Aufrufe
vor 2 Jahren

HANSA 01-2019

  • Text
  • Hansaplus
  • Maritime
  • Hansa
  • Shipping
  • Jahrgang
  • Hamburg
  • Schiffe
  • Tanker
  • Schifffahrt
  • Sulphur
  • Container
Speditionen | Windantrieb | Tanker-Report | RAVE | Bilanz deutscher Häfen | Hyperloop | Fokus Bunker & Schmierstoffe | Shortsea | dship | Hansa Heavy Lift | Review HANSA-Forum 

Finanzierung | Financing

Finanzierung | Financing Das endgültige Aus für Beluga-Erben? Die Schwergutreederei Hansa Heavy Lift hat Insolvenz angemeldet. Damit dürfte eines der unrühmlicheren Kapitel der deutschen Schifffahrtsgeschichte enden. Von Michael Meyer Zum Schluss waren noch elf Schiffe übrig. Und auch diese Rest-Flotte stand arg auf der finanziellen Kippe, ein Teil war sogar schon darüber gerutscht. Mit dem Arrest der »HHL Elbe« begann schließlich der vorläufig letzte Akt einer deutschen Reederei, die ihre Wurzeln im Beginn von Beluga Shipping in Bremen hat und deren Entwicklung nach der aufsehenerregenden Pleite 2011 in die Gründung von Hansa Heavy Lift und den Umzug nach Hamburg mündete, mitsamt einem US- Investor im Schlepptau – oder umgekehrt, je nach Sichtweise. Am 10. Dezember2018 ging beim Amtsgericht in Hamburg ein Insolvenzantrag für die Hansa Heavy Lift GmbH ein. Soviel ist klar: Es droht die Abwicklung von HHL und damit letztlich das endgültige Ende des Kapitels »Beluga«. Ein kleiner Blick zurück: Zwei ehemalige Mitarbeiter der Reederei Bruno Bischoff, Niels Stolberg und Erhard Koschorreck, hatten 1995 Beluga gegründet und sukzessive eine Flotte an gebrauchten und neuen Mehrzweckfrachtern und Container-Feedern aufgebaut. Koschorreck schied später aus, Stolberg erreichte mit Tatendrang und Sendungsbewusstsein große Aufmerksamkeit. Beluga zählte sich zur absoluten Weltspitze. Stolberg wurde von Einigen hofiert, von Anderen skeptisch beäugt, von Weiteren kritisiert. Er mischte den Markt der Mehrzweckschifffahrt auf. Wie sich später herausstellte, nicht immer mit legalen Mitteln – allerdings: Selbst Konkurrenten bestätigen hinter vorgehaltener Hand bisweilen, dass nicht wenige der Beluga-Praktiken bei der Vergabe von Neubau-Aufträgen seinerzeit durchaus üblich waren. Sein Ehrgeiz wurde dem umtriebigen Stolberg spätestens ab 2011 zum Verhängnis. Schon 2009 war der Finanzinvestor Oaktree bei Beluga eingestiegen, damals ein relativ unbekannter Name in der hiesigen Branche. 165 Mio. € steckte das US-Unternehmen in die Reederei. Ursprünglich ging es um die Finanzierung von Neubauten, letztlich übernahm Oaktree nach und nach Anteile an Beluga. Die Schifffahrtskrise war bereits angelaufen und den Reedereien fehlte Kapital. Auch in Bremen war das Geld knapp geworden. Anfang 2011 konnten die Probleme in der Flotte, die mit der in den Vorkrisenjahren boomenden KG-Finanzierung entstanden war, nicht mehr verdeckt werden. Ein Großteil der mehr als 70 Frachter waren Charter-Schiffe, hinzu kam ein Neubau-Programm, das auf bis zu 23 Einheiten beziffert wurde. Weil Beluga Charterraten nicht mehr zahlen konnte, zogen Tramp-Reeder und Emissionshäuser Schiffe ab. Die Banken machten ebenfalls gehörig Druck. Daraufhin sah sich Oaktree gezwungen, zu handeln. Der Investor übernahm in Person vom Finanzexperten Roger Iliffe die Kontrolle. Die Forderungen nach einem Schuldenschnitt und Ratenverzicht konnten bei den Eignern allerdings nicht durchgesetzt werden. Schließlich kam es zur Eskalation. Sukzessive schlitterten immer mehr der unzähligen Beluga-Gesellschaften in die Insolvenz. Nach Durchsicht der Bücher wurde Stolberg vor die Tür gesetzt. Oaktree warf ihm Untreue, Betrug, gefälschte Bilanzen, Kreditbetrug und überhöhte Scheinrechnungen vor. Beluga war damit Geschichte. Stolberg wurde angeklagt und Mitte 2017 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hatte Fehler eingeräumt, einen Deal aber abgelehnt. Sowohl der mittlerweile gesundheitlich angeschlagene Reeder als auch die Staatsanwaltschaft gingen in Revision. Drei weitere Manager bekamen Bewährungsstrafen. Ihr Verhalten könnte ihnen jedoch noch teuer zu stehen kommen, der Insolvenzverwalter hat einen Zivilprozess angestrengt, bei dem es um 24 Mio. € geht. Die Männer, unter ihnen ein Oaktree-Manager, sollen das Geld unmittelbar vor der Pleite ausgegeben haben, obwohl sie hätten wissen müssen, dass die Gruppe bereits »insolvenzreif« war, so der Vorwurf. Fataler Fokus auf P-Typen Oaktree führte die Geschäfte mit einer Neugründung fort: HHL startete mit 16 Schiffen. 2012 zog man nach Hamburg, nicht zuletzt, um aus dem »Beluga-Dunst herauszukommen«. Besonders die größeren MPP-Frachter der P-Klassen mit bis zu 20.000 t Tragfähigkeit und 1.400 t Krankapazität sollten am Markt etabliert werden und die Reederei in ruhigeres Fahrwasser führen. Doch wirklich zur Ruhe kam HHL auch an der Elbe nicht, trotz finanzieller Unterstützung von Oaktree im zweistelligen Millionenbereich. Die MPP-Branche blieb von Überkapazitäten geprägt, der Einbruch des Ölpreises machte die Hoffnung auf Offshore-Projekte zu Nichte. Die vergleichsweise großen Frachter konnten nur selten zu auskömmlichen Raten ausgelastet werden. Zudem waren sie ineffizienter im Kraftstoffverbrauch, auch gab es immer wieder Meldungen über Konstruktionsmängel und Stabilitätsprobleme. Oaktree – zu deutsch »Eiche« – hat seinen Schutzschirm über der HHL-Flotte wieder zugeklappt 24 HANSA International Maritime Journal – 156. Jahrgang – 2019 – Nr. 1

Finanzierung | Financing Abstract: The end of Hansa Heavy Lift Hansa Heavy Lift has filed for bankruptcy. This should end a rather inglorious chapters in German shipping history. At the end the company was left with eleven ships, and even those were on the brink of collapse or beyond. Last spring a restructuring of the fleet failed. At that time, investor Oaktree had the opportunity to buy the ships and operate more cost-effectively, free of bank obligations. But the transaction did not materialize. The vessels’ future is unclear. Further information: redaktion@hansa-online.de Der selbsternannte »Zahlenmann« Iliffe tauchte mehr und mehr in das Schifffahrtsgeschäft ein, verbesserte die Bilanz jedoch nicht nachhaltig. Auch seine Pläne, die Reederei zu einem umfänglichen Dienstleister für Offshore-Projekte aufzubauen, mit selbst betriebenen Errichterschiffen und Zubringer-Verkehren, wurden nicht realisiert. Der CEO konnte seine Vorgesetzten nicht überzeugen, das entsprechende Kapital bereitzustellen. Der nötige Knowhow- Aufbau für die komplexen Prozesse galt als zu riskant. Übernehmen vs. Übernommen © HHL/Hansa 2016 stieg HHL schließlich in den Übernahmepoker für die deutsche Schwergutreederei SAL ein, um sich Marktanteile zu kaufen. Deren Eigner, die japanische Schifffahrtsgruppe K Line, hatte die Geduld verloren und suchte händeringend einen Käufer. Den Zuschlag erhielt schließlich Harren & Partner aus Bremen. Iliffe, dem ein häufig zu resolutes Auftreten nachgesagt wird, soll in den Verhandlungen keine allzu glückliche Figur abgegeben haben. Ob ihm dies oder andere Fehler zum Verhängnis wurden, ist nicht restlos aufgeklärt. Jedenfalls musste Iliffe im Februar 2017 »mit sofortiger Wirkung« gehen. Seine Nachfolger wurden der ehemalige Seemann Steve Dawson und der Finanzfachmann Alex Karakassis. Der erhoffte Aufschwung blieb allerdings auch unter der neuen Führungsspitze aus. Zwar konnte HHL zuletzt einige gute Aufträge für 2019 gewinnen. Sie hätten jedoch nicht dazu geführt, aus den roten Zahlen zu kommen. Anfang Dezember wurde schließlich die »HHL Elbe« in Rouen auf Betreiben eines Bunker- Lieferanten an die Kette gelegt, der auf die Begleichung seiner Rechnung pochte. Die HHL-Verantwortlichen, also Oaktree, ordneten einen kompletten Zahlungsstopp an. Es folgte das Unvermeidliche, die Insolvenz. Oaktree zog und drehte – die Reißleine und den Geldhahn zu. Als Grund wurde das »anhaltend schwierige Marktumfeld« aufgeführt. Betroffen sind 80 Mitarbeiter, 50 davon in Hamburg. Von Oaktree verwaltete Fonds hätten sich in den vergangenen sieben Jahren aktiv als Kapitalgeber engagiert und gemeinsam mit der Geschäftsleitung »gründlich und beharrlich alle möglichen Strategien« geprüft, um das Überleben des Unternehmens zu sichern, hieß es. Angesichts der »anhaltenden strukturellen Probleme« in der Schwergut-Schifffahrt könne man keine weiteren Finanzmittel investieren. Der Zeitpunkt für einen Ausstieg von Oaktree ist aus Sicht des Finanzmarkts nicht ungewöhnlich, sieben bis zehn Jahre gelten als relativ üblicher Zeitraum, bis ein Investment beendet wird. Zu den möglichen Strategien, von denen gesprochen wurde, gehörte auch ein Verkauf der Reederei. Nach Informationen der HANSA gab es konkrete Verkaufsgespräche mit anderen MPP- & Heavylift-Carriern, die allerdings an zu hohen Forderungen von Oaktree gescheitert sein sollen. Auf Drängen der finanzierenden Banken waren zuletzt drei weitere Schiffe abgezogen worden, so das besagte elf Einheiten übrig blieben. Bei vier Frachtern soll die Commerzbank an Bord sein, bei mindestens einem die NordLB. Eine Restrukturierung der Flotte war im Frühjahr gescheitert. Seinerzeit hatte Oaktree die Möglichkeit, die Schiffe zu kaufen und frei von Bankverpflichtungen kosteneffizienter zu betreiben. Doch die Transaktion kam nicht zu Stande. Eine angeschlossene Suche nach neuen Investoren blieb erfolglos. Was mit den Schiffen passiert, ist unklar. Denkbar, dass sich Oaktree selbst an der Insolvenzmasse bedient um günstig an Tonnage zu kommen und sie weiterzuverkaufen. Gleiches gilt für andere MPP-Player, auch wenn in diesem Fall der Weiterverkauf nicht unbedingt höchste Priorität haben dürfte. Es ist durchaus wahrscheinlich, und nach HANSA-Informationen auch real, dass sich Interessenten aus den Übernahmeverhandlungen einige der Schiffe sichern wollen. Für Oaktree wären die Schiffe wohl leicht zu bezahlen. Der Private-Equity-Investor verwaltet Kapital im Wert von 122 Mrd $. Er ist über Beteiligungen im Bulk- (Star Bulk), Tanker- (Torm) und Fischereisegment (Solvtrans) aktiv. Zu den bekannten Engagements gehören zudem Beteiligungen am Shipmanager OSM Maritime und dem digitalen Ladungsmakler Loadsmart. Nicht zuletzt werden Luxus-Yachten von Ritz-Carlton co-finanziert. Stolberg wartet Beluga-Gründer Niels Stolberg wartet unterdessen auf die Entscheidung zu seiner Zukunft. Nach Rauswurf und Privatinsolvenz war er zwischenzeitlich als »Berater« tätig. Auch gab es immer wieder Spekulationen über Beteiligungen an Projekten für die Kreuz- und Fährschifffahrt. Offiziell in Erscheinung tritt er dabei allerdings nicht – oder sollte man sagen »noch nicht«? n HANSA International Maritime Journal – 156. Jahrgang – 2019 – Nr. 1 25

HANSA Magazine

HANSA Magazine

Hansa News Headlines