Schifffahrt | Shipping Fuel contamination? Alles Spekulation! Die Berichte über technische Probleme an Bord, die durch kontaminierten Kraftstoff ausgelöst worden sein sollen, häufen sich. Angesichts der Zäsur im maritimen Kraftstoffmarkt, die 2020 ansteht, müssen Lösungen her – die Experten sind allerdings noch uneins, schreibt Felix Selzer Mehrere hundert Schiffe waren in diesem Jahr bereits von »bad bunker« betroffen, vor allem in den Bunker- Hubs Singapur und im Golf von Mexiko hatten Schiffsingenieure mit Problemen wie verstopften Kraftstoffsystemen bis hin zu Maschinenausfällen zu kämpfen. Den Schwarzen Peter hatten schnell die Bunkerlieferanten. Was tatsächlich die Wurzel des Übels ist, können jedoch auch Bunkerexperten bisher nicht sagen. Denn es ist kaum nachvollziehbar, ob in allen bekannten Fällen die Ursache für Maschinenausfälle durch »bad bunker« die gleiche gewesen ist. Zudem gehen die Meinungen von Testlaboren und Experten auseinander. Die Probleme manifestieren sich aber alle ähnlich, in Form verklebter und verstopfter Kraftstofffilter oder Komponenten von Einspritzsystemen, betroffen sind hauptsächlich Pumpen. In machen Fällen waren die Probleme so schwerwiegend, dass es zu einem Ausfall der Hauptmaschinen kam. Vielfach wird vermutet, dass die betreffenden Kraftstoffe mit Substanzen verunreinigt wurden, die durch Verdünner (cutter stocks) schon während der Produktion in Raffinerien oder Terminals zugeführt wurden. Die Verdünner werden genutzt, um die Viskosität eines Kraftstoffgemischs zu reduzieren. »Das ist allerdings reine Spekulation. In ähnlich gelagerten Fällen in der Vergangenheit wurde die eigentliche Ursache nie adäquat identifiziert, zusammenfassend kann man aber eine mangelnde Kontrolle der im maritimen Pool genutzten Verdünner als Grund annehmen«, so die International Bunker Industry Association (IBIA) in einer Stellungnahme. Denkbar seien auch Kreuzkontaminierungen durch neue Ladungen in Mehrzweck-Lagertanks, die zuvor nicht ausreichend geleert und gereinigt worden seien. Andere Berichte wiederum lassen laut IBIA darauf schließen, dass es in Fällen, in denen es nur zu einer Schlammbildung kam, an der Inkompatibilität eines neuen Kraftstoffs mit Rückständen im Tank lag. »Wo keine Klarheit herrscht, ist auch die Haftung betroffen, und es ist wahrscheinlich, dass Fragen nach zuvor beförderten Bunkersorten und Kraftstoffmanagement-Prozessen an Bord gestellt werden. Reeder sind gut beraten, alle Prozesse sorgsam zu dokumentieren und relevante Kraftstoffproben aufzubewahren«, rät der Bunkerverband. Neue Sorten, neue Risiken Dass das Thema gerade weit oben auf der Agenda steht, liegt an dem ab 1. Januar 2020 weltweit geltenden neuen Grenzwert für den Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen beziehungsweise Abgasen von 0.5%. Branchenexperten sind sich einig, dass die Mehrheit der Schiffe nach 2020 schwefelarmen Kraftstoff Fälle von »bad bunker« gab es u.a. in Singapur © MPA 48 HANSA International Maritime Journal – 156. Jahrgang – 2019 – Nr. 1
Schifffahrt | Shipping (LSFO) als Compliance-Option verwenden wird. Anstelle des bisher genutzten HFOs werden also neue, schwefelarme Kraftstoffsorten oder Gemische auf den Markt kommen. Das erhöht nach Meinung von Experten das Risiko von Verunreinigungen und Inkompatibilitäten. »Wir sehen bereits heute, dass nicht konforme Kraftstoffe geliefert werden. Wir glauben aber, dass mit den Bemühungen der Lieferanten – um ihres Rufes willen – und dem proaktiven Treibstoffmanagement der Betreiber alle diese Probleme abgemildert werden können«, sagte Tim Kent, Technical Director Marine & Offshore, bei der Klassifikationsgesellschaft Lloyd’s Register, kürzlich auf dem »22. HANSA-Forum Schifffahrt | Finanzierung« in Hamburg. Für Klassifikationsgesellschaften sind die Kernfragen Kompatibilität und Kraftstofftrennung. Die Ausbildung der Schiffsbesatzungen im Umgang mit verschiedenen Arten von Kraftstoffen an Bord und im Umgang mit dem zusätzlichen Risiko ist für sie von zentraler Bedeutung. In Bezug auf die Einhaltung der Schwefelobergrenze sowie die Kraftstoffsicherheit gilt das Gleiche für Bunkerlieferanten. »Ein Mitarbeiter und ein Laptop reichen nicht mehr aus, um in Zukunft ein Geschäft zu betreiben. Bunkerlieferanten brauchen die richtigen Leute mit den richtigen Fähigkeiten«, sagte Svend Mølholt, Group COO des dänischen Bunkerunternehmens Monjasa, der zusammen mit Tim Kent auf dem Podium saß. Für Transportversicherungsexperten wie Thomas Bjørn Larsen, der das Skuld- Büro in Hamburg leitet, ist das größte Problem nach 2020 nicht die Kraftstoffsicherheit, obwohl er erwartet, dass die Zahl der kleineren Motorausfälle steigt und die Blackouts zumindest in einer frühen Phase zunehmen werden. Die potenzielle Anzahl von Rechtsstreitigkeiten zwischen Charterern, Eigentümern und Bunkerlieferanten bereitet den Versicherern jedoch einige Kopfschmerzen. Es stellt sich die Frage, wer im Falle von Motorausfällen oder Maschinenschäden, Verspätungen etc. haftet. Das müsse schon in den Charter Parties geklärt werden. Er setzt auf die neuen Mustervertragsklauseln, die der Schifffahrtsverband BIMCO derzeit erarbeitet. Vermutlich werde es zu Anfang eine Zunahme der Streitigkeiten geben, »letztlich dürfte sich aber alles im Rahmen dessen abspielen, was wir bereits kennen, vielleicht mit ein paar neuen Parametern«, so Larsen. »Wenn es zu Streitigkeiten kommt, stellt sich die Frage, über was man sich eigentlich streitet.« Wenn der derzeit geltende ISO-Standard eingehalten werde, stehe man letztlich vor einem »Laborproblem«. ISO reicht doch, oder? Tatsächlich stellt sich die Frage, wie alle diese Situationen überhaupt entstehen können, obwohl es doch den ISO-Standard »8217 – Petroleum products – Fuels (class F) – Specifications of marine fuels« gibt. Laut Bunkerfachleuten zeigt ein Test nach ISO 8217 nicht notwendigerweise, ob ein Kraftstoff verunreinigt ist oder nicht, weil nur auf bestimmte Parameter und Grenzwerte getestet wird. Ansonsten heißt es im ISO-Standard und unter Paragraph 18.3 des MAR- POL Annex VI lediglich weit gefasst dass ein Kraftstoff keinen Stoff in einer Konzentration enthalten darf, welcher die Maschinenleistung negativ beeinflusst. »Das ist nicht gerade eine klare Aussage und es bedarf nicht-standardisierter, forensischer Tests, typischerweise Gaschromatographie/ Massenspektrometrie (GCMS) oder Fourier-Transformations- Infrarotspektrometrie, was zeitaufwändig ist und Wochen dauern kann, bis die Ergebnisse vorliegen«, so die IBIA. Gerade in Zeiten größerer Nachfrage nach solchen Dienstleistungen, seien diese Tests keine Option. Abgesehen von den technischen Herausforderungen variieren die Testmethoden von Labor zu Labor, sodass eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse nur schwer möglich ist. Außerdem steht die Zuverlässigkeit der Tests in Frage. Einer Standardmethode am nächsten kommt laut IBIA ASTM D7845-17, entwickelt um per multidimensionaler GCMS chemische Bestandteile in Schiffskraftstoffen in niedriger Konzentration Abstract: Prevention is key against bunker contamination zu quantifizieren. Allerdings gebe es auch hier Einschränkungen. Auch der Bunkerexperte Mølholt sagt: »Es ist schon richtig, dass der ISO-Standard überarbeitet wird, aber man sollte sich auch über zusätzliche, chemische Parameter Gedanken machen, um sicherzustellen, dass man in Singapur die gleiche Kraftstoffqualität wie in Rotterdam bekommt.« Der Bunkerverband will das Thema nicht allein Standardisierungsorganisationen wie ISO oder ASTM, dem Motorenverband CIMAC oder den Testlaboren überlassen. Vielmehr will man alle Beteiligten in einer Arbeitsgruppe an einen Tisch bringen und global einheitliche Testmethoden und Prozesse entwickeln. Miteinander reden, genau hinsehen und sorgsame Dokumentation scheinen derzeit das Rezept zu sein, um sich einigermaßen abzusichern – technisch und rechtlich. Der P&I Club Gard hatte im September davor gewarnt, Bunkerlieferverträge zu unterschreiben, in denen die ISO 8217 nicht genannt werde. Es gebe unbestätigte Berichte, wonach manche Lieferanten entsprechende Passagen aus ihren Standardformularen gestrichen hätten. Man solle das Kleingedruckte auf jeden Fall lesen und gegebenenfalls die jeweiligen Bedingungen aushandeln. »Angesichts der derzeitigen Situation, in der Lieferanten sich potenziell teuren Forderungen ausgesetzt sehen, dürften sie eher dazu bereit sein, über die Vertragsbedingungen zu diskutieren«, so der Versicherer. Das riet ebenfalls auf dem HANSA-Forum Marcus Schärer, Marine Marketing & Business Development Manager bei Shell: »Die Eigentümer werden mit ihren Bunkerlieferanten in einer Art und Weise sprechen müssen, wie sie es noch nie zuvor getan haben: technische Details und Transparenz besprechen und sich auf die Prozesse einigen.« n Reports of technical problems on board caused by contaminated fuel are on the rise. Detection methods rather fail to present a responsible party. In view of the turning point in the maritime fuel market in 2020, solutions must be found but experts are still undecided. At the recent Hansa-Forum Marcus Schärer, Marine Marketing & Business Development Manager Shell said: »Owners will have to talk to their bunker suppliers in ways they have never done before – discuss technical details and transparency, and agree on the processes.« Contamination also troubles insurers but rather the increase in legal disputes. They hope for a BIMCO model contract solution while classification stresses fuel separation and crew awareness training. Further information: redaktion@hansa-online.de HANSA International Maritime Journal – 156. Jahrgang – 2019 – Nr. 1 49
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