangsverfahrens streiten vor dem Finanzgericht Köln um die rechtmäßigkeit eines Versicherungsteuerbescheides und hierbei insbesondere darum, ob die von einem in großbritannien ansässigen Versicherer (»Klägerin«) vereinnahmten entgelte im zusammenhang mit der Versicherung von Schiffsrisiken der Versicherungsteuer unterliegen. Die Klägerin hat als Versicherer für die inländische MSc Schiffahrtsgese lschaft mbH sowie für 13 weitere Seeschiffsgese lschaften risiken in Bezug auf von diesen gese lschaften betriebene Seeschiffe versichert: Haftpflicht-, rechtsschutz-, Kasko- sowie Kriegsversicherung. 18 HanSa international Maritime Journal 12 | 2019 HanSa international Maritime Journal 12 | 2019 Die Schiffsgese lschaften als Betreiber eines Schiffes sind als gese lschaften mit beschränkter Haftung nach deutschem recht jeweils im Handelsregister des amtsgerichts Hamburg eingetragen. an dem zwischen der Klägerin und den 14 Schiffsgese lschaften bestehenden Versicherungsverhältnissen sind als Versicherungsnehmer bzw. Mitversicherte (»co assured«) auch die für die Schiffsgese l- schaften als Manager agierende deutsche reederei D. gmbH & co. Kg, Hamburg, zu deren Flo te a le Seeschiffe gehören, sowie die in Liberia oder in Malta ansässigen Bareboat charterer beteiligt. Jetzt ist der EuGH an der Reihe auf grundlage dieser Versicherungsverhältnisse vereinnahmte die Klägerin Versicherungsentgelte, also Prämien. Versicherungsteuern wurden in diesem zusammenhang nicht angemeldet. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) genehmigte den Schiffsgese lschaften, dass die Schiffe anste le der deutschen Bundesflagg eine andere nationalflagge, und zwar die Flagge von Liberia bzw. Malta führen dürfen. Sie blieben für die genehmigte zeit der ausflaggung im deutschen Seeschiffsregister eingetragen. im rechtstreit geht es nunmehr darum, ob bei der Frage der risikobelegenheit des Seeschiffs auf das inländische Seeschiffsregister oder auf den Staat abzuste len ist, dessen Flagge das jeweilige Seeschiff führt. Diese Frage wurde dem europäischen gerichtshof zur entscheidung vorgelegt. Die deutschen Bestimmungen basieren auf einer eg–richtlinie, sie weist das Besteuerungsrecht bei zuzulassenden Fahrzeugen a ler art dem zulassungsmitgliedstaat zu. eine explizite zulassungspflicht trifft in Deutschland insbesondere Luftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge. Für Seeschiffe existiert jedoch keine zulassungspflicht. Was ist Zulassung? es gilt das Prinzip der eigenverantwortlichkeit der Schifffahrtstreibenden. in umsetzung dieser richtlinie knüpft das deutsche Versicherungssteuerrecht nicht ausdrücklich an die zulassung al solche, sondern an die eintragung in ein amtliches inländisches register an. Für Seeschiffe Abstract: Flag change out = no insurance tax? The German insurance tax is becoming more and more the focus of the tax law discussion. Now the European Court of Justice must decide whether tax can be avoided by flagging out. But it is also abou the avoidance of double taxation, about registration and about a »terra incognita«. gibt es bekanntlich das deutsche Seeschiffsregister, das deutsche Flaggenrechtsregister und das internationale Seeschifffahrtsregister. Vorstehend waren a le Schiffe in einem deutschen Schiffsregister eingetragen, nämlich am amtsgericht Hamburg. Das reichte nach ansicht des Finanzgerichts aus, um die Versicherungssteuerpflicht zu begründen. Demgegenüber ste lte die Klägerin auf den Flaggenstaat ab, was eben infolge der ausflaggung nicht Deutschland war. Das Flaggenrecht ist europarechtlich nicht vereinheitlicht. nach den Seerechtsübereinkommen der vereinten nationen legt jeder Staat die Bedingungen fest, zu denen er Schiffen seine Staatszugehörigkeit gewährt, sie in seinem Hoheitsgebiet in das Schiffsregister einträgt und ihnen das recht einräumt, seine Flagge zu führen. recht einräumen und gewähren, was ist das anderes als zulassung oder synonym gesta tung? Jeder Staat entscheidet autonom, wann er eine Staatszugehörigkeit gewährt, was in der Folge zu beachten ist und wann er diese Staatszugehörigkeit wieder zurücknimmt, z.B. vorstehend durch ausflaggung. nun, man kann darüber lange streiten. Die entscheidung des Finanzgerichts umfasst immerhin 17 Seiten. Für die Pra- Further information: redaktion@hansa-online.de xis ist bedeutend, dass die jeweiligen anmeldungen der Versicherungssteuern einem Steuerbescheid unter Vorbehalt der nachprüfung gleichgeste lt sind. »Terra Incognita« Das heißt, dass man durch einfache antragsste lung die Verjährung unterbrechen kann. Die antragsste lung geht natürlich dahin, die bereits für ausgeflaggte Seeschiffe angemeldete Versicherungssteuer ersta tet zu bekommen. Wir wissen nämlich nicht, wann der europäische gerichtshof entscheiden wird. geendet werden so l an dieser Stelle mit den Worten eines namhaften Steuerrechtlers: »Die Versicherungssteuer ist insoweit eine terra incognita, weil es zwar mi tlerweile einige grundsätzliche entscheidungen zum VersStg gibt, aber offen bleibt, und zwar auch im gesetz, wie sich der Wortlaut des VersStg zum inneren System des Versicherungssteuerrechts verhält. zumindest ist das Versicherungssteuerrecht immer noch ein Stiefkind der steuerrechtlichen Dogmatik.« n Finanzierung | Financing.indd 18-19 11.12.19 10:31 verstehen ist. Laut DVO sind für Schiffe die bei den Amtsgerichten geführten Schiffsregister gemeint. Dies soll das regelmäßig einschlägige Register sein. Ausnahmen werden nicht zugelassen. Angesichts der dem Gesetzgeber bekannten europarechtlichen Problematik soll also nunmehr erkennbar die von der Finanzverwaltung in dem bezeichneten Fall vertretene Rechtsauffassung Gesetz werden. Im Ergebnis wäre also der Fall nach neuem Recht an dieser Stelle entschieden. Sieht dies jedoch der Europäische Gerichtshof anders und will auf die Flagge und/oder die ausländische Registrierung abstellen, so gibt es auch hierfür eine neue Lösung. Ein neuer Satz 2 schreibt nämlich vor, dass in den Fällen, in denen die Risikobelegenheit außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes liegt, also das Schiff unter der Flagge eines Drittstaats fährt und/oder dort registriert ist, es auf den Sitz des Versicherungsnehmers ankommt. Dieser befindet sich im Beispielsfall in Deutschland. Man will also doppelt vorsorgen. Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn das Schiff zunächst (Erstregistrierung) in einem EU/EWR-Land registriert ist? In diesem Fall soll die Steuer – wie bisher – dem EU/EWR-Staat zustehen. Das soll nunmehr deutlich geregelt werden. Es kommt nicht mehr auf den Sitz des deutschen Versicherungsnehmers an. 19 © HanSa 26 HANSA International Maritime Journal 01 | 2020

Schifffahrt | Shipping Abstract: From Terra Incognita to safe shores? Very shortly after HANSA had analysed the referral of the Cologne Finance Court to the European Court of Justice in December (HANSA 12/2019), the events came thick and fast. Suddenly, the draft version of a law for the modernisation of the insurance tax law could be found on the internet. According to the intention of the draft law (Versicherungsteuerrechtsmodernisierungsgesetz, VersStRModG) everything is intended become clearer and more transparent, or perhaps more systematic. Further information: redaktion@hansa-online.de © HANSA HANSA International Maritime Journal 01 | 2020 27

HANSA Magazine

HANSA Magazine

Hansa News Headlines