Aufrufe
vor 2 Jahren

HANSA 01-2018

  • Text
  • Hansaplus
  • Maritime
  • Hansa
  • Jahrgang
  • Hamburg
  • Shipping
  • Unternehmen
  • Schifffahrt
  • Container
  • Schiffe
  • Reederei
Review HANSA-Forum - Schwerpunkt Shortsea - Linienverkehr Lateinamerika - Schwerpunkt Bunker - Fernsteuerung auf See - STG-Jahresversammlung - Update Meerestechnik - Leercontainer-Logistik - Ghent wächst und fusioniert

Schiffstechnik | Ship

Schiffstechnik | Ship Technology Neue Puzzle-Teile für autonome Zukunft Bei Rolls-Royce ist man mehr denn je von autonomen Schiffen überzeugt – mittlerweile in Kombination mit Fernsteuerung konzipiert. Die Zukunft bedarf einer grundlegenden Neuausrichtung in der Kommunikation zwischen Land und See. Von Michael Meyer Nicht auf Kritik einzugehen kann man Rolls-Royce – einer der engagiertesten Akteure in der Entwicklung autonomer Schiffssysteme – nicht vorwerfen. Seit Jahren propagiert der Konzern eine digitale Revolution. Damit stößt Rolls-Royce nicht bei Jedem auf offene Ohren, Kritik und Unverständnis kommen von Skeptikern und angesehen Experten, die sowohl die mangelnde (finanzielle) Realisierbarkeit als auch technologische und regulative Hürden ins Feld führen. Doch Oskar Levander, seines Zeichens »Senior Vice President Concepts & Innovation«, und seine Kollegen wollen sich nicht aufhalten lassen, vielmehr nehmen sie die Kritik auf und beharren nicht auf »Autonomie«. »Das Interesse von Reedern wächst. Wir sind Kritik gewohnt, aber es entwickelt sich immer schneller. Das wird die gesamte Industrie verändern.« Es gehe nicht mehr um Evolution, sondern um Revolution und die Branche werde sich in den kommenden zehn Jahren mehr wandeln als in den letzten 50. Zuletzt wurde mit der Europäischen Weltraum-Agentur (ESA) ein Abkommen für die digitale Zukunft der Schifffahrt unterzeichnet. Ziel ist die gemeinsame Entwicklung von neuen Kommunikationslösungen zwischen Schiff und Land. Auch sollen existierende Kommunikationsstandards – aufbauend auf der ESA-Initiative »Satellite 5G« – weiterentwickelt werden um den technischen Anforderungen einer autonomen und ferngesteuerten Schifffahrt gerecht zu werden. An einem der jüngeren Projekte wird allerdings deutlich, dass absolute Autonomie auf unbestimmte Zeit unwahrschein- Abstract: Jigsaw of autonomous shipping nears next step Rolls-Royce is convinced of autonomous vessels more than ever, now in combination with remote control. However, one of the recent projects shows that absolute autonomy is unlikely for an indefinite period. The project »SISU/Optimus« involves a remote-controlled tug of the shipping company Svitzer. It really depends on the circumstances, the ship type, the operational footprint, and the business case. For certain applications human beings are much better suited than machines and this is where remote control is switched on. Further info: redaktion@hansa-online.de Oskar Levander ficht Kritik nicht an. Er setzt voll auf die digitale Zukunft 48 HANSA International Maritime Journal – 155. Jahrgang – 2018 – Nr. 1

Schiffstechnik | Ship Technology lich ist, hier kann man durchaus einen gewissen Lerneffekt bei Rolls-Royce beobachten. Es geht um »SISU/Optimus« – ein Projekt mit einem ferngesteuerten Schlepper der Reederei Svitzer. »Es kommt wirklich immer auf die Umstände an, den Schiffstyp, das Operationsgebiet, den Business Case. Unsere Vision heute beinhaltet eine Kombination aus Autonomie und Fernsteuerung«, betont Levander. Kurz gefasst bedeutet das: ein autonom und möglicherweise unbemannt fahrendes Schiff auf hoher See, das in Kanälen, bei Revierfahrten und in Hafengebieten aus einem »Remote Operation Centre« (ROC) ferngesteuert wird. Das Risiko und Haftungsfragen gerade in solchen Regionen gelten immer wieder als Hindernis für innovative Projekte. Harmonisierung unabdingbar Auf See wird es ein automatisiertes Monitoring durch das ROC geben. Geht die Satellitenverbindung verloren, kann das Schiff im Auto-Pilot-Modus zu einem sicheren Ort weiterfahren oder schlicht stoppen, sofern die Systeme weiter funktionieren. Das letzte 1%, wie es Levander bezeichnet, ist aber um einiges komplexer. »Dafür sind Menschen besser geeignet als Maschinen und dort wird auf Fernsteuerung umgestellt.« Ferngesteuerte oder semi-autonome Flotten haben aus Sicht von Rolls-Royce mehrere Vorteile. Je nach Schiffstyp – das wird immer wieder betont – könnten die Betriebskosten um bis 20% gesenkt werden. Zudem könnten die Ursachen, also menschliches Versagen, sowie Folgen von Unfällen, also Verletzungen oder Todesfälle, reduziert werden. Nicht zuletzt wäre laut Levander potenziell weniger der bisher genutzten Technik an Bord nötig. Die Brücke könnte verkleinert werden, einige Systeme für Abwasser, Air Condition, Frischwasser, Küche oder Kühlschränke seien theoretisch in der jetzigen Form verzichtbar. »Bis zu 5 Mio. $ können eingespart werden, zudem reduziert sich das Gewicht, verbessert sich der Energieverbrauch«, sagt der Experte. Nicht zuletzt würden weniger Systeme auch weniger Wartung und weniger Risiko bedeuten. »Natürlich müssen wir auch Geld in neue Systeme investieren, für Automation, Sensoren, für Komponenten zur Sicherstellung von Redundanz und Zuverlässigkeit. Aber das Schiff wird insgesamt schlanker und simpler«, meint er. In verschiedenen Fall-Analysen stellte sich zudem heraus, dass autonome oder semi-autonome Schiffe vom Einsatz von LNG als Kraftstoff profitieren würden, weil ein Gasantrieb nicht all jene Systeme benötigt wie ein Schweröl- oder Dieselantrieb. Einer der entscheidenden Aspekte ist die Standardisierung. Die regulativen Rahmenbedingungen waren schon beim SISU-Projekt ein enorm wichtiger Bestandteil. Dafür hatte sich Rolls-Royce die Klassifikationsgesellschaft Lloyd’s Register (LR) mit ins Boot geholt. Über 400 Anforderungen aus den verschiedensten Bereichen wie Schiffbau, Schiffstechnik oder Daten- und Verbindungssicherheit mussten erfüllt werden. Auf der »Svitzer Hermod« mussten für all die Komponenten insgesamt 7 km zusätzliche Kabel verlegt werden. Sowohl der Schlepper als auch das ROC haben eine starke Firewall. »Zwei Wochen haben Hacker in unserem Auftrag versucht, das System zu knacken – erfolglos«, ist Levander stolz. 7 km zusätzliche Kabel Letztlich konnten die Herausforderungen zwar gemeistert werden. LR und Rolls-Royce sind sich allerdings darin einig, dass es einen großen Bedarf an harmonisierten Standards gibt. Ziel sollte es sein, heißt es von der Klasse, dass alle Komponenten in einem Regelsatz integriert werden. »Wir brauchen harmonisierte Stan- Das ROC ist mit vielen Bildschirmen und 180°-Sicht ausgestattet An Bord ist die Sicht eingeschränkter, Zugriff auf die Kaerabilder gibt es nicht Auch die Gefahr eine Kollision wurde simuliert. Der Schlepper konnte Zentimeter-genau manövriert werden »Von weitem« war kein Unterschied zu einem normalen Schlepper-Betrieb zu bemerken Fotos: Rolls-Royce HANSA International Maritime Journal – 155. Jahrgang – 2018 – Nr. 1 49

HANSA Magazine

HANSA Magazine

Hansa News Headlines